Das Ende des Tunnels. Dr. med. Daniel Dufour
besonderen Situation eines Soldaten). Sie müssen vor allem eine gewisse Effizienz anstreben. So wird einem Soldaten beigebracht, wie er angesichts einer Gefahr reagieren soll, einem Feuerwehrmann, welche Handlungen genau er auszuführen hat, und einem Ersthelfer oder Notarzt wird beigebracht, wie er einem Verletzten helfen kann. Mit anderen Worten: Im Beruf „erstarrt“ man auf antrainierte Art und Weise. Ein Teil der Wut, welche durch die Taten, die sie bezeugen, ausgelöst wird, bleibt auch in ihnen eingeschlossen, aber das geht nicht so tief wie bei einem Opfer, das erstarrt. Schließlich bringt die Tatsache, dass man handelt, die zur Verfügung stehende Energie wieder in Bewegung. Nichtsdestotrotz bleibt ein Rest Energie – ein Rest Wut – auch bei solchen Personen stecken. Und diese Reste sammeln sich an, werden mehr – wie bei einem Schneeball, den man rollt.
Auch solche Profis haben Emotionen, schließlich handelt es sich um Menschen. In der Ausbildung bringt man ihnen bei, dass Emotionen im Einsatz nicht gezeigt werden dürfen. Das ist vollkommen normal, denn sie sollen ihre Aufgaben ja so gut wie möglich erfüllen. Dafür wurden sie ausgebildet, dafür werden sie bezahlt. Folglich müssen auch sie diese Emotionen im Einsatz verdrängen, denn dann müssen sie funktionieren. Sie begeben sich freiwillig in die gleiche Situation wie die Opfer, die ein traumatisches Ereignis durchstehen mussten. Die Erniedrigung, von der weiter oben bereits die Rede war, ist hier nicht so ausgeprägt, aber die Empörung, die Wut und der Abscheu, die durch die Erlebnisse ausgelöst werden, stecken in ihnen fest, sie erstarren in ihnen.
Das gleiche Phänomen tritt im Tierreich auf. Wird ein Tier von einem Raubtier verfolgt, flieht es Haken schlagend, um der Bedrohung zu entkommen. Wird es aber zu Boden geworfen, verhält es sich reglos und stellt sich tot: Es erstarrt. Dank dieser Haltung spürt es entweder nichts, falls das Raubtier es zu Nahrungszwecken tötet, oder es profitiert von der Tatsache, dass der Räuber es für tot hält und beschließt, ein weiteres Tier zu jagen, bevor er zurückkommt, um es zu fressen. Tritt dieser Fall ein, erhebt das Tier sich zitternd und läuft taumelnd und ungeschickt davon. Und was tut es, sobald es außer Gefahr ist? Es schüttelt sich am ganzen Körper. Diese Handlung führt zum sofortigen und kompletten Verschwinden des Zitterns, das Tier findet wieder zu seinen normalen Bewegungen zurück. So kehrt es aus dem Zustand der Schockstarre zurück in den Normalzustand, in dem ihm all seine Fähigkeiten wieder zur Verfügung stehen, als sei nichts geschehen. Dieses Schütteln ist entscheidend, um vom einen Zustand in den anderen zu gelangen; Tiere machen das ganz automatisch und instinktiv.
Die PTBS „abschütteln“?
Wie den Mechanismus auf den Menschen übertragen, der es den Tieren erlaubt, nach einem Angriff wieder einen Zustand des Wohlbefindens zu erreichen? Wie es anstellen, dass auch ein Mensch so etwas „abschüttelt“ oder – mit anderen Worten – die Energie freisetzt, die nach dem Trauma in seinem Körper eingesperrt ist? Denn ist nicht diese festsitzende Energie die Ursache für die Symptome der PTBS? Außerdem können die starken Emotionen wie Wut, Ohnmacht und Erniedrigung, die im Augenblick des traumatischen Ereignisses unterdrückt werden, zur Ursache zahlreicher Leiden auf körperlicher und seelischer Ebene werden. Damit es zur gewünschten kompletten Genesung kommt, müssen Menschen, die an einer PTBS leiden, diese „körperlich wie auch emotional abschütteln“.
Wie das funktioniert, wollen wir im zweiten Teil des Buches genauer zeigen.
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