Organisation und Inspiration. Gerhard Fatzer

Organisation und Inspiration - Gerhard Fatzer


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an Sicherheits(teil)systemen (Redundanzen) und eine unzulängliche räumliche Trennung der Systeme.

      Auf der anderen Seite erwies sich die Ausstattung mit passiven bzw. nur mit Dampf und Batterien betriebenen Sicherheitssystemen in Fukushima als Vorteil, etwa gegenüber den in Deutschland noch in Betrieb befindlichen Atomkraftwerken. So verfügten die stillgelegten älteren Siedewasserreaktoren ebenso wie der stillgelegte deutsche Druckwasserreaktor Biblis A noch über dampfgetriebene Einspeisesysteme. Die derzeit in Deutschland betriebenen Atomkraftwerke hingegen nicht.

      Es gibt weltweit zahllose Atomkraftwerke, deren Sicherheitssysteme erbebenanfällig sind. Häufig fehlen zudem ausreichend vorgehaltene Kühlwassermengen, notwendige Stromversorgungssysteme und deren räumliche Trennung und Flexibilität im Notfall.

      Eine weitere Lehre aus Fukushima ist, dass Atomkraftwerke noch lange nach erfolgreicher ›Abschaltung‹ unvorstellbar gewaltige Wärmemengen produzieren, die bei nur kurzer Unterbrechung der Kühlung zwangsläufig zur Überhitzung des atomaren Kerns führen. Die Folge ist eine massive Freisetzung extrem gefährlicher radioaktiver Partikel in die Umgebung, die vom Menschen über die Luft, Trinkwasser und Nahrung aufgenommen werden können. Damit drohen gesundheitliche Folgen auch für kommende Generationen.«

      Henrik Paulitz, Atomenergieexperte der IPPNW

      Reinhold Thiel, Mitglied des Vorstandes der IPPNW

      Wie sähen Lösungen aus?

      Einmal mehr zitieren wir Schein (2012 unv.)

      »The nearest thing to a ›solution‹ to such intercultural problems is Amy Edmondson’s (2012) concept of ›teaming,‹ the team learning together, combined with my concept of doing this in a ›cultural island‹ setting. By a cultural island I mean a setting in which cultural rules can be temporarily suspended so that how different team members deal with authority can be examined and new shared norms developed. Before they get into a work situation the team members must be able to explore the communication norms that they have grown up with, share their different views in a safe environment, and find accommodations that they can all live with. Pre-knowledge of the cultures involved will be less important than a safe practice field or simulation setting and a facilitator who can open up the tricky authority norms and help the team to deal with them.

      Preselecting team members in terms of competences and personality will still play a role, but the ability of the team to learn together will be the major factor. So as health care leaders begin to plan their various change programs, factoring in time for teaming will be necessary. Facilitating the dialogues in cultural islands will provide more than enough challenges to process consultants as we look ahead.« (p. 309)

      Dies würde also heißen, dass wir zu einer Führung im Team kommen, wo die besten Kernkompetenzen gebündelt werden können. Das Vertrauen ins Team ist natürlich schwierig in einer Kultur, die letztlich auf Wettbewerb und Konkurrenz setzt.

      Schein (2012, unv.)

      »And, speaking of cultures, will the U.S. have a particular problem because of our ambivalence about groups and meetings. On the one hand, our pragmatism makes heroes out of groups that collaboratively get a job done such as effective sports teams, but at the same time we prefer to glorify the individual heroes on the team and point out how ineffective meetings are and how groups are bad because they diffuse responsibility. I have been astonished in my own consulting how ineffective senior executives are in running meetings and working effectively with their own subordinates. They call it a team but treat each subordinate as an individual competitor for the boss’s job. I actually heard a CEO say to his group, »Now I want you all to work together as a team, but don’t forget that you are all competing for my job.‹

      Whether we like it or not, we are a deeply individualistic competitive culture and may have as yet unknown difficulties ahead as we encounter the more communitarian groupist cultures of other countries such as China.« (p. 309)

      Wir wollen in unserem Buch aufzeigen, dass Führung und oberste Führungskräfte in einer Glaubwürdigkeitskrise stecken und dass ein neues Verständnis von Führung notwendig ist. Die Führungsaufgabe ist eng verbunden mit der Fähigkeit zur Veränderung und Transformation. Was weithin bei Führungskräften und Transformationsprozessen fehlt, ist die Inspiration. Wir zeigen auf, dass neue Entwicklungen in Organisationen und in der Gesellschaft weltweit im Gange sind, welche Inspiration erfordern.

      Führung wird neu umschrieben mit Wahrnehmungsfähigkeit von zukünftigen Möglichkeiten. Organisationen selbst sollten Orte werden, wo Inspiration möglich ist und wo zukünftige Lösungen nicht nur aus der Vergangenheit entwickelt werden. Hier lassen wir uns durch Claus Otto Scharmer inspirieren.

      Führung beinhaltet neu die Kernkompetenz des Helfens (Ed Schein 2010) und der Unterstützung, und zwar in der Selbststeuerung als auch in der Unterstützung von Mitarbeitern. Führung wird als Führungssystem und als »Inspirierte Führung« vorgestellt. Dies geht von der Grundthese von David Kantor aus, dass kein »Leader« alle Aspekte seiner Organisation abbilden kann. Entsprechend kann auch die Organisation nicht durch den gleichen »Leader« durch alle Phasen der Entwicklung geführt und gesteuert werden.

      In einem zweiten Teil (von Britta Schönberger) stellen wir dar, wie Veränderung und Transformation heutzutage verstanden und in einem spirituellen Kontext gesehen werden kann: Transformation und Theorie U aus spiritueller Sicht. Diese Darstellung stammt für den Leser vorerst aus einem anderen Kontext, kann aber vollumfänglich auf Management übertragen werden.

      Wir stellen als Hauptorientierung die von Claus Otto Scharmer vorgestellte und maßgebliche Theorie U vor, die er auf einem anthroposophischen und wissenschaftlichen Hintergrund aus der Forschung von über 150 Führungskräften in den letzten zehn Jahren entwickelt hat. Diese wird um den spirituellen Hintergrund von Transformationsgleichnissen erweitert. Bilder zu Veränderungsprozessen und Transformation aus dem spirituellen (religiösen) Hintergrund werden vorgestellt. Spiritualität unterscheidet sich hier von Religion, indem sie eine Erfahrung und nicht ein Glaubenssystem ist.

      Dadurch werden Führung und Veränderung angereichert. Es wird aus der Diskussion heutiger Veränderungsanlässe deutlich, dass die spirituelle Dimension von Führung und Organisation vielfach fehlt. Diese Ansätze wurden bereits mit der Zielgruppe von Managern erfolgreich angewandt. Wir gehen ebenfalls der Frage nach, inwieweit die heutige Glaubwürdigkeitskrise der obersten Führungskräfte durch einen Mangel an spirituellen Grundlagen entstanden ist und wie Veränderungsprozesse nachhaltiger gestaltet sein könnten.

      In diesem Kontext wird auch die Rolle des »Helfens als Kernkompetenz von Führungskräften und Beratern« (Schein 2010) beleuchtet. Ein Fallbeispiel aus der Organisationsentwicklung illustriert diese Ansätze konkret.

      In einem weiteren Teil wird die Rolle des Intravisors vorgestellt, eines Prozessberaters mit einem größeren Abstand zur Organisation. Er hat die früher in historischen Kontexten bekannte Rolle des »Propheten« inne mit der Aufgabe, in der Organisation die Aspekte und Themen zu sehen und anzusprechen, welche die im operativen Geschäft gebundenen Manager nicht sehen können. Dies entspricht in der von uns vorgestellten »Leadership«-Typologie (nach Kantor) dem Exit Leader.

      Im vierten Teil »Organisationsentwicklung und Transformation: Führung für die Zukunft« wenden wir diese Überlegungen auf das Coaching von Transformationsprozessen an, wo der persönliche Entwicklungsprozess des Managers mit der Entwicklung seines Organisationskontexts verbunden wird. Coaching krankt ja öfters daran, dass es als rein persönliche Begleitung einer Führungsperson verstanden wird. Eine zentrale Dimension ist die Zukunftsfähigkeit von Führungskräften. Die Führungskräfte und die Organisation als Ganzes entwickeln sich in die Zukunft. Sabina Schoefer: Wir sind, also ist Zukunft. In diesem Teil wird der bekannte Ansatz des »Preferred Futuring« von Larry Lippitt vorgestellt. Dieser ist Grundlage aller bekannten Großgruppenmethoden.

      Wie immer ist auch dieses Buch nicht ohne die Mithilfe meines weltweiten Netzwerks möglich gewesen. Zuerst bedanke ich mich bei meinem Staff im Trias Institut, der zum Teil über 20 Jahre die Treue hält und mit seinem Commitment seinen Beitrag leistet für eine hochprofessionelle Weitergabe unseres Handwerks und unserer Kunst, allen voran den Mentoren Edgar Schein vom MIT, Peter


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