Wie lernt Kirche Partizipation. Группа авторов

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Apostolat der Laien, das in deren christlicher Berufung selbst seinen Ursprung hat, kann in der Kirche niemals fehlen.“ (AA 1) Daneben formuliert das Zweite Vatikanische Konzil in der Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium den auf Papst Pius X. zurückgehenden Leitgedanken der participatio actuosa (SC 11; SC 14; SC 21), das heißt der „tätigen Teilnahme“ des gesamten Volk Gottes an der Liturgie. Josef Ratzinger weist darauf hin, dass der Begriff „participatio“ oftmals „sehr schnell in einem äußerlichen Sinn mißverstanden und die Notwendigkeit eines allgemeinen Agierens daraus abgeleitet worden [sei], als ob möglichst viele möglichst oft für alle sichtbar in Aktion treten müßten“35. Der Begriff „Participatio“ bedeutet jedoch nicht „Teilnahme“, sondern „Teilhabe“ und rekurriert damit „auf eine Haupthandlung, an der alle teil-haben sollen“36, so Ratzinger. In diesem Verständnis ist die „actio“, an der alle teilhaben, das „Handeln Gottes“37. In der „actio“ aber, im „betenden Zugehen als Teilhabe“ aller, gibt es „keinen Unterschied zwischen Priestern und Laien“38.

      Das Zweite Vatikanische Konzil benennt theologisch den Anspruch, hinter den eine sich „partizipativ“ nennende Kirchenentwicklung nicht mehr zurückgehen kann. Die „geistwirkte Gleichrangigkeit aller im Glauben bildet das Fundament jeder kirchlichen Lebensordnung und Struktur“39, bleibt hingegen „harmlos […], wenn sie sich nicht auch strukturell auswirkt“40. Partizipation greift zu kurz, wenn sie abgeleitet wird von der Erlaubnis oder der Abhängigkeit der einen von den anderen. Bucher bringt dies folgendermaßen auf den Punkt:

      „Es ist zu wenig, das Engagement der Ehrenamtlichen noch einmal nach dem Motto ‚Ihr dürft auch‘ theologisch zu legitimieren. Solch ein Ansatz fällt nicht nur hinter das II. Vatikanum, sondern auch hinter das Selbstbewusstsein und den Autonomiestatus heutiger Existenz zurück, die nicht paternalistisch ‚zugelassen‘ werden will, um deren Partizipation die Kirche der Hauptamtlichen vielmehr bitten muss.“41

      Vielmehr würde dadurch eine – systemtheoretisch gesprochen – „Differenz zwischen Semantik und Systemstruktur“ erneut aufklaffen, etwa dort, wo theologische Semantiken konträr zueinander stehen42, oder dort, wo Partizipation ein Lippenbekenntnis bleibt, weil diese in der Praxis schließlich doch (strukturell) zunehmend erschwert, verhindert oder nur in Ausnahmefällen aufgrund von „Priestermangel“ genehmigt wird. Die Differenzen wirken sich nicht zuletzt in Form von gegenläufigen Habitus-Konzepten aus und führen nicht selten zu enormen Frustrationen sowie schwer lösbaren Konflikten.

      Umso wichtiger ist es, das Thema „Partizipation“ weder strukturell zu „verharmlosen“ noch länger binnenkirchlich zu verengen und in dem Sinne zu funktionalisieren, dass freiwillig Engagierte „nur als Lückenbüßer für das krisenhafte professionelle System der Kirche“43 an bestimmten Aufgaben partizipieren dürfen, wenn andere es gerade für notwendig erachten. Darüber hinaus ist wahr- und ernstzunehmen, dass einst selbstverständlich praktizierte Teilhabeformen im Raum von Kirche gesellschaftlich längst unter einen enormen Verflüssigungsdruck geraten sind.44 Demgegenüber wäre Partizipation viel stärker von der Sendung der Kirche her zu begreifen, die „Instrument und Werkzeug des Heils für die Welt“ (LG 1) ist; in diesem Sinne stünde die Teilhabe an „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst“ der Menschen von heute im Zentrum von Partizipation. Neu zu verstehen und zu entdecken wäre die Gegenseitigkeit der Unterstützung im Mensch- und im Christsein. Mit Martin Pott gesagt: „Der Begriff der Partizipation steht im christlichen Glauben im Tiefsten für die Teilhabe an Gottes Verheißung eines ‚Lebens in Fülle‘ (Joh 10,10). Er steht sodann für die Teilhabe am Aufbau des Reiches Gottes in dieser Zeit.“45

