FANTASTISCHE WIRKLICHKEITEN. Группа авторов

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aber der stellte sich ebenso tot wie der Antrieb.

      Wir wussten nicht, wo wir uns befanden. Wir konnten keinen Hyperraumkontakt aufnehmen. Und ohne Ersatzteile würden wir nicht wieder von hier wegzukommen. Mit einem Satz, unsere Lage war beschissen.

      Wir gingen schlafen.

      Mitten in der Nacht wurden wir von einem seltsamen Geräusch geweckt. Es klang, als raspele jemand mit einer Stahlfeile an den Stelzen der Rosinante. Dann ächzte das Raumschiff ein wenig, und in der Einstiegsluke, die wir der Schwüle wegen nur mit einem Netz verschlossen hatten, zeichnete sich gegen das Mondlicht ein massiger Schatten ab. Wir sprangen aus unseren Kojen, und K'Xara richtete ihre Taschenlampe auf den Besucher. In der Öffnung zeigte sich ein großer runder, plüschiger Kopf, aus dem uns zwei kleinen Augen anstarrten.

      Das Geschöpf war offenbar genauso erschrocken wie wir. Es stieß ein Grunzen aus, dann verschwanden Kopf und Pfoten, und wir hörten ein Plumpsen sowie ein hastiges Getrampel.

      Wir drängten uns um die Lukenöffnung und spähten hinaus. »Das ist nicht nur einer, das ist ein ganzer Trupp!«, flüsterte K'Xara. Im Strahl der Lampe konnten wir eine Handvoll plumpe, massige Formen ausmachen, die im Halbkreis auf ihren Hinterbeinen hockten. Bis auf zwei Meißenzähne, die deutlich über das Kinn hinausragten, wirkten sie nicht besonders bedrohlich. Nachdem sie uns ebenso verblüfft gemustert hatten wie wir sie, stieß das größte Exemplar einen Pfiff aus und machte kehrt. Seine Gefährten folgten ihm, und kurz darauf hörten wir, wie die schweren Körper ins Wasser eintauchten. Ein Klatschen mit dem Schwanz auf die Wasseroberfläche, dann waren sie verschwunden.

      »Was war das?«, fragte Mary mit großen Augen. »Etwas aus dem Märchenbuch?«

      Little Wong schüttelte den Kopf. »Ich denke, Riesenbiber.« Er hockte sich nieder und ließ die Metallspäne rund um die angeknabberte Stelze des Raumschiffs durch die Finger gleiten. »Und ihre Nagezähne sind offenbar in bestem Zustand!«

      »Anscheinend nicht die einzigen Riesen hier …« Die K'zin-Kriegerin wies auf den Rand der Schlucht. Dort hoben sich mehrere Schattenrisse mit ausladenden Stoßzähnen gegen den mondhellen Hintergrund ab.

      »Elefanten?«, fragte Mary verblüfft.

      Wie zur Bestätigung hob eines der Tiere den Rüssel und trompetete so laut, dass die Rosinante vibrierte.

      »Mammuts!«, korrigierte Little Wong. »Und die Silhouetten am Himmel trugen wohl keine Federn, sondern Lederschwingen …!«

      »Mammuts, Flugsaurier und Riesenbiber …« Ich pfiff leise durch die Zähne. »Es gibt wohl nur einen Ort im ganzen Alphaquadranten, wo man so etwas findet!«

      Wir waren auf Hunter’s Planet gestrandet, Big Bobbys privatem Jagdparadies für Superreiche. Das war keine gute Nachricht, denn Big Bobby gehört zu den miesesten Gaunern, die ich kenne – und ich kenne eine ganze Menge übler Typen.

      Am nächsten Morgen machte ich mich daran, die Schäden, die unser Kahn erlitten hatte, genauer in Augenschein zu nehmen. Es hätte schlimmer kommen können, aber wir brauchten Ersatzteile, um den Antrieb der Rosinante und vor allem den Bordcomputer wieder flottzumachen.

      Die anderen hatten sich inzwischen am See umgesehen. Die Riesenbiberkolonie bestand aus mehreren Burgen, die sich über die Wasseroberfläche erhoben. Die Tiere ließen sich von uns nicht weiter stören und bewegten sich, Baumstämme schleppend, behäbig zwischen dem Waldrand und ihrer Siedlung hin und her. Es schien sie nicht zu stören, dass wir ein paar Fische angelten. Mary hatte sogar ihren Bikini angezogen, obwohl es da oben noch kaum etwas zu halten gab, wie K’Xara spottete, und war ein paar Runden im See geschwommen.

      Wir waren gerade dabei, unsere Fischbeute zum Raumschiff zu schaffen, als einer der Riesenbiber einen schrillen Pfiff ausstieß und untertauchte. Die anderen Biber folgten ihm eilig.

