Die Liste vor der Kiste. Ruediger Dahlke

Die Liste vor der Kiste - Ruediger Dahlke


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gute Filme eine wundervolle Chance, sich selbst besser kennen- und mehr schätzen, ja lieben zu lernen, und ich empfehle sie gern als Therapie, verbunden mit speziellen Aufgaben. Das bringt viel und kostet (fast) nichts. Tatsächlich gibt es viele brillante Spielfilme, die uns spielend und spielerisch auf die Sprünge helfen und weiterbringen können. Mir ist es jedenfalls oft so gegangen und hat mich zu einem ausgesprochenen Filmfan gemacht.

      Fast immer handeln Spielfilme von fremden, aber an eigene Muster und Erfahrungen erinnernden Lebensgeschichten, die uns in Resonanz mit unseren (Ur-)Mustern beziehungsweise Archetypen bringen. So können sie Träume wecken und aufleben lassen, zu neuen Träumen verleiten und die Seele berühren; sie regen das Mitfühlen und Lernen an. Oder mit den Worten von Eleonore Roosevelt: »Die Zukunft gehört denen, die an Träume glauben.« Müsste ich einen Film aussuchen, der mir und meinen Patienten diesbezüglich am meisten geholfen hat, fällt mir sofort Das Beste kommt zum Schluss (The Bucket List) ein. Manche haben diesen Film mit Morgan Freeman und Jack Nicholson in den Hauptrollen schon gesehen. Wenn noch nicht, umso besser! Dann hat man dieses Vergnügen noch vor sich, und das erste Mal ist immer etwas Besonderes. Ich habe den Film sicher zehnmal erlebt und mag ihn eigentlich immer mehr. Er hat trotz seines Ernstes viel Witz und für Hollywood-Verhältnisse verblüffende Tiefe; er ist außerdem im Sinne der Krankheitsbilder-Deutung sehr stimmig, von wundervollen Darstellern getragen und in meinen Augen insgesamt ein Meisterwerk.

      Es kann uns helfen und viel Zeitverlust im Leben ersparen, wenn wir uns einmal intensiv mit Das Beste kommt zum Schluss auseinandersetzen. In dieser Tragikomödie ist zu erleben, wie zwei Menschen verschiedenen Temperaments, unterschiedlichster sozialer Herkunft und Lebenswelt angesichts der erschreckenden Diagnose Lungenkrebs zu Freunden und Verbündeten in Sachen Lebensfreude werden. Als sie scheinbar nichts mehr zu verlieren haben, entdecken die Todkranken, was ihnen wirklich wichtig ist. Bevor sie den Löffel abgeben müssen, haben sie schnell jeweils ihre »Löffelliste« (bucket list) aufgestellt und machen sich daran, die Zeit zu nutzen, um Spaß zu haben und ihre Leichtigkeit wieder zu spüren. Das Beste für uns Zuschauer ist aber noch viel besser, denn der Film lässt uns spontan erkennen, dass wir gar nicht bis auf eine Krebsdiagnose und gescheiterte Chemo warten müssen. Wir können in diesem Moment anfangen, wirklich zu leben, unser eigenes originelles, ganz persönliches Leben.

      Eigentlich ist The Bucket List der Film zum Buch oder Die Liste vor der Kiste das Buch zu diesem himmlischen Film. Himmlisch, weil er uns tatsächlich mit dem Himmel, unserer Bestimmung, verbinden kann und dazu noch mit unseren Wurzeln im irdischen Leben. Jedenfalls rate ich, ihn sich als anmachende, im Sinne von öffnender Übung zur Eigenentwicklung erst- oder nochmals anzuschauen. Anmachend auch, weil uns diese »Filmtherapie« wieder einschalten kann, falls wir schon abgeschaltet und uns aus Leben und Entwicklung ausgeklinkt haben. Wichtig ist, sich zuvor Papier und Stift bereitzulegen, denn gleich nach dem Anschauen des Films geht es um die eigene, ganz persönliche Liste vor der Kiste. Sie kann zu wundervoller Lebenshilfe werden – ich persönlich habe meine Liste immer dabei.

      Und jetzt rate ich, den Film auf sich wirken zu lassen mit all seinen kleinen Feinheiten und Stimmigkeiten und gleich anschließend in dieser Stimmung, die erste eigene »Lebensliste« zu erstellen oder sie zu überarbeiten und zu ergänzen. Nach dem Filmerlebnis befinden wir uns sowieso in einer Art Trance und können den musikalischen Abspann nutzen, um in dieser angerührten Stimmung einen Moment der (Selbst-)Ehrlichkeit – vielleicht statt sonst üblicher Selbstherrlichkeit – zu genießen und offene Wünsche Punkt für Punkt zu Papier zu bringen, sogar die ganz großen. Wer mag, kann anschließend auch noch mit anderen über seine Liste sprechen. Unter Umständen wird er wie der Filmheld Edward Cole (Jack Nicholson) einen Partner finden für eine gemeinsame Reise zur Verwirklichung (noch) ungelebter Träume. Hier liegt nur dann eine Gefahr, wenn jemand wie der andere Filmheld Carter Chambers (Morgan Freeman) die eigene Frau als Kompagnon wählt beziehungsweise sie ihn. Das wird in solch einem Fall von Dominanz nicht gutgehen, da das alte Muster der Verhinderung von Lebens- und Selbstverwirklichung dadurch nur noch stabilisiert wird. Aber es könnte natürlich auch der eigene Partner sein, wenn beide sich idealerweise wirklich die Freiheit schenken, ureigene Erfahrungen zu machen, und sich einander zugestehen und gönnen zu leben, was noch offengeblieben ist. Und wenn beide Partner zwischendurch immer wieder am gleichen Strang ziehen, kann eine gemeinsame Lebensliste eine große Liebe noch vertiefen und bereichern.

      Ein urprinzipieller Vorgeschmack

      Jetzt möchte ich Sie auf eine Reise mitnehmen zur Überarbeitung und vielleicht Erweiterung Ihrer ursprünglichen (Film-)Liste vor der Kiste. Ziel ist es, Ihre Fantasie anzuregen, Sie auf Ideen zu bringen, um alle wesentlichen Aufgaben und Herausforderungen zumindest ins Auge zu fassen und um letztlich zu verwirklichen, was Sie lebendig macht und hält. Natürlich kann ich nur Anregungen und Vorschläge anbieten, denn wie schon C. G. Jung sagte: »Die Schuhe, die jemandem passen, drücken jemand anderen. Es gibt kein Lebensrezept, das für alle passt.«

      Wie kann ich mir dennoch herausnehmen, Ratschläge zu geben, was in Ihrem Leben noch fehlen könnte, was Sie vielleicht noch brauchen, ohne Sie überhaupt persönlich zu kennen? Ich stütze mich dabei auf die alten Traditionen und ihr System der Ur- oder Lebensprinzipien; sie geben auch Ihnen die Sicherheit, nichts zu vergessen. Es geht darum, den Wunschzettel an der ganzen Fülle der Möglichkeiten und am ganzen Spektrum der Wirklichkeit zu messen, und dazu sollten Sie Folgendes wissen:

      Die Einheit zerfällt zuerst in Yin und Yang, weiblich und männlich. Das weibliche Yin lässt sich in die beiden Elemente Wasser und Erde, das männliche Yang in Feuer und Luft unterteilen. Aus diesen vier Elementen folgen die zwölf Ur- oder Lebensprinzipien, denn jedes Element ist in drei Aspekte unterteilbar, in einen anfänglichen kardinalen, einen mittleren fix(iert)en und einen labilen. Nehmen wir als Beispiel das Element Wasser: Das ruhige Wasser der Teiche und Bäche ist kardinal, das verschlingende Wasser der Moore und Sümpfe fix und das unendlich weite der Meere und Ozeane labil. Werden alle vier Elemente nach diesem Dreischritt untergliedert, kommen wir zum Entwicklungskreis der (vier mal drei) zwölf Ur- oder Lebensprinzipien. Der Ausdruck Archetypen trifft auch, wird aber häufig und vor allem von C. G. Jung für alle möglichen seelischen Muster verwendet. Wir könnten diese zwölf Grund- oder Lebensthemen einfach durchnummerieren; nach klassischer Art werden sie mit den Namen der Stern- oder Tierkreiszeichen belegt, was jedoch noch nichts mit Astrologie zu tun hat.

      Indem wir diese zwölf archetypischen Urmuster als Hintergrundwissen nutzen, stellen wir sicher, nichts Wesentliches auszulassen. Vergewissern Sie sich also zum Schluss, dass Sie auf Ihrer Liste zu allen Urprinzipien Punkte aufgenommen haben, damit kein wesentliches Lebensthema außen vor bleibt.

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      1. Beim Aggressions- oder Marsprinzip geht es darum, den Mut zu entwickeln, erste Schritte in Neuland zu unternehmen, sich neue Räume zu erobern – im Hinblick auf konkrete Vorhaben, vor allem aber auch auf Bewusstseinsräume. Das Marsprinzip könnte also dadurch erlöst werden, einmal den Mut aufzubringen, etwas wirklich Neues zu tun, das uns reizt und herausfordert. Es ist auch entscheidend, wenn wir unseren Platz im Leben erobern und wenn wir Entscheidungsfähigkeit, Konfrontationsbereitschaft und Zivilcourage entwickeln. Für eine gute Sache zu kämpfen, ist eine wundervolle Herausforderung und Einlösung dieses Prinzips, wobei man auch bewusst Risiken eingeht.

      Eine Sportart erlernen, die Mut erfordert, oder auf einer (Foto-)Safari gewagte Aufnahmen von wilden Tieren zu schießen oder Rafting- und Canyoning-Touren zu unternehmen, passen zu diesem Prinzip, ebenso der Sprung vom Zehnmeterbrett oder nur ein Kopfsprung ins Wasser, eine Fahrt mit der Achterbahn samt Dreifachlooping, natürlich auch ein Feuerlauf und alle anderen Mutproben, die wirklich herausfordern. Ganz im Sinne von Mars ist auch das Erlernen von Kampfkunst inklusive der Vertiefung in ihre Philosophie oder Reiten im Cowboy-Stil im gestreckten Galopp über Stock und Stein. Vor allem ist mutiges, grenzüberschreitendes Denken bis in neue Bereiche und die Eroberung von geistigem Neuland gefragt. Einen alten Streit mutig beizulegen und seine Hintergründe offen(siv) zu klären, gehört in dieses Feld, zum Beispiel auch die eigene Geburt nochmals im Rahmen


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