Die Expedition. Axel Schade
und fliegt mit mir viele tausend Jahre zurück. Wo landen wir da? Auf einem recht wüsten Planet Terra, der am Anfang seiner Entwicklung steht.
Urterraner schlurfen dröge vor sich hin grunzend, erst halbwegs aufrecht gehend, durch die spärlich bewachsene öde Gegend. Schmutzig, ungepflegt, voller Ungeziefer, mit langen verfilzten Haaren und fusseligen Rauschebärten. Ein beschämender Anblick. Bemitleidenswert unansehnlich! Doch ihre Männer toppten das locker!
Diese einfältigen sabbernden grunzenden Kerle roch man schon mindestens 126 Meter gegen den Wind! Sie verströmten den abartigen Gestank einer exquisiten Mischung aus Dreck und Unrat jeglicher Couleur. Grundbausteine dieser Komposition setzten sich aus verwesenden pflanzlichen und fleischlichen Nahrungsresten in Mund und Brustbehaarung zusammen. Der dampfende Odem des Mundgullis hätte, nach heutigen Hygienestandards bemessen, zur sofortigen Isolierung der Person, in einer hermetisch von der Außenwelt abgeschlossenen luftdichten Kabine, geführt. Doch wer denkt, das sei alles gewesen mit der Beschreibung des Gestanks, der kann froh sein, damals nicht dabei gewesen zu sein! Das war bei weitem nicht alles, was der maskuline Haudegen auf der Palette hatte. Ich sage nur ein Wort: Achselhöhlen! Der Mief des verklebten Buketts der mehrschichtigen dort angesammelten Schweißsekretion, gehörte heutzutage auf die Liste der weltweit verbotenen Nervengase und war zudem auch noch leicht entflammbar. Zu diesem Ensemble gesellten sich tröpfchenweise Beigaben verklebten Urins an den Beinen, die in der Spargelzeit geruchstechnisch etwas überwogen. Ein munterer Kleintierzoo bewohnte die Intimregion zwischen Anus und Hodensack. Was da abging, liebe Leute, schildere ich aus ästhetischen, moralischen, humanitären, und weiteren Abgründen lieber nicht. Da geht Tierschutz eindeutig vor! Abgeschlossen ward das blumige Arrangement der Aromen durch die fantasievollsten Duftvariationen von Käsefüßen. Wie man aus dieser blumigen Beschreibung des virilen Körpergeruchs erfährt, handelte es sich um ein extraordinär exklusives Aroma, welches die maskulinen Stinkbomben verströmten. Nichts anderes, als exakt dieser pestartige Geruch, erwies sich letztlich als das Hauptproblem für den Fortbestand des terranischen Urmenschen! Denn der Gestank lockte seinen größten Feind an. Den Dennissaurus Rex!
Der Dennissaurus Rex war ein unentwegt schlecht gelaunter, gänzlich humorloser Geselle mit riesigem Maul, messerscharfen Zähnen und unstillbarem Hunger. An erster Stelle seiner Speisekarte standen Stinke Terraner. D. Rex liebte ihren penetranten Körpergeruch, den er als pikant und deliziös empfand. Darum rotierte Tagsüber nur ein Gedanke in seinem erbsengroßen Hirn: Terraner jagen zwecks Nahrungsaufnahme. Die Urterraner fanden das nicht gut und knurrten. Sie verweilten in ihrer geistigen Entwicklung gerade in der intellektuellen Findungsphase. Das Verknüpfen der Synapsen durch vielfältige Schlüsselreize stand aktuell nicht auf ihrer Agenda. Viel mehr als Knurren und Sachen nicht gut finden, schafften sie kaum. Um es unmissverständlich zu sagen: Der IQ reichte bei den Vollpfosten gerade so weit, dass sie sich nicht auf die Füße oder in die eigene Wohnhöhle schissen. D. Rex lichtete in schöner Regelmäßigkeit, die nicht allzu dichten Reihen der schmackhaften Terraner. Das führte um ein Haar zum frühen Aussterben der jungen Rasse. Glücklicherweise hielt das Schicksal kräftig dagegen. Eine unbeabsichtigte Beobachtung sicherte das Überleben der Spezies. Diese bedeutende Episode ereignete sich wie folgt: Beim sonntäglichen Spaziergang machte ein männliches Zwillingspaar (8 & 9 Jahre alt) eine Entdeckung. Die Jungen hörten auf die Namen Mono und Stereo. Die Beiden wuchsen ohne großen äußeren Druck auf und konnten sich frei entfalten. Ihre Mutter Hi und ihr Vater Fi, gehörten zur repressionsfreien Waldoofbewegung. Sie verfolgten einen Erziehungsstil, der Kinder den Belastungen der Wirklichkeit von klein auf unverschleiert aussetzt. Hi und Fi akzeptierten das Verhalten ihrer Brut, wie es war. Sie beschränkten deren Handlungsspielräume und Autonomie in keiner Weise. Trotzdem hielten Mama und Papa immer ein waches Auge auf die Kleinen und ließen sich nicht von den Plagen veräppeln. Hi und Fi wussten genau, das Mono und Stereo Typen waren, die nicht immer die Wahrheit sagten. Sie wussten genau, das Mono log. Darum zweifelten sie zunächst, ob die Geschichte, die ihnen die Jungs auftischten, wirklich stimmte.
