Dämon III. Alfred Broi
nächsten Moment brummte Heaven verächtlich. „Nun gehen sie schon, alter Mann!“ Ihr Gesicht war eine finstere Maske. „Sonst kotze ich gleich wirklich noch!“
Francesco sah sie an, grinste wieder und nickte. Bevor er sich jedoch umdrehte, trat er direkt vor Razor und wartete, bis der ihn ansah. „Wenn meine Enkeltochter schreit, brauche ich ein Feuerwerk von ihnen!“ flüsterte er ihm zu.
Razor zog die Augenbrauen zusammen. „Wie meinen sie das?“
Francesco lächelte geheimnisvoll. „Das werden sie schon sehen!“ Dann wandte er sich ab und beschleunigte seine Schritte in Richtung einer Rampe, die in einem geschwungenen Bogen hinauf zum gewaltigen Burgtor führte.
Die unmögliche Hoffnung
Die Welt um sie herum stand still und ihr Herz setzte für einen einzigen, aber langen Schlag einfach aus.
Doch in ihrem Inneren tobte ein unfassbarer Sturm, wie Talea es noch niemals zuvor gespürt hatte und trieb ihren Verstand bis weit über die Grenzen der Vernunft hinaus, dass sie absolut nicht sicher war, ob sie jemals wieder zurückfinden würde.
Dann begann ihr Herz wieder zu schlagen, so wild, so kraftvoll, so aufgeregt, dass sie fühlen konnte, wie ihr Blut in ihren Adern pulsierte und hören, wie es in ihren Ohren rauschte. Sie war der Ohnmacht näher, als dem Bewusstsein. Ihr ganzer Körper erzitterte, ein heißkalter Schauer nach dem anderen durchzuckte ihn.
Und doch änderte sich das Bild vor ihren Augen nicht. Wurde teilweise unscharf, weil ihr Organismus kurz davor war umzukippen, aber immer noch so klar, dass ihr klar war, dass sie eigentlich nur träumen konnte.
Alles hatte mit dem Brief begonnen, den sie eines Tages auf ihrem Kopfkissen vorfand und in dem ihr Eric mit knappen, aber sehr emotionalen Worten erklärte, dass er im Begriff war, etwas furchtbar Gefährliches zu tun, er es aber tun müsse, weil andernfalls die Konsequenzen weitreichend und absolut katastrophal wären. Er machte zwar nur Andeutungen, doch die reichten bereits aus, um ihre eine eiskalte Gänsehaut nach der anderen zu bereiten. Ganz besonderen Wert legte er darauf, dass er zwar nicht den Auftrag ausführte, für den er vom FBI eigentlich eingeplant gewesen war, dass jedoch niemand, ganz besonders aber nicht sein Arbeitgeber jemals davon erfahren durfte, was er wirklich tat.
Talea machte sich sofort unglaubliche Sorgen, denn dieser Brief war so vollkommen anders, als alles, was in ihrer Ehe sonst vorherrschte: Liebe und Vertrauen.
Natürlich war ihr bewusst, dass Eric durchaus einen gefährlichen Job hatte. Er arbeitete schließlich beim FBI und auch wenn er nur selten im direkten Außeneinsatz war, so besaß er doch eine Schusswaffe und hatte es eben auch manchmal mit gewalttätigen Verbrechern zu tun. Doch natürlich verdrängte sie diesen Gedanken stets, denn ansonsten wäre eine Ehe oder gar die Gründung einer Familie vollkommen undenkbar gewesen. Eric selbst war der wunderbarste Mann, den sie je kennengelernt hatte und sich in ihn zu verlieben war daher quasi nur ein Klacks gewesen. Er war gebildet, sanft, sah absolut umwerfend aus, war sehr fantasievoll in vielen Dingen, verantwortungsbewusst und stark, sowohl in körperlicher, als auch in mentaler Hinsicht. Jeden Tag gab er ihr das Gefühl, dass Beste zu sein, was ihm je passieren konnte und ein ganz besonderer und wertvoller Mensch. Und zu ihren beiden Kindern war er ungeheuer liebevoll und ein echter Vater, wie man ihn sich wahrlich wünschte.
Taleas Leben war schlichtweg wundervoll zu nennen gewesen, der Schatten einer möglicherweise drohenden Katastrophe praktisch nicht vorhanden.
Jetzt aber war diese absolut greifbar und schon am nächsten Tag, als ein schwarzer Buick vor ihr Haus gefahren kam und ihm zwei Männer in schwarzen Anzügen, Sonnenbrillen und steinharten Gesichtszügen entstiegen, real. Denn noch während sie sich dem Haus näherten, wusste sie bereits, was sie ihr sagen würden. Sie begann zu zittern, ihre Knie wurden butterweich, sie spürte, wie die Dunkelheit einer Ohnmacht nach ihr griff. Es gelang ihr, sich noch zur Haustür zu schleppen, sie zu öffnen und wie durch einen Schleier zu hören, was ihr der ältere Mann mit versteinerter Miene zu sagen hatte. Zumindest bis zu dem entscheidenden Wort, dann umgab sie nur noch tiefste Schwärze. Dass sie zusammengesackte, bekam sie schon nicht mehr mit.
Im Krankenhaus dann realisierte sie erst richtig, was geschehen war. Laut FBI war Eric nur verschollen, doch sie wusste ja, dass dies nicht stimmte, dies aber gleichzeitig nur heißen konnte, dass er tot war. Es begann eine unendlich lange und unendlich qualvolle Zeit des Schmerzes und der Trauer, die sie jedoch tagsüber mit aller Macht unterdrückte, da sie natürlich für ihre Kinder stark sein musste und kein Abbild des Elends sein durfte. Nachts hingegen, wenn die beiden schliefen, durchlebte sie die absolute emotionale Hölle.
Vollkommen überraschend und zu einem Zeitpunkt, an dem sie allmählich lernte, mit dem Schmerz zu leben oder besser zumindest nicht mehr daran zu zerbrechen, kam dann der Anruf eines Mannes namens Douglas Maroon, der behauptete, ihren Mann gekannt zu haben und er einen Freund habe, der mit ihr reden wollte.
Obwohl sie ablehnen wollte, erkannte sie eine ehrliche, echte Traurigkeit in der Stimme des Mannes, die sie berührte und letztlich zustimmen ließ, sich mit ihm zu treffen.
Es sollte ein Treffen werden, dass sie niemals je wieder vergessen konnte und ihre Sicht der Dinge auf so furchtbare Art und Weise radikal veränderte.
Bevor sie aber wirklich verstand, was ihr da ein über aller Maßen trauriger und illusionsloser, vor allem aber gebrochener Mann namens Christopher Freeman mit dem wohl schmerzvollsten Blick, den sie je gesehen hatte, erzählte, durchlebte sie eine irrsinnige Achterbahnfahrt der Gefühle.
Danach war ihr klar, wie Eric wirklich gestorben war, aber auch, dass jede Spekulation über ein mögliches Überleben zerstört war. Und obwohl sie wusste, dass Eric für eine unglaublich ehrenvolle Sache gestorben war, spendete es ihr keinerlei Trost und der Schmerz und die Trauer blieben in voller Härte vorhanden.
Doch während Christopher Freeman New York verließ, blieben Douglas und ganz besonders seine Frau Cynthia immer in ihrer Nähe und wurden alsbald zu sehr guten Freunden.
Treffen jedoch mussten anfangs noch heimlich stattfinden, denn Douglas wurde wegen der Geschehnisse rund um das WTC noch immer von allen möglichen Organisationen unter die Lupe genommen.
Als es dann aber ruhiger um ihn und die Sache wurde, verabredeten sich Talea und Cynthia eines Abends zum Essen. Talea versprach ihre Freundin abzuholen und kam, nachdem sie ihre Kinder zu ihren Schweigereltern gebracht hatte, nur wenige Minuten zu spät. Obwohl Cynthia Pünktlichkeit sehr schätzte, stand sie noch nicht wartend am Straßenrand und kam auch nach zwei Minuten noch nicht aus dem Haus. Talea beschloss daher, bei ihrer Freundin zu klingeln. Cynthia öffnete auch sofort, doch fand sie ihre Freundin in einer höchst erregten, ja fast aufgelösten Verfassung vor. Offensichtlich stritt sie mit Douglas, der ebenfalls anwesend war.
Talea wollte eigentlich sofort wieder gehen, doch Cynthia forderte sie auf zu bleiben und erzählte ihr auch ohne Umschweife, was der Grund für den Disput mit ihrem Mann war.
Eine Minute später war Talea wie vor den Kopf gestoßen, doch spürte sie in ihrem Inneren eine lang nicht mehr gekannte Erregung, die auf sie beinahe wie eine Droge wirkte.
Douglas hatte Cynthia gebeichtet, dass er sie – und auch Talea - die ganze Zeit über angelogen hatte. Das Tor zur Hölle war in jener Nacht nicht zerstört worden, sondern Douglas hatte es in einer reinen Bauchentscheidung an sich genommen und an einen sicheren Ort gebracht. Die nächsten Monate war er dann ständig überwacht worden, sodass er keine Gelegenheit hatte, sich mit ihm zu beschäftigen. Niemandem etwas von seiner Existenz zu verraten empfand er als absolut notwendigen Selbstschutz für sie alle.
Als aber die Überwachungen nachließen, tat Douglas das, von dem er sich geschworen hatte, es als Erstes zu tun: Er kontaktierte Francesco del Pieros Frau Francesca in Italien. Die erklärte ihm sofort geradeheraus, er könne getrost Tacheles mit ihr reden, weil sie vollkommen mit der Arbeit ihres Mannes vertraut war. Sie wusste um den Henker des Teufels und um seine wahre Existenz. Ihre Stimme klang traurig, doch als Douglas ihr den Grund für seinen Anruf mitteilte, wurde sie schlagartig nervös und sagte, sie würde