eLehrmittel im Unterricht. Alois Hundertpfund
Dieser Leitfaden thematisiert, abgesehen von der intendierten Hilfestellung, auch solche Herausforderungen. Zunächst jedoch werden die technischen Möglichkeiten von eLehrmitteln ergründet und skizziert. Danach wollen wir mit einer umfassenden Analyse aufzeigen, was beim Einstieg in die Unterrichtsarbeit mit modernem Equipment und digitalen Medien zu bedenken und zu beachten ist. Erkenntnisse und Empfehlungen stehen als Fazit jeweils am Ende jeder Analyse und zeichnen sich durch einen besonders hohen Gebrauchswert aus. In einem weiteren Kapitel werden verschiedene Aspekte der Euphorie des selbstständigen, eigenverantwortlichen Lernens aufgezeigt, mit dem Schwerpunkt auf Binnendifferenzierung, dem Unterrichtskonzept AVIVA und einer Fallstudie. Probleme bei der Arbeit mit eLehrmitteln können bei Lehrpersonen und Lernenden, bei Hard- wie Software auftreten. Hierbei muss Unterstützung geleistet werden. Wie diese aussehen kann und wie sie sich umsetzen lässt, zeigen wir in einem eigenen Kapitel auf. Und schliesslich wird das Augenmerk auf Prüfungen im digitalen Schulzeitalter gerichtet. Veränderungen und Neuerungen nehmen auch in Zukunft nicht ab. Die damit verbundenen Herausforderungen sind nicht zu unterschätzen. Sie helfen aber mit, dass Lehrpersonen ihren Unterricht aktuell, attraktiv und zeitgemäss gestalten. Dabei wird alles anders. Und gleichzeitig bleibt alles gleich. Denn das solide didaktische Handwerk einer Lehrperson ist nach wie vor eine unabdingbare Voraussetzung für den Erfolg im Unterricht. Mit den eLehrmitteln erhalten Lehrpersonen ein zusätzliches Mittel, den Bildungsauftrag nach eigenen persönlichen Präferenzen gehaltvoll und variantenreich zu gestalten. Ins Scheinwerferlicht geraten hierbei insbesondere drei der zehn Handlungsfelder mit je spezifischen Kompetenzen, auf denen die Ausbildung angehender Lehrpersonen in der Berufsbildung an der Pädagogischen Hochschule Zürich (PHZH) aufbaut. Eine Lehrperson muss das Fach und seine Didaktik meistern können (und dabei unter anderem an die Erfahrungen der Lernenden in Betrieb und Alltag anknüpfen), und sie muss ein vielfältiges Methodenrepertoire zur Kompetenzförderung der Lernenden einsetzen: Unterrichtskonzepte müssen justiert, vielleicht sogar neu entwickelt werden. Ausserdem fördert die Lehrperson selbstgesteuertes Lernen, macht den Lernenden bewusst, dass sie für die Ausgestaltung ihrer Lernprozesse selber verantwortlich sind; die Ausbildenden müssen den Lernenden Gelegenheiten verschaffen, eigene Lerninstrumente und -strategien einzusetzen und eigene Lernentscheidungen zu treffen. Zu allen diesen Punkten werden Leserinnen und Leser nützliche Inputs erhalten.
Digitalisierung bedeutet immer auch Beschleunigung. Besondere Beachtung muss daher der Entschleunigung des Unterrichtsalltages gelten. Ein eLehrmittel erlaubt es Lernenden, sich intensiv auf eine Sache zu konzentrieren – im Wissen, die Erkenntnisse später mit seiner Lerngruppe teilen zu können. Nur in einer ruhigen Lernatmosphäre sticht dieser Trumpf. Damit dies gelingt, sind Lehrpersonen mehr denn je gehalten, einen abwechslungsreichen, gut rhythmisierten Unterricht zu kreieren. Aufmerksamkeit und Konzentration müssen mit den Lernenden ebenso trainiert werden wie Selbstregulation. Jedoch müssen nicht nur solche Selbstkompetenzen geschult werden, sondern auch soziale, fachliche und Methodenkompetenzen. Letztere werden im digitalen Zeitalter immer wichtiger. Das alles braucht Geduld. Auch Inseln frei von eLehrmitteln sind zu schaffen, damit weitere Sinne aktiviert werden. Dies bereichert den Unterricht.
Der schulische Lernerfolg ist mithin in einem nach wie vor grossen Masse von der Persönlichkeit der Lehrperson abhängig. Daran ändert der Einsatz von eLehrmitteln nichts, denn auch eLehrmittel werden von Lehrpersonen gesteuert und müssen passgenau in die eigenen Unterrichtssequenzen eingebaut werden. Alles wird anders, alles bleibt gleich.
Die Autoren danken Peter Egger, dem Verlagsleiter, und dessen Stellvertreter, Manuel Schär, für die Mitarbeit und das fundierte Lektorat, aber auch Caspar Noetzli, Andreas Sägesser und Yvonne Rajakumar (Arbeitsgruppe eLehrmittel der Pädagogischen Hochschule Zürich, PHZH) für ihre Mitarbeit hinter den Kulissen.
