Prozess und Philosophie des Helfens. Edgar H. Schein
verantwortliche Herausgeber der Reihe stellte mit Supervision und Beratung die Grundlagen von Supervision und Organisationsberatung umfassend dar, und mit der mittlerweile 11. Auflage ist es eines der erfolgreichsten Handbücher des Feldes. Ergänzend dazu erschien Gute Beratung von Organisationen – Supervision und Beratung 2.
Die Trias-Kompasse bilden Trends und Diskussionslinien ab und ermöglichen eine Orientierung im Feld der Organisationen und unterschiedlicher Beratungsformen (Bd. 1: Erfolgsfaktoren von Veränderungsprozessen, Bd. 2: Schulentwicklung als Organisationsentwicklung, Bd. 3: Zur Bedeutung von Kurt Lewin, Bd. 4: Nachhaltige Transformation in Organisationen).
Organisationsentwicklung für die Zukunft, eine breite Darstellung der Grundlagen der lernenden Organisation von Peter Senge u.a., stellte diese ebenso zum ersten Mal im deutschen Sprachraum vor wie die Texte von Chris Argyris zur »eingeübten Inkompetenz« und zu »defensiven Routinen«.
Neben internationalen Autoren publizieren wichtige deutschsprachige Autorinnen und Autoren in der Reihe wie zum Beispiel der Aufsehen erregende Band einer Gruppe um die VW-Coaching-Abteilung (Der Beginn von Coachingprozessen), dessen Autorinnen und Autoren Billmeier, Kaul, Kramer, Krapoth, Lauterbach und Rappe-Giesecke aus der sorgfältigen gemeinsamen Analyse von Einzelfällen Qualitätsstandards für das Coaching entwickeln.
Zum ersten Mal stellte Wolfgang Loos kritische Fragen an den Coaching-Begriff, als der große Hype um den Begriffim deutschsprachigen Raum noch gar nicht richtig gestartet war: Zusammen mit Kornelia Rappe-Giesecke und Gerhard Fatzer untersuchte Looss in dem Band Qualität und Leistung von Beratung die drei Beratungsmethoden Supervision, Organisationsentwicklung und Coaching.
Loos’ Klassiker Unter vier Augen: Coaching für Manager ist bis heute das wichtigste Buch zum Thema geblieben, stellt eine Einführung dar und blickt gleichzeitig hinter die Oberfläche des Begriffs und fragt kritisch, was Einzelberatung von Führungskräften zu leisten vermag.
Die Reihe orientiert sich nicht an Trends, und dort, wo die Professional Community der Berater, Coaches und Supervisoren ihre eigenen Grundlagen und Methoden nicht ausreichend berücksichtigt, sehen wir ein Ziel von EHP-Organisation darin, Einbahnstraßen der Wahrnehmung und kulturelle Ignoranz zu unterlaufen. Es kommen die Autorinnen und Autoren zu Wort, die diesen interkulturellen Dialog praktizieren und konzeptionell untermauern.
So wird mit dem Band von Fatzer/Jansen (Die Gruppe als Methode) die oft fehlende gruppendynamische Grundlage für die Beratung von Gruppen, Teams und Organisationen wieder zugänglich gemacht. Ein weiteres Beispiel ist die Monographie von Albert Koopman (Transcultural Management), die als erste ein erfolgreiches interkulturelles OE-Projekt in Südafrika dokumentierte und daraus ein breit anwendbares Modell der interkulturellen Beratung entwickelte. Das Buch von Barbara Heimannsberg und Christoph Schmidt-Lellek (Interkulturelle Beratung und Mediation) wendet die Grundlagen der Mediation auf den interkulturellen Bereich und auf die Organisationsentwicklung an. Zuletzt erschien dazu ein Buch, das dem Lebenswerk von Burkard Sievers gewidmet ist: Ahlers-Niemann / Beumer / Redding Mersky / Sievers: Organisationslandschaften, mit seiner breiten internationalen und multiprofessionellen Perspektive auf das wichtige Thema der destruktiven Prozesse in Organisationen.
Eine der wichtigen Interventionsformen, die EHP-Organisation (wie übrigens auch andere Veröffentlichungen im selben Verlag) besonders berücksichtigt, ist ›Dialog‹ als Methode: William Isaacs (Dialog als Kunst gemeinsam zu denken) und der Band von Christoph Mandl, Markus Hauser und Hanna Mandl (Die schöpferische Besprechung) haben hier im deutschsprachigen Raum Qualitätsstandards gesetzt.
Die Autoren sind übrigens ebenfalls Beiträger der Zeitschrift Profile. Internationale Zeitschrift für Veränderung, Lernen, Dialog / International Journal for Change, Learning, Dialogue, die mit ihrem Anliegen, das Verständnis von Menschen, Teams und Organisationen zu fördern, die Reihe EHP-Organisation ergänzt.
