Lebendige Seelsorge 4/2019. Verlag Echter
e. V. (DITIB); Verband der Islamischen Kulturzentren e. V. (VIKZ); Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland (IR); Zentralrat der Muslime in Deutschland e. V. (ZMD) und seit 2019: Union der Islamisch-Albanischen Zentren in Deutschland e. V. (UIAZD); „Zentralrat der Marokkaner in Deutschland e. V.“ (ZRMD)).
Migrationskommission der DBK/Pastoralkommission der DBK/ Deutsche Kommission Iustitia et Pax, Dem Populismus widerstehen. Arbeitshilfe zum kirchlichen Umgang mit rechtspopulistischen Tendenzen (Arbeitshilfe 305), 2019 (https://www.dbk-shop.de/de/dem-populismus-widerstehen-arbeitshilfe-kirchlichen-umgangrechtspopulistischen-tendenzen.html (4. Islam und Islamfeindlichkeit)).
Münch, Werner, Flüchtlingsproblematik und Islam. Neue Herausforderungen für unsere Gesellschaft, Vortrag bei der Alten Darmstädter Burschenschaft Germania am 24. November 2016 (pdf-upload unter: https://allgemeine-burschenschaft.de).
Zum Papstbesuch in Abu Dhabi: www.vaticannews.va/de/papst/news/2019-02/papst-franziskus-abu-dhabi-gemeinsame-erklaerung-grossimam.html.
Quantara – Dialog mit der islamischen Welt: https://de.qantara.de/ (Themenportal)
rbb, Ramadan in Brandenburg, Beitrag vom 04.05.2019 (www.rbb24.de/panorama/beitrag/2019/05/ramadan-fastenbrechen-muslime-brandenburg.html).
Spielhaus, Riem, Interview, Video unter: (http://www.religionen-im-gespraech.de/thema/islam-der-krise).
[Links alle zuletzt eingesehen am 3. Juli 2019]
Zur weiteren Lektüre:
Blume, michael, Islam in der Krise. Eine Weltreligion zwischen Radikalisierung und stillem Rückzug, Ostfildern 2017.
Cakir, Naime, Islamfeindlichkeit, Anatomie eines Feindbilds in Deutschland, Bielefeld 2014.
Kamcili-Yildiz, Naciye/Ulfat, Fahimah, Der Islam. Von Abendgebet bis Zuckerfest. Grundwissen in 600 Stichwörtern, München 2014.
Middelbeck-Varwick, Anja, Cum Aestimatione. Konturen einer christlichen Islamtheologie, Münster 2017.
Renz, Andreas, Die katholische Kirche und der interreligiöse Dialog. 50 Jahre „Nostra aetate“ – Vorgeschichte, Kommentar, Rezeption, Stuttgart 2014.
Troll, Christian, Muslime fragen, Christen antworten, Regensburg 32015, online: www.antwortenanmuslime.de.
Tworuschka, Monika und Udo, Der Islam. Feind oder Freund? 38 Thesen gegen Hysterie, Freiburg i. Br. 2019.
Interaktive Theologie
Wie der Religionsdialog weitergehen kann
In Europa entstehen neue theologische Zentren. Muslimische Mitmenschen betreiben dort ihre eigene Religionsreflexion. Und die christlichen Theologinnen und Theologen? Sie suchen noch: was die neue Gesprächsmöglichkeit bedeuten könnte; und wie man sich theologisch weiterführend begegnen kann.
Felix Körner SJ
Wir müssen hier systematisch und programmatisch reden. Zuvor ist jedoch eine historische Frage zu stellen; eine Frage, an der sich entscheidet, ob die christlich-muslimische Begegnung als theologischer Dialog doch nur ein Krampf ist: Islamische Theologie – entspringt sie nicht bloß westeuropäischem Wunschdenken?
Theologie lässt sich knapp bestimmen als „der rationale Diskurs einer Religion“ (Körner 2017a). Sie kann sich „apologetisch“ betätigen – dann versucht sie darzulegen, dass der eigene Glaube wahr ist. Sie kann sich „hermeneutisch“ betätigen – also fragen, was das Glaubensgut für heute bedeutet; und sie kann sich „talmudisch“ betätigen – wenn sie sich schlicht, als heiliges Tun, mit ihrer Überlieferung beschäftigt, um sich davon prägen zu lassen. Gibt es so etwas im Islam? Ja, und sogar von früh an (vgl. van Ess, 39-56).
Hier lohnt es sich nachzuhaken: Warum entwickelte der Islam so schnell seine Theologie? Die ersten Christinnen und Christen hatten die theologisch fruchtbare Herausforderung, die Ostererfahrung zu erklären – nämlich, dass Christus die Erfüllung ist: Erfüllung des Gottesbundes mit Israel, Erfüllung allen Lebens und damit auch Erfüllung jeglicher Wahrheitssuche. Und der Islam? Wenn für die muslimi-
sche Seite ebenfalls eine Kurzantwort angeboten sein soll, dann diese: Der Entstehungszusammenhang der islamischen Theologie ist eine Frage der Verantwortung: Verantwortung in der Regierung, Verantwortung im Religionsgespräch und Verantwortung für Spaltungen. Was heißt das im Einzelnen?
THEOLOGIE ALS VERANTWORTUNG
Der frühe Islam – die Vereinigungsbewegung aus der als Gottesoffenbarung verstandenen Muhammad-Verkündigung – erobert im Eiltempo Gebiete Westasiens, Nordafrikas und Südeuropas. Die Verwaltung soll sogleich islamisch sein. Nur ist den Zuständigen vorerst kaum klar, was das sein könnte: islamisches Regieren. Man muss die vor Ort zur Verfügung stehenden Verfahren und Fachleute in das Verwaltungsgeschäft einbeziehen. Die Regierungsverantwortung bringt es mit sich, dass der entstehende Islam rechtlich denkt und schreibt. Der juristisch-textwissenschaftliche Einschlag des Islam hat hier sein erstes Übungsfeld.
Felix Körner SJ
Dr. phil., Dr. theol. habil., Islamwissenschaftler und katholischer Dogmatiker; forscht über gegenwärtige islamische Theologie und unterrichtet seit 2008 an der Päpstlichen Universität Gregoriana; zuvor hat er sechs Jahre in Ankara gelebt.
In allen Gebieten des frühen Islam leben Juden und – mehr noch: Christen. Der neu hinzukommende und sogleich mächtig auftretende Glaube will sich nun im Streitgespräch mit Andersgläubigen verantworten. Im Kampf der Meinungen wollen sowohl die arabischen Quasi-Adligen als auch – stärker – nichtarabische Konvertiten die Wahrheit ihrer Religion erweisen. Der kontroverstheologische Einschlag bildet sich aus. Er lässt sich dann auch für die Glaubensverbreitung einsetzen.
Bald zeigen sich allerdings auch inner-islamische Lehrunterschiede. Sie machen ebenfalls eine Religionsdebatte notwendig; und was hier entsteht, ist eine für die Muslime höchst bedauerliche Spaltung der Gemeinde. Zu ihr zu gehören ist dabei doch heilsbedeutend. Gegen die, die später „Sunniten“ heißen werden, formiert sich die Schia. Auch andere Gruppierungen beanspruchen, sie seien die wahre Verwirklichung dessen, was Gott mit dem Koran und durch Muhammad gründen wollte. Der Ärger über den islamischen Einheitsverlust äußert sich durchaus auch argumentativ. Wie konnte es zum Bruch kommen? Die Frage lässt eine islamische Geschichtsschreibung wachsen; und ist denn der augenblickliche Herrscher überhaupt der legitime? Mit diesem Bedenken wird die politische Theologie des Islam groß.
Weiterhin zu beantworten ist die Grundfrage, ob nicht Gott in allem wirksam ist – und wie dann die treulosen Menschen zur Verantwortung zu ziehen sind: Die systematische Theologie hat damit schon eines ihrer Hauptthemen gefunden.
Entstanden ist jedoch keiner der drei genannten islamisch-theologischen „Einschläge“ – das juristische Regeln, die Glaubenskontroverse und die Theorie menschlich-freien Handelns – erst nach Muhammads Tod. Was sich jetzt ausprägt, ist bereits im Koran angelegt. Denn schon in Medina ergehen – mit Offenbarungsanspruch – genaue Rechtsregelungen (z. B. 4:176). Auch Diskussionen mit Andersgläubigen finden sich von Anfang an im Koran (29:46); und Fragen nach legitimer Herrschaft sowie dem Verhältnis von Gottesmacht zur Menschenfreiheit sind ebenfalls