Autoren und Verlag
im Juli 2014
«Gibt es dieses Lehrmittel auch digital?» Wer sich vor rund drei Jahren mit dieser Frage an die Schweizer Lehrmittelverlage wandte – und dies taten insbesondere Lernende, die ihr Schulgepäck reduzieren wollten –, erhielt meist eine abschlägige Antwort. Bis zu diesem Zeitpunkt fehlten nicht nur die technischen Lösungen, um Lehrmittel in einer für die Urheber und den Verlag verantwortbaren Art und Weise zu vertreiben. Bei vielen Verlagen wurden digitale Schulbücher grundsätzlich kritisch beurteilt – sei dies aus Angst vor dem Verlust des bisherigen Geschäftsmodells oder aus pädagogischen Vorbehalten. In den letzten drei Jahren hat sich jedoch einiges verändert: Zahlreiche Verlage bieten mittlerweile Lösungen an, die es ermöglichen, Lehrmittel auch digital zu lesen und zu bearbeiten. Die meisten dieser digitalen Lehrmittel basieren allerdings auf einem PDF-Dokument der gedruckten Ausgabe. Diese Lösungen haben somit nicht nur den Nachteil, dass die Inhalte auf kleineren Bildschirmen nicht optimal lesbar sind, vielmehr bieten sie nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten: Es ist in einem PDF beispielsweise nicht (oder nur sehr umständlich) möglich, die Schriftgrösse zu verändern, Multiple-Choice-Fragen zu lösen oder eigene Inhalte einzufügen.
Print oder digital? Der hep verlag bietet beide Varianten an.
Aufgrund dieser Einschränkungen hat sich der hep verlag 2011 entschieden, gemeinsam mit Partnern digitale Lehrmittel zu entwickeln, welche die Potenziale der digitalen Geräte ausnützen. 2012 erschienen die ersten vier sogenannten eLehrmittel, die ab Sommer 2012 im Rahmen eines Pilotversuchs an verschiedenen Schweizer Berufsfachschulen eingesetzt wurden. Die Pädagogische Hochschule Zürich begleitete diesen Versuch, sammelte Erkenntnisse und stellt Hilfeleistungen zur Verfügung. Seit 2012 sind im hep verlag zahlreiche weitere eLehrmittel erschienen, mittlerweile auch für den Unterricht an Gymnasien oder Berufsmaturitätsschulen.
«eLehrmittel» sind vollständig digitalisierte Lehrmittelausgaben mit hoher Funktionalität. Die Inhalte werden spezifisch für die Lesegeräte (Tablets, Laptops) aufbereitet und bieten daher umfangreiche Darstellungs- und Bearbeitungsmöglichkeiten. Einerseits können – wie in einem gedruckten Buch – Begriffe markiert, Notizen angebracht oder Lesezeichen gesetzt werden. Daneben enthalten sie aber zahlreiche Funktionen, die nur ein digitales Lehrmittel bieten kann:
Darstellung | Das Layout ist nicht starr, die Lernenden können beispielsweise die Schriftgrösse ihren Bedürfnissen anpassen oder Bilder und Grafiken im Vollbildmodus betrachten. |
Vernetzung | Die einzelnen eLehrmittel stehen nicht für sich alleine, sondern sind teilweise miteinander verknüpft. So können Begriffe im «Lexikon Allgemeinbildung» oder Gesetzesartikel in «Gesetzestexte» nachgeschlagen werden. Zudem sind die eLehrmittel stets mit dem Internet verbunden: Durch einen einfachen Klick können gewünschte Inhalte direkt innerhalb der eLehrmittel-Applikation z.B. bei Google oder Wikipedia nachgelesen werden. Bei der Tablet-Version steht auch ein integrierter Duden standardmässig zur Verfügung. |
Erweiterung | eLehrmittel lassen sich zu einem gewissen Grad erweitern. Einerseits können auf eigenen Seiten Texte und Bilder eingefügt werden. Dies erlaubt es den Lernenden beispielsweise, Zusammenfassungen zu schreiben, zu sichern oder zu gewissen Themen Vertiefungen und Ergänzungen einzufügen. Andererseits können auch Webseiten direkt im Buch angezeigt werden, was beispielsweise nützlich ist zur Integration von Webquests, Wikis oder LearningApps. |
Übungsformen | Übungen können direkt im eLehrmittel gelöst werden. Gewisse eLehrmittel enthalten auch Multiple-Choice-Aufgaben oder integrierte Video- und Tondokumente, die es erlauben, das Hörverständnis zu trainieren. |
Kommunikation | eLehrmittel erlauben es, gewisse Inhalte mittels E-Mail zu versenden. So können beispielsweise gelöste Übungen in einfacher Weise zur Kontrolle an die Lehrperson verschickt werden. Auch Markierungen und Notizen lassen sich versenden. |
Auf eine detaillierte Erklärung sämtlicher Funktionen wird an dieser Stelle verzichtet. Sowohl die technischen Möglichkeiten als auch die Anforderungen und Erwartungen von Lehrpersonen und Lernenden verändern sich rasch. Dementsprechend wird auch das Konzept «eLehrmittel» stetig weiterentwickelt; gewisse Funktionen werden hinzukommen, andere eleganter umgesetzt werden.