Die Arbeit von Ed Schein stand von Anfang an im Zentrum des publizistischen Auftrags von EHP-Organisation. Zahlreiche seiner Aufsätze erschienen früh in den Sammelbänden der Reihe und hier liegen seine Grundlagentexte in Übersetzungen vor. Sein Klassiker Prozessberatung für die Organisation der Zukunft ist einer der erfolgreichsten Bände der Reihe. Der Referenzcharakter von Scheins Büchern wird auch im provozierenden Buch Organisationskultur (›The Ed Schein Corporate Culture Survival Guide‹) unter Beweis gestellt. Seine Fähigkeit, auf lesbare Art komplexe Organisationszusammenhänge zu vermitteln, macht die Lerngeschichte von Digital Equipment Corporation auch zu einem Lektüregenuss (Aufstieg und Fall von Digital Equipment Corporation. DEC ist tot, lang lebe DEC).
Mit seinem Buch Führung und Veränderungsmanagement liegt ein Band vor, der so noch nicht in Englisch erschienen ist und den wir durch eine DVD mit seiner überzeugenden Züricher Rede von 2006 ergänzen.
Scheins hier vorliegendes neues Buch Prozess und Philosophie des Helfens stellt ausführlich eine der Grundkompetenzen von Managern und Beratern vor, die bisher aus dem Fokus geraten ist, die aber in Scheins Konzept der Prozessberatung von entscheidender Funktion ist: das Helfen.
Herausgeber, Autoren und Verlag möchten Sie als Leser einladen, das vorliegende Buch und die gesamte Reihe als Möglichkeit zum Dialog innerhalb der globalen Professional Community zu verstehen.
Gerhard Fatzer
Vorwort
Helfen ist eine grundlegende menschliche Eigenschaft : Eine Mutter stillt ihr Baby; die Geliebte, ein Freund oder Ehepartner helfen mir, etwas in Gang zu bringen; in einer Gruppe spielen die einzelnen Mitglieder ihre Rolle beim Erreichen des gemeinsamen Zieles; der Therapeut hilft einem Patienten, der Coach und der Organisationsberater unterstützen Einzelne oder Organisationen bei der Verbesserung ihrer Funktionen. Die grundlegende Beziehung zwischen Helfer und Hilfesuchendem sorgt dafür, dass es weitergeht. Im Alltag gilt Hilfe als so selbstverständlich, dass wir das Wort häufig nur dann in den Mund nehmen, wenn jemand in einer Situation, in der Hilfe selbstverständlich hätte sein sollen, »nicht behilflich« war. Aber über die emotionale Dynamik dieser Beziehung wissen wir paradoxerweise trotzdem relativ wenig.
Über formale Hilfe durch Psychotherapeuten, Sozialarbeiter und andere Angehörige der helfenden Berufe ist viel geschrieben worden, aber wir wissen wenig darüber, was schiefgegangen ist, wenn der Versuch, einem Freund zu helfen, grob zurückgewiesen wird. Wie ist es möglich, dass jemand, der ins Wasser gesprungen ist, um einem Ertrinkenden zu helfen, sich vor Gericht wiederfindet, weil er dem Geretteten bei seinem Rettungsversuch die Schulter ausgerenkt hat? Warum landen so viele der Berichte, die Berater für das Management schreiben, im Papierkorb? Warum klagen so viele Ärzte, die Patienten nähmen die verschriebenen Medikamente einfach nicht?
Formale Hilfe, das lehren Intuition und Erfahrung, erfordert ein gewisses Maß an Verständnis und Vertrauen zwischen Helfer und »Klient«, wie ich die Person nenne, die Hilfe sucht. Verständnis ist nötig, damit der Helfer weiß, wann und welche Hilfe er anbieten sollte. Vertrauen ist nötig, damit der Klient sein wahres Problem benennen, die angebotene Hilfe akzeptieren und die Lösung umsetzen kann, die sich im das Gespräch mit dem Helfer abzeichnet.
Die psychotherapeutische Literatur widmet dem Aufbau dieses Vertrauen viel Aufmerksamkeit, aber in der alltäglichen Routine des Helfens und Hilfe Annehmens ist unklar, wie man es aufb aut, wie man erkennt, dass es vorhanden ist, und wie man es aufrecht erhält. Dazu kommt, dass die meisten helfenden Situationen im Alltag unerwartet auftauchen und zeitlich begrenzt sind. Die Frau, die ihrem Mann helfen soll, den richtigen Anzug für das entscheidende Gespräch mit dem Chef auszusuchen, setzt sich ja nicht mit ihm zu einer Besprechung zusammen, wie sie ein Therapeut beim Erstgespräch führt. Wer einem Blinden Hilfe beim Überqueren der gefährlichen Kreuzung anbietet, denkt nicht über den Aufb au einer vertrauensvollen Beziehung nach, bevor er seinen Arm ergreift und mit ihm losgeht. Und selbst dann kann es passieren, dass der Blinde »Nein, danke« sagt und sich allein auf den Weg macht. Dann steht man da und fragt sich, ob man ihn beleidigt hat und ob die Ablehnung