      Da die Biber kaum kleiner als ein terranischer Schwarzbär waren, fragten wir uns, was sie derart erschreckt hatte. Die Nachmittagssonne stand inzwischen so niedrig, dass der Boden der Schlucht zwischen Raumschiff und See im Schatten lag. Und dort im Schatten bewegt sich etwas …

      Dicht an den Boden gedrückt, näherten sich uns ein Dutzend Geschöpfe mit katzenhafter Grazie.

      »Säbelzahntiger!«, flüsterte Little Wong.

      Ich zog meine Laserpistole.

      »Beim Auerochsenpimmel, lass das Ding stecken!« Die K'zin-Kriegerin drängte mich zurück. »Wenn wir einen seiner kostbaren Klontiger killen, haben wir bei Big Bobby völlig verschissen.«

      Und an Mary gewandt: »Schnell! Dein Oberteil!«

      Verblüfft gehorchte die Kleine.

      Inzwischen hatten sich die Säbelzahntiger auf etwa fünfzig Schritt genähert. Sie wirkten ebenso hungrig wie misslaunig, und die Härchen in meinem Nacken sträubten sich.

      K’Xara bückte sich und hob einen Kiesel auf.

      »Spielst du jetzt David gegen Goliath, meine schwarze Venus?«, erkundigte sich Little Wong interessiert. »Bei einem ganzen Rudel von Gegnern vielleicht keine so gute Idee …«

      Die K’zin-Kriegerin lächelte grimmig. »Wir werden uns Verstärkung holen!«

      Sie legte den Kiesel in eine Mulde des Oberteils, schwang die improvisierte Schleuder um den Kopf und schleuderte das Geschoss dann auf sein Ziel. Der Kiesel traf einen der größten Lampions mit voller Wucht. Einen Moment schwankte das Gebilde wild hin und her, dann fiel es zu Boden und zerplatzte direkt vor den Füßen der Säbelzahntiger.

      Ohne Zögern stürzten sich die die wütenden Hornissen auf die vermeintlichen Angreifer. Die Raubkatzen, eben noch ihrer Beute sicher, heulten auf, schlugen mit den Pranken nach den Quälgeistern und bleckten ihre Zahndolche, doch gegen diesen Gegner waren sie machtlos. Panisch ergriffen sie die Flucht und jagten in die Schlucht zurück. In kaum einer Minute war der ganze Spuk verschwunden, und die aufgescheuchten Insekten machten sich daran, ihr Nest zu reparieren.

      K’Xara reichte Mary ihr Oberteil zurück und grinste uns an.

      »Du hast nicht nur ein schmückendes Gehörn, Freundin meiner Lenden, sondern auch einen klugen Kopf!«, lächelte Little Wong und hob ihre Hand an seine Wange. »Dennoch finde ich, dass es langsam ungemütlich wird. Ich denke, wir sollten so rasch und unauffällig wie möglich wieder von hier verschwinden.«

      »Zu spät!« Ich wies auf die sich nähernde Späherdrohne. »Unser Gastgeber hat uns offenbar entdeckt …«

      Die Drohne umkreiste die Rosinante mehrmals und ließ sich schließlich auf dem Dach nieder. Der Holobildschirm klappte aus, und darauf erschien Big Bobbys übellauniges Gesicht. Mit seinem rosigen Kahlkopf, den Hamsterbacken, der kleinen Nase und dem Schmollmund erinnerte er an ein überdimensionales Baby, wären da nicht diese kieselharten Augen gewesen.

      Er musterte uns abschätzig. Wie potenzielle Kunden sahen wir wohl nicht aus. Entsprechend rüde war sein Ton. »Wer seid ihr? Was macht ihr hier? Hab’ ich eure Visagen nicht schon mal gesehen?«

      »Wir sind friedliche Reisende und durch einen Magnetsturm gezwungen worden, hier notzulanden …«, entgegnete ich höflich.

      »Dann macht euren verdammten Kahn wieder flott und verschwindet!«

      »Das würden wir gern, aber ohne die nötigen Ersatzteile wird das so schnell nichts, und die Gegend scheint recht unsicher zu sein …«

      Big Bobby näherte sich den Holoschirm so weit, dass man jede Pore seinen wütenden Gesichts sehen konnte: »Wagt nicht einmal daran zu denken, meine kostbaren Säbelzahntiger anzurühren! Die sind für zahlende Gäste reserviert!«

      »Mit einem kleinen Kredit für die nötigen Reparaturen wären wir viel schneller wieder aus dem Weg!«, versuchte ich, an die Vernunft des Dicken zu appellieren.

      »Ein Kredit? Ein KREDIT?« Big Bobby schien inzwischen kurz vor einem Schlaganfall zu stehen. »Ich werde euren Schrottkahn konfiszieren und abwracken. Und ihr könnt versuchen, am Raumport einen barmherzigen


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