      4.4 KONSEQUENZEN FÜR DEN PROJEKTTITEL „VERANTWORTUNG TEILEN“

      Die Ausführungen zum Begriff „Partizipation“ lassen den Projekttitel „Verantwortung teilen“ auf den ersten Blick missverständlich erscheinen. Denn Verantwortung kann letztlich doch jede/r als Subjekt nur selbst wahrnehmen. Streng genommen lässt sich Verantwortung also gar nicht teilen.46 Insofern kann auch die Aufgabe von (Weiter-)Bildung in nichts anderem bestehen als in der Aktivierung und Förderung von Selbstleitung im Sinne der Selbstbestimmung und Eigenverantwortung jedes einzelnen Subjekts. Denn ohne Selbstleitung gibt es kein verantwortliches (Leitungs-)Handeln. Der Titel suggeriert demgegenüber eine latente Verhaftung an der klassischen „Aufgabenpastoral“, wonach sich freiwillig Engagierte die „Verantwortung“ für bestimmte Aufgaben, die zuvor hauptsächlich die Hauptamtlichen und die Pfarrer erfüllt haben, nun teilen. Dies entspricht jedoch gerade nicht dem Anspruch der partizipativen Prozesse, die im Rahmen des Projekts angestoßen werden sollen. Umso deutlicher ist herauszustellen, dass der Titel „Verantwortung teilen“ in dem Sinne zu verstehen ist, dass Christinnen und Christen für sich, für ihr Denken und Handeln Verantwortung wahrnehmen und (gemeinsam) als Subjekte Kirche vor Ort sind und leben, wodurch über die bloße Addition individueller Einzelverantwortungen hinaus, eine ganz neue Verantwortungs-Qualität freigesetzt wird (Stichwort Emergenz).

      4.5 SERVANT LEADERSHIP

       „Die meisten Führungskräfte (Manager) werden sich in

      ihrem Leben nicht […] bewusst, dass sie nur eine Person

       zu führen haben, nämlich sich selbst.“ 47

      (Peter F. Drucker)

      Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach dem Verständnis von Leitung. Der Begriff „Servant Leadership“ steht für ein auf den ehemaligen amerikanischen Manager der Telefongesellschaft AT&T Robert K. Greenleaf (1904 bis 1990) zurückgehenden Führungsansatz, wonach Leitung im Unterschied zum beherrschenden Leiten vor allem als dienende Leitung verstanden wird. Dieser Ansatz ist weder Konzept noch Technik, sondern beschreibt eine „Lebenshaltung, die sich auf alle Lebensbereiche erstreckt“ und mit der „die Vertrauensbasis gelegt [wird] für persönliches und professionelles Wachstum, effiziente Zusammenarbeit, (Eigen-)Verantwortlichkeit und Tatkraft“48. Servant-Leadership ist damit alles andere als eine „Schnellreparatur-Methode“49 für Organisationen. Im Zentrum steht vielmehr ein „persönlicher geistiger Reifeprozess“50. Servant Leadership vertritt eine ganzheitliche Sicht „der Qualitäten von Mensch, Arbeit und Gemeinschaftssinn“51. Im Gegensatz zur herrschenden Haltung kennzeichnet die dienende Haltung unter anderem folgende Grundmerkmale:

      – Leitung hört zu, anstatt zu bevormunden und zu belehren

      – Leitung fragt nach Einsicht, anstatt zu (ver-)urteilen

      – Leitung tritt in einen Dialog anstatt zu reglementieren

      – Leitung respektiert, anstatt gering zu achten

      – Leitung dient, anstatt zu (be-)herrschen52

      „Servant Leadership“ ist in diesem Sinne auch für das Projekt „Verantwortung teilen“ entscheidend, und zwar mit dem Fokus auf einen zentralen Aspekt: Wie das Eingangszitat von Peter F. Drucker deutlich werden lässt, beginnt „Servant Leadership“ nämlich nicht – wie häufig mit Rekurs auf das Merkmal „dienend“ in der pastoralen Landschaft einseitig hervorgehoben wird – bei der Leitung von anderen, sondern bei der Leitung von sich selbst. Leonhard Schnorrenberg führt aus: „In dem Maße, worin wir unsere eigene Individualität entwickeln, entwickeln wir gleichzeitig eine größere Dienstbarkeit nach anderen, weil wir wissen, dass der andere nicht so ist wie wir.“53 Dienende Leitung wäre also ganz und gar missverstanden, wenn diese in der Sorge für andere in dem Sinne als „dienend“ begriffen würde, dass die Geführten schließlich doch wieder in gewisse Machtabhängigkeiten gerieten. Dienende Leitung heißt vielmehr „Empowerment“, Ermutigung zur Selbstleitung durch Selbstleitung.54 In diesem Verständnis entfaltet der Ansatz „Servant Leadership“ auch für das Projekt „Verantwortung teilen“ seine Relevanz hinsichtlich der Frage nach dem Leitungsstil. Der Leitungsdienst, den wir einander zu „leisten“ haben, hat „dafür zu sorgen, dass wir frei von Abhängigkeiten werden“, denn so „sind wir auch in ‚Kon-takt‘ mit anderen“55.

      5.


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