Kirchlicher Dienst in säkularer Gesellschaft. Группа авторов

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bei denen Wohlverhalten eine Rolle spielen kann. Für Verbände, die sich als frei bezeichnen, sollte es eher mit der verbandlichen Identität vereinbar sein, von den tagtäglichen Wahlentscheidungen leistungsberechtigter Nutzer abhängig zu sein als von nach Ermessen getroffenen Bewilligungsentscheidungen der Objektfinanzierung. Die Gefahr einer schleichenden Transformation der Wohlfahrtspflege hin zu reinen Abnehmern staatlicher Aufträge wäre vermutlich real geworden, wenn Ausschreibungen nach Vergaberecht zum Regelverfahren der Beziehung zwischen Leistungsträgern und Leistungserbringern geworden wären. Das Sozialrechtliche Dreiecksverhältnis blieb aber die dominante Marktordnungsform.

      Auch der Vorwurf, mit der „Vermarktlichung“ die Sachzielorientierung aufgegeben zu haben,17 ohne die gemeinnützige Organisationen ihre Berechtigung verlieren, ist empirisch nicht untermauert. Diesen Vorwurf könnte man erheben, wenn sich die Freie Wohlfahrtspflege aus den Hilfefeldern zurückgezogen hätte, mit denen keine über Rechtsansprüche gesicherte Refinanzierung verbunden ist, etwa aus der Straffälligenhilfe oder der Hilfe für Menschen in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität oder aus zum Teil prekär finanzierten Beratungsdiensten. Eine systematische Forschung gibt es dazu nicht. Bei den Ortsverbänden der Caritas ist das Bewusstsein hoch, dass eine Caritas, die nicht an den Rändern der Gesellschaft präsent ist, ihre Legitimität gefährdet. Auch der behauptete Rückgang ehrenamtlichen Engagements18 ist empirisch nicht untermauert. Wie die 2018 abgeschlossene quantitative Erhebung zum Ehrenamt im Deutschen Caritasverband19 zeigt, kann von einem Wegbrechen des Ehrenamts keine Rede sein.

      Weder bietet eine in fest gefügten korporatistischen Strukturen arbeitende Caritas die Gewähr dafür, besonders anwaltschaftlich zu sein, noch muss sie dies in einem stärker wettbewerblich geprägten Umfeld zwingend aufgeben. Die Caritas muss die Spannungen zwischen Marktbehauptung und sozialpolitischem Anspruch aushalten, gestalten und offen kommunizieren. Unkenrufe, eine Caritas, die sich selbstbewusst in den Märkten sozialer Dienstleistungen behauptet, gebe in einem schleichenden Prozess ihre anwaltschaftlichen und sozialpolitischen Ansprüche auf und werde zum reinen Unternehmensverband, haben sich nicht bewahrheitet. Das sollte doch ermutigen, nicht die Schlachten längst vergangener Zeiten zu schlagen, ob Markt und Wettbewerb zur Erbringung sozialer Dienstleistungen genutzt werden sollten. Es geht dagegen um viele, hochkomplexe Fragen, wie Märkte sozialer Dienstleistungen zu ordnen sind, damit sie gute Dienstleistungen für Bürger sichern können, die bei allen Einschränkungen, die es in ihrer jeweiligen Situation geben mag, autonom handeln wollen. Und es geht um eine Marktordnung, die in einem sozialrechtlich verlässlichen Rahmen Raum lässt für das Engagement der Caritas und anderer nicht-staatlicher Organisationen, die die Sorge für die Bürgerinnen und Bürger in einem subsidiär gestalteten Sozialstaat mittragen.

      1 Cremer/Goldschmidt/Höfer, Soziale Dienstleistungen. Ökonomie, Recht, Politik (2013), S. 115 ff.

      2 Deutscher Caritasverband, Leitbild des Deutschen Caritasverbandes, (2016), https://www.caritas.de/cms/contents/caritas.de/medien/dokumente/dcv-zentrale/leitbild-des-deutsch/caritas_leitbild_210x270_d_web.pdf (Zugriff: 27.04.2019).

      3 Den Vorsitz des Forums hatte der damalige Direktor des Caritasverbandes für das Erzbistum Paderborn, Volker Odenbach. Der Autor war in der Antragskommission der Vertreterversammlung für dieses Forum zuständig.

      4 Siehe u.a. Kloos, Große Träger machen mobil. In: Neue Caritas 7/2000.

      5 Zu weiteren Beispielen zur Aktualität der ordnungspolitischen Auseinandersetzung vgl. Cremer, Wohlfahrtsverbände zwischen Marktbehauptung und sozialpolitischem Anspruch. In: Sozialer Fortschritt 68 (2019), S. 35–40; Rixen, Sozialrechtliche Regulierung des Sozialstaats. Rechtswissenschaftliche Orientierungen zur Governance sozialer Dienstleistungen. In: Zeitschrift für Politik 65 (2018).

