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Empfehlungen. Rasch und unspezifisch wirkende Mittelchen und Pflästerchen sollten Sie hier aber nicht erwarten. Unsere didaktischen Pillen sind vielmehr präzise auf die wichtigsten Kompetenzen dosiert, die Sie in Ihrer Unterrichts- und Ausbildungstätigkeit benötigen.
Kompetenz ist ja inzwischen zum «Bildungszauberwort» schlechthin avanciert. Dass sie sich am Aufbau von Kompetenzen orientiere, behauptet mittlerweile jede Bildungsinstitution, die etwas auf sich hält.
Wir wollten es nicht bei der Absichtserklärung bewenden lassen. In einem mehrjährigen, mehrstufigen Entwicklungsprozess haben die Teams der PH Zürich zunächst die zehn wesentlichen Handlungsfelder von Lehrpersonen in der Berufsbildung herausseziert, anschliessend zu jedem Handlungsfeld eine Liste von Kompetenzen zusammengestellt, über die eine fähige Lehrperson verfügen sollte. Dabei lehnt sich die Vorstellung von «Kompetenz», von der wir uns leiten liessen, an Modelle an, die auch in der beruflichen Grundbildung verbreitet sind. Ausgangspunkt ist die praktische Maxime, dass Wissen allein nicht genügt, wenn gehandelt werden soll. In der Folge sind zwei einander ergänzende Einsichten für uns von Belang. Erstens: Kompetenz zeigt sich nur in einer konkreten Situation – in der Praxis. Und zweitens: Wer kompetent handeln will, muss über bestimmte Voraussetzungen verfügen – es braucht bestimmte Kenntnisse, Fertigkeiten, Haltungen. Diese «Ressourcen» muss man mobilisieren und «bündeln» können, um eine berufliche Herausforderung zu bewältigen.
Dies ist, einfach gefasst, der «Kompetenzbegriff», auf dem unsere Ausbildungen aufbauen. Er erlaubt uns zum einen, mit den Studierenden gezielt an den Ressourcen zu arbeiten, die es in jedem Handlungsfeld braucht; er verpflichtet uns zum andern, ihnen die Möglichkeit zu kompetentem Handeln zu verschaffen, zum Beispiel in den begleiteten Praktika, beim Verfassen der Leistungsnachweise oder bei der Portfolioarbeit. Am Ende des Studiums, in den berufspraktischen Prüfungen, zeigen sie, dass sie gelernt haben, in konkreten Unterrichtssituationen kompetent zu handeln. Dies ist es denn auch, was am Ende der Ausbildung beurteilt wird.
Allerdings ist ja mit dem Abschluss der Ausbildung der Parcours vom Novizen zum Experten erst richtig lanciert. Und Kompetenzen können auch verkümmern, wenn man sie nicht pflegt.
Über die Ausbildung hinaus wird Ihnen nun unser Modell der Handlungsfelder und Kompetenzen gute Dienste leisten und Sie auf Ihrem weiteren Karriereweg als Lehrperson begleiten – wenn Sie sich etwa überlegen, in welchem Feld, bei welcher Kompetenz Entwicklungsbedarf bestünde, wo allenfalls Weiterbildungen nötig wären.
Das Kompetenzenraster, das bei uns derzeit in Entwicklung ist, kann Ihnen dabei als Instrument zur Selbsteinschätzung dienen.
Vergleichbares dürfen Sie auch von unseren «didaktischen Hausapotheken» erwarten, so sind sie konfektioniert: Geboten werden weder tiefe Theorien noch simple Hausmittel, es geht immer um kompetentes Handeln im Unterrichtsalltag, und immer bezogen auf bestimmte Handlungsfelder einer Lehrperson in der Berufsbildung.
Keine schnellen Pillen also, sondern Anleitung zur Selbsthilfe bei der Entwicklung der eigenen Berufskompetenz.
Mehr nicht – aber auch nicht weniger.
Christoph Städeli
Leiter der Abteilung Sekundarstufe II/Berufsbildung, PH Zürich
Die zehn Handlungsfelder
Das Übersichtsdokument mit den zehn Handlungsfeldern und den entsprechenden Kompetenzbeschreibungen finden Sie auf der Website der PH Zürich:
www.phzh.ch/sek2 > Zehn Handlungsfelder
Das Gerüst der zehn Handlungsfelder, je in eine prägnante Formel verpackt, findet sich auch auf dem Heftrücken der «didaktischen Hausapotheken». Daraus ist jeweils zu ersehen, auf welche Handlungsfelder das einzelne Heft zugeschnitten ist.
Das vorliegende Heft tippt fast alle zehn Handlungsfelder mindestens kurz an, bis hin zu Themen wie Klassenführung, Unterrichts- und Schulentwicklung, was aber nur zeigt, dass es sich bei den Handlungsfeldern um ein Modell handelt, dessen einzelne Bestandteile eng miteinander verknüpft sind: Eine gute Lehrperson muss sich im Schulalltag in den meisten Feldern kompetent bewegen können.
