Am Ei erklärt. Gisela Lück
so ein Ei einmal den Weg in unsere Küchenpfanne nimmt, war in der Evolution wohl nicht vorgesehen – daher die Keimscheibe oben mitten im Dotter des Spiegeleis.
Tipps zum guten Gelingen eines Spiegeleis
This-Benckhard hat den Spiegeleiern bzw. »Les oeufs sur le plat« in »Kulinarische Genüsse« ein eigenes Kapitel gewidmet. Hier die beiden wichtigsten Regeln, die sich unmittelbar aus unseren naturwissenschaftlichen Erkenntnissen dieses Experiments ableiten lassen: Das Ei bei nicht zu großer Hitze braten, damit das Wasser im Eiklar erhalten bleibt und dieses so seine Elastizität erhält.
Nur die Eiklar-Region direkt am Dotter salzen, um den Gerinnungsprozess bei diesem dickeren und erst bei höheren Temperaturen gerinnenden Eiweiß zu beschleunigen. Und dann rät er noch, weißen Pfeffer zu verwenden – das macht sich auf dem zarten Eigelb und Eiweiß einfach besser … (This-Benckhard, 2016, S. 112 ff.)
Das Geheimnis »verlorener Eier« – und warum man sie genau genommen immer wiederfindet
Das Eiklar eines Hühnereis ist nicht nur gegenüber Wärmeeinwirkung empfindlich, sondern verändert seine Struktur auch, wenn es mit Säuren oder Alkohol in Kontakt kommt. Will man daher pochierte oder verlorene Eier kochen, dann ist Essigwasser hilfreich, das aus ca. drei Esslöffeln Essig auf einen Liter Wasser zusammengesetzt ist. Das Essigwasser bewirkt, dass der äußere Teil des Eis gerinnt und der Rest der Eimasse zusammengehalten wird, sodass sie sich nicht im Wasser verteilen kann (weshalb es sich streng genommen nun wirklich nicht um verlorene Eier handelt, da sie im Wasser ja gerade wegen der Säurezugabe wieder gut auffindbar sind).
Das folgende Experiment zeigt die Empfindlichkeit des Eiklars gegenüber Säuren:
Diese Materialien benötigen Sie
–1 rohes Ei
–1 Glasschälchen
–Essig, Zitronensaft oder Zitronenessenz
Das Eiklar wird abgetrennt und ein Teil davon in ein Glasschälchen gegossen (den Rest benötigen Sie für das folgende Zusatzexperiment). Je nachdem, was Ihr Haushalt gerade zu bieten hat, geben Sie anschließend etwas Essig (es reicht ganz einfacher Essig, ohne Estragonzusätze oder andere Finessen der Haute Cuisine, denn auf den Geschmack kommt es uns ja nicht an) oder ein wenig Zitronensaft (Zitronenessenz) zu dem Eiklar. Nehmen Sie sich nun die Zeit, ganz genau zu beobachten, was sich in Ihrem Glasschälchen ereignet.
Wie schon beim vorigen Experiment kann auch hier beobachtet werden, dass sich das Eiklar an den Stellen, an denen Essig bzw. Zitronensaft zugegeben wurde, allmählich weiß färbt.
Die Weißfärbung deutet darauf hin, dass auch in diesem Fall das Eiweiß im Eiklar denaturiert wird. Säure bewirkt – wie schon im vorigen Experiment die Wärmezufuhr – eine irreversible Verknäulung der Proteine.
Zusatzexperiment: Auch Alkohol denaturiert Eiweiß
Eiweiß ist nicht nur gegenüber Temperaturerhöhung und Säuren empfindlich, sondern verändert seine Struktur bei einer Vielzahl von Stoffen, mit denen es in Kontakt kommt. So ist z. B. auch Salzwasser in der Lage, Eiweiß gerinnen zu lassen, weshalb es ratsam ist, Eier mit Schale stets in Salzwasser zu kochen, damit an eventuell auftretenden Rissstellen das austretende Eiweiß sofort gerinnen kann.
Alkohol führt ebenfalls zu Eiweißgerinnung. Auch wenn in unserem Körper nicht genau dieselbe Reaktion abläuft, da Alkohol zunächst oxidiert wird, bevor er seine Wirkung tut, veranschaulicht das folgende Experiment im Modell, welch unheilvolle, irreversible Wirkung ein zu hoher Alkohol-Konsum auf unser mit Proteinen durchsetztes Gehirn haben kann:
Diese Materialien benötigen Sie
–Eiklar
–1 Glasschälchen
–40-prozentigen klaren Alkohol (Obstler, Whisky, Korn …)
Gießen Sie das restliche Eiklar in ein Dessert- oder Glasschälchen und opfern Sie nun ein Gläschen eines klaren 40-prozentigen Alkohols, indem Sie es über das Eiklar gießen.
Wie schon bei den Experimenten zuvor wird auch hier das Eiklar allmählich weiß. Allerdings dauert der Vorgang deutlich länger (mit 100-prozentigem Alkohol geht es schneller).
Wie schon gesagt, spielt sich der Prozess der Denaturierung in unserem Gehirn nicht so ab, wie wir es in dem Glasschälchen beobachten. Zum einen kommt von dem getrunkenen Alkohol nicht die komplette konsumierte Menge im Gehirn an, da der in Maßen genossene »gute Tropfen« schon längst vorher »abgefangen« und abgebaut wird. Dabei wird der Alkohol oxidiert, also chemisch verändert. Dennoch kann uns das Experiment als Modellversuch dienen. Tatsächlich richtet hoher Alkoholkonsum irreversible Schäden in unserem Gehirn an. Häufig sind zunächst Gehirnregionen betroffen, die für die Koordinierung der Extremitäten zuständig sind, weshalb Alkoholkranke unter Kontrollverlust beim Gehen und einer schlechten Feinkoordinierung der Füße leiden – dadurch entsteht der charakteristische Gang. Da die Proteinschädigung im Gehirn genauso irreversibel abläuft wie bei unseren Eiklar-Experimenten, sind einmal gestörte Hirnregionen für immer geschädigt. Dennoch gibt es Hoffnung: Unser Gehirn ist in der Lage, gestörte Funktionen an benachbarte Gehirnregionen zu übertragen, sodass etwa Kontrollverluste über bestimmte Körperbereiche durch hartes Training, Abstinenz und mit viel Geduld wieder rückgängig gemacht werden können.
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