      6 Deutscher Caritasverband (2007).

      7 Der Erwägungsgrund 4 der Vergabe-Richtlinie stellt fest: „Ebenso sollten Fälle, in denen alle Wirtschaftsteilnehmer, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, zur Wahrnehmung einer bestimmten Aufgabe – ohne irgendeine Selektivität – berechtigt sind, wie beispielsweise bei einer Auswahl durch den Kunden und bei Dienstleistungsgutscheinsystemen, nicht als Auftragsvergabe verstanden werden, sondern als einfache Zulassungssysteme …“. (EU, Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG, Amtsblatt der Europäischen Union, L 94, 28.03.2014: S.65–143 http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32014L0024&from=DE (Zugriff: 27.04.2019), S. 66) Der entsprechende Erwägungsgrund 13 der Konzessions-Richtlinie führt aus: „Regelungen, nach denen ohne gezielte Auswahl alle Wirtschaftsteilnehmer, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, berechtigt sind, eine bestimmte Aufgabe, wie beispielsweise Kundenwahl- und Dienstleistungsgutscheinsysteme, wahrzunehmen, sollten darüber hinaus nicht als Konzessionen gelten, was auch für Regelungen gilt, die auf einer rechtsgültigen Vereinbarung zwischen der Behörde und den Wirtschaftsteilnehmern beruhen. Derartige Systeme beruhen typischerweise auf der Entscheidung einer Behörde, mit der transparente und nichtdiskriminierende Voraussetzungen für den kontinuierlichen Zugang von Wirtschaftsteilnehmern zur Erbringung bestimmter Dienstleistungen, wie soziale Dienstleistungen, festgelegt werden, wobei den Kunden die Wahl zwischen den Anbietern freisteht.“ (EU, Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe, Amtsblatt der Europäischen Union L 94, 28.03.2014, L 94/1-64 http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32014L0023&from=de (Zugriff: 27.04.2019), S. 3).

      8 Die Darstellung erfolgt unter Rückgriff auf Cremer, Dilemmata von Wohlfahrtsverbänden im Wettbewerb. In: Greiling/Gmür/Theuvsen (Hg.), Ressourcenmobilisierung durch Nonprofit-Organisationen. Theoretische Grundlagen, empirische Ergebnisse und Anwendungsbeispiele (2015); Cremer, Caritas: Leitbildtreu und marktkonform? Zum Spannungsverhältnis zwischen Auftrag und Handeln im Wettbewerb. In: Tripp/Zinnecker (Hg.), Aufmerksam, entschieden, eigensinnig, solidarisch: Caritas in Bewegung - den Menschen nahe. Stuttgart: Schwabenverlag (2015).

      9 Einrichtungsstatistik des Deutschen Caritasverbandes zum Stichtag 31.12.2016: 660.000 hauptamtliche Mitarbeitende, davon 250.000 in Vollzeit, 410.000 in Teilzeit (davon knapp 50.000 geringfügig beschäftigt).

      10 Feldhoff, Der Stellenwert des Dritten Weges. In: Tripp/Zinnecker (Hg.): Aufmerksam, entschieden, eigensinnig, solidarisch: Caritas in Bewegung - den Menschen nahe (2015).

      11 Jahrbuch Tarif und Entgelt, So zahlt die Sozialwirtschaft. Wohnfahrt intern, Sonderausgabe 2017, S. 146–155; Jahrbuch Tarif und Entgelt, So zahlt die Sozialwirtschaft. Wohnfahrt intern. Sonderausgabe 2018, S. 130–136.

      12 Jüster, Die verfehlte Modernisierung der Freien Wohlfahrtspflege. Eine institutionenanalytische Analyse der Sozialwirtschaft (2015), S. 480.

      13 Jüster, Die verfehlte Modernisierung der Freien Wohlfahrtspflege. Eine institutionenanalytische Analyse der Sozialwirtschaft (2015), S. 501.

      14 Boeßenecker/Vilain, Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege: eine Einführung in Organisationsstrukturen und Handlungsfelder sozialwirtschaftlicher Akteure in Deutschland (2013), S. 304–305.

      15 Möhring-Hesse, Verbetriebswirtschaftlichung und Verstaatlichung. Der destruktive Formenwandel der Freien Wohlfahrtspflege. In: Heinze/Lange/Sesselmeier (Hg.): Neue Governancestrukturen in der Wohlfahrtspflege. Wohlfahrtsverbände zwischen normativen Ansprüchen und sozialwirtschaftlicher Realität (2018), S. 58.

      16 Schroeder, Die freie Wohlfahrtspflege und die wachsenden Steuerungsansprüche des Staates. In: Sozialer


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