Drei Felder stehen hier dennoch im Mittelpunkt: HF 1 (Fach/Fachdidaktik), HF 4 (Methoden/Kompetenzförderung) und HF 5 (Selbstgesteuertes Lernen).
Die Digitalisierung der Welt schreitet voran. In allen Lebensbereichen verlieren analoge Technologien an Bedeutung und im Gegenzug bricht sich die Vermessung der Welt in Einsen und Nullen rasant Bahn: Beispiele hierfür sind etwa Radio und Fernsehen, die Presse, die Telefonie, der Zahlungsverkehr, die Steuererklärung, Patientendossiers, der Detailhandel – und nicht zuletzt die Bildung.
Die Hardware, die das digitale Kommunizieren ermöglicht, wird immer günstiger. In Klassen der Sekundarstufe II verfügen heute nahezu alle Lernenden über ein Smartphone mit Internetzugang. Gleichzeitig sinkt der Anschaffungspreis für Laptops und Tablets. Diese Entwicklungen prägen das Konsum-, Medien- und Marktverhalten der Jugendlichen. Ihre privaten Geräte möchten viele Lernende auch im Unterricht nutzen. Das vorhandene Potenzial kann und muss genutzt werden. Das Herumschleppen von mehreren schweren Schulbüchern wird vielen Leuten schon bald (einigen Menschen schon heute) antiquiert vorkommen. Und in gewissen Bereichen der Sekundarstufe II wird man in naher Zukunft nicht mehr auf eine wartungs- und kostenintensive Infrastruktur der Schulen zurückgreifen müssen; es wird reichen, Wireless für die persönlichen Geräte der Lernenden bereitzustellen.
Dieser Trend nimmt Lehrpersonen, Schulleitungen, Bildungsinstitutionen sowie Ausbildnerinnen und Ausbildner in die Pflicht. Die Gegenwart ins Schulzimmer zu holen bedeutet, die Lernenden auf die Zukunft vorzubereiten. Dabei stehen die genannten Akteure vor grossen Herausforderungen. Sie gilt es zu stemmen, damit die sich eröffnenden Chancen ergriffen werden können. Der vorliegende Leitfaden soll hier im Sinne einer didaktischen Hausapotheke Hilfestellung leisten und ganz konkrete Unterstützung anbieten, gleichzeitig aber den Fokus auf grössere Zusammenhänge öffnen.
Die Entwicklung hin zu Bits und Bytes wirkt sich auch auf Verlage aus, die Unterrichtslehrmittel bereitstellen. Der Absatz von klassischen Lehrmitteln sinkt oder wird sinken, die Nachfrage nach digitalen Medien steigt. Hier sind diejenigen Verlage gefragt, die Lehrmittel auch digital bereitstellen können. Sie müssen mit sachlich geprüften und aktuellen Inhalten aufwarten, eine didaktisch aufbereitete, auf die Zielgruppe zugeschnittene Struktur anbieten und in einem attraktiven grafischen Design auftreten – egal ob in Papierform oder auf dem Rechner.
Diese Parallelwelten (analog und digital) verschlingen Ressourcen. Zurzeit lassen sich keine verlässlichen Angaben machen, in welche Richtung die Entwicklung geht. Deshalb sind Lehrpersonen, Schulen und Verlage gefordert, sich in diesen Parallelwelten zu bewegen. Nur wer über eigene Erfahrungen mit eLehrmitteln verfügt, kann sich ein profundes Urteil bilden, ob die digitale Route für die eigene Klasse besser geeignet ist als der herkömmliche analoge Weg.
Der vorliegende Leitfaden dient einerseits dazu, den Umgang mit eLehrmitteln zu üben. Dabei macht sich eine Lehrperson mindestens ein halbes Jahr vor dem Unterrichtsstart selber fit, um später mit eLehrmitteln in der Klasse erfolgreich zu starten (Phase eins). In der zweiten Phase kann der Leitfaden dafür benutzt werden, mit der Klasse zusammen den Einstieg in die Welt der eLehrmittel zu vollziehen. Schritt für Schritt lassen sich die Erfahrungen aus dem Leitfaden auf die eigenen Klassen übertragen, adaptieren und weiterentwickeln. Jede Lehrperson muss im Rahmen ihrer didaktischen und methodischen Freiheiten den eigenen Weg finden, mit Neuerungen im Unterricht umzugehen. Hier ist die ganzheitliche Analyse der Zielgruppe (unterschiedliche Klassen) nicht zu unterschätzen. Und dabei wird es Verlierer geben. Lernende, die mit der Technik und der Funktionalität der digitalen Unterrichtsmaterialien überfordert sind und auch Lehrpersonen, die das Gefühl haben, mit ihrem Unterrichtsverständnis dem Neuen nicht gewachsen zu sein. Und es werden Hürden auftauchen: finanzielle Erfordernisse einer leistungsfähigen Infrastruktur, arbeitsökonomische Probleme des (zumindest anfänglichen) Mehraufwandes von Lehrpersonen, Regelverstösse von Lernenden