Mono und Stereo beobachteten einen D. Rex beim „in den Wald kacken“. Der Saurier machte es sich gerade gemütlich um die Verrichtung einzuläuten, als die Kinder um die Ecke bogen. Der Ort war ihnen wohlbekannt, es handelte sich um das Nussabbaugebiet ihres Stammes. Die Sträucher hingen voller Nüsse aller Arten. Nun hockte der dicke Saurier kackend mitten in den Nahrungsmitteln und schnupperte zum Zeitvertreib mit seinem Nüschel an den Ästen der Nusssträucher. Weit blähten sich dabei die Nüstern des Urviehs. Nach einigen Minuten musste D. Rex stark husten. Dem Husten folgten Prusten und Japsen und er schnappte nach Luft. Knallrot traten beide Augen weit aus ihren Höhlen. Tränenflüssigkeit floss in Bächen seine Wangen hinab. Der Nüschel schwoll rasant und blähte sich zu enormer Größe. Man meinte, das Riechorgan wolle jeden Moment platzen. Schließlich hustete D. Rex nochmal, dann fiel er um. Tot!
Die Urzeitbrüder Mono und Stereo sahen sich überrascht an. „Wenn das mal nicht eine anaphylaktische Reaktion auf Nüsse war!?“, grunzte der kleine Mono in urzeitlichem Idiom. „Richtig Mono!“, gab ihm der Zwillingsbruder Recht. „Das weiß ja jedes Kind, das Nussallergie Symptome bei einer isolierten Allergie meist stärker sind. Da kommt es hopplahopp zu Atemnot, Kreislaufzusammenbruch oder einer Anaphylaxie. Ich kann mich deiner Meinung vorbehaltlos anschließen!“, knurrte Stereo auf einfache kindliche Weise und bestätigte somit die profunde Diagnose seines Vorredners. Kaum zurück im sechsten Stockwerk der Wohnhöhlenanlage, berichteten die aufgeweckten Buben ihren Eltern Hi und Fi vom Erlebten. Diese wollten erst nicht glauben, was sie hörten, denn sie wussten ja, das Mono log. Sie hörten zum Vergleich Stereo, das überzeugte sie.
Trotz des Faktums, dass es sich bei ihren Diagnosen allein um Phantasien zweier primitiver terranischer Höhlenmenschenkinder handelte, trafen die Jungs mit ihren infantilen Spekulationen den Kern der Sache, was ergo bestätigt: Kindermund tut Wahrheit kund! Jahrtausende später erwies sich mittels Radiokohlenstoffdatierung, dass D. Rex an einer genetisch bedingten Nussallergie litt! Und zwar nicht allein der „In den Wald Kacker“, sondern ausnahmslos alle Dennissaurus Rex!
Was für ein Segen, dass Waldoof der Namentänzer in der Nachbarschaft lebte! Hi, Fi, Mono und Stereo berichteten Waldoof vom D. Rex und dem Geschehenen. Waldoof erdachte daraufhin eine Methode, um den D. Rex im Kampf zu besiegen. Dazu entwickelte er einen Dennisprügel. Dieses flache Holz ist dem irdischen Cricket Schläger nicht unähnlich. Mittels des Dennisprügels schlug man eine Nuss in Richtung des Nüschels vom D. Rex. Traf die Nuss in den Nüschel, war es um den Saurier geschehen. Im Laufe der Zeit spezialisierten sich Terramenschen immer mehr und setzten sich letztendlich als Führungswesen durch.
D. Rex zog es vor, auszusterben. Nachdem sich D. Rex derart unsportlich aus dem Tagesgeschehen verabschiedete, merkten die Urterraner alsbald, dass etwas im Leben fehlte. Jetzt schlug die große Stunde des pfiffigen Poriss Pecka. Er dachte die Idee von Waldoof weiter und ersann das Dennis Spiel mit all seinen Regeln. Und nicht nur das. Poriss erdachte allerlei Nützliches mehr. Lasst uns einen Blick in sein Leben werfen: Poriss wusch sich und roch gