Kerngeschäft Unterricht. Willy Obrist
bestimmter Fähigkeiten ermöglichen, dazu gehören u. a. die Fähigkeit
• zur Selbst- und Mitbestimmung,
• zu Kritik und Urteil,
• zum Handeln in Gruppen,
• zur Solidarität,
• eigene Interessen zu formulieren,
• sich in Diskussionen einzubringen,
• eine Situation aus der Sicht des Mitmenschen, des Partners oder des Kontrahenten sehen zu können,
• sich auf neue Situationen und Anforderungen einzustellen,
• neue Lösungen zu finden,
• zur realen Utopie.
Strukturierung
Sind die Inhalte einmal ausgewählt, erstellt die Lehrperson eine inhaltliche oder thematische Struktur. Die inhaltliche Struktur, die durch den Lehrplan vorgegeben wird, bezieht sich auf das gesamte Fachgebiet und umfasst meistens ein oder zwei Halbjahre. Die Inhalte werden systematisch aufgelistet und mit den Lernzielen und Kompetenzen verknüpft. Im Gegensatz dazu erstrecken sich thematische Strukturen über einen längeren Unterrichtszeitraum und orientieren sich an einer oder mehreren Themen-, Frage- oder Problemstellungen. Bei der Formulierung der thematischen Struktur sind folgende Fragestellungen hilfreich (Becker 2007a):
• Wie sind die zentralen Begriffe miteinander verknüpft? In welcher Reihenfolge sollen diese Begriffe erarbeitet werden?
• Welche Inhalte müssen dem zu behandelnden Thema vorausgegangen sein?
• Welches sind zentrale Frage- und Problemstellungen der Schülerinnen und Schüler?
• Wie und wo lassen sich aktuelle Materialien beschaffen?
• Entspricht die Sequenzierung des Inhalts oder Lernstoffs dem Lernvermögen der Schülerinnen und Schüler?
• Wie lassen sich die neuen Kenntnisse, Einsichten und Erfahrungen in andere Bereiche übertragen? Wo gibt es Querverbindungen zu anderen Fächern?
• Besteht die Möglichkeit, den Unterricht gemeinsam mit einem Kollegen oder einer Kollegin zu planen und durchzuführen?
Ausgehend von diesen Überlegungen legt die Lehrperson fest, wie sie die Lerninhalte im Unterricht anordnen will. Dazu sind zwei Prinzipen möglich:
Prinzip 1: Vom Einfachen zum Komplexen (induktives Vorgehen)
Dabei werden zuerst die grundlegenden und einfach verständlichen Begriffe erarbeitet. »Einfach« zu verstehen sind Begriffe und Inhalte für die Lernenden, wenn sie eine Verknüpfung zu ihrer privaten oder beruflichen Situation herstellen können oder wenn die Begriffe bereits in einem anderen Zusammenhang erarbeitet wurden. Die Lehrperson wird deshalb zuerst Beispiele aus der Erfahrungswelt der Lernenden oder ganz konkrete Fakten einbringen. Im weiteren Verlauf des Unterrichts werden dann entsprechende Probleme bearbeitet, kritisch hinterfragt und die Erkenntnisse auf neue Situationen übertragen (dazu auch
Prinzip 2: Vom Allgemeinen zum Besonderen (deduktives Vorgehen)
Die Schülerinnen und Schüler werden mit einem komplexen Problem konfrontiert, das für sie neu ist. Auf Neues reagieren viele Auszubildende positiv, wenn sie wissen, dass es sich um etwas handelt, das wichtig ist (Steiner 2007, S. 42). Die übergreifende Problemstellung wird dann in Gruppen oder gemeinsam im Klassenverband analysiert und in Teilprobleme aufgeschlüsselt, systematisch untersucht und bearbeitet. Bereits zu Beginn ist das ganze Bild ersichtlich; die Schülerinnen und Schüler können von Anfang an jeden weiterführenden Schritt mit der übergreifenden Problemstellung in Verbindung bringen. Zur methodischen Umsetzung dieses Prinzips eignen sich gut Formen wie Projektlernen, Fallstudien oder Planspiele (
Ob ein Begriff für die Schülerinnen und Schüler einfach oder schwer zu erarbeiten ist, hängt von ihren Lernvoraussetzungen ab (
Das Arbeiten mit Lehrmitteln bringt viele Vorteile:
• Die Themen sind bereits so aufgearbeitet, dass sich die Lehrperson an der entsprechenden Struktur orientieren kann.
• Meistens finden sich im Lehrmittel auch ansprechende Aufgabenstellungen, welche direkt eingesetzt werden können.
• Das Arbeiten mit Lehrmitteln vermittelt vor allem Lehranfängern etwas Sicherheit. Ihr Einsatz kann die Lehrperson jedoch nicht davon entlasten, sich die Inhaltsstruktur vor dem Unterricht genau zu überlegen und weitere Quellen wie aktuelle Fachzeitschriften und Gesetzestexte für die Unterrichtsvorbereitung und -gestaltung hinzuzuziehen.
Was neu ist, interessiert!
Was neu oder irgendwie speziell ist, zieht die Aufmerksamkeit der Schülerinnen und Schüler auf sich und wirkt sich positiv auf die Lernmotivation aus (vgl. Steiner 2007, S. 41 f.):
• Aktualität = Anknüpfen an ein aktuelles Ereignis wie Börsencrash, Wahlen, Sparmaßnahmen, neuen Tarifvertrag, neue Abgasnormen infolge Klimaerwärmung usw.
• Betroffenheit = unmittelbare Inhalte, von denen die Lernenden direkt betroffen sind, wie Stellenbewerbung, Autounfall, Schwangerschaft, Konflikte im Betrieb u. a.
• Attraktive Unterrichtsmedien = eine aktuelle DVD zu einem Sachthema, eine konkrete Veranschaulichung durch einen interessanten Gegenstand aus der Werkstatt, Fotos aus dem Alltag der Lernenden u. Ä.
• Abwechslung = Stoff in relativ kleine Portionen unterteilen, nicht zu lange das gleiche Thema bearbeiten.
• Überraschung und Staunen = etwas Unerwartetes einbringen.
An dieser Stelle entscheidet die Lehrperson, ob es sinnvoll ist, den Unterricht fächerübergreifend zu organisieren. Dabei sind Methoden wichtig, die Schülerinnen und Schüler in den Unterricht einbeziehen. Die Gestaltung eines fächerübergreifenden und interdisziplinären Unterrichts lässt sich ganz unterschiedlich angehen (Caduff et al., 2009):
• Das intradisziplinäre Lernen findet innerhalb eines bestimmten Faches oder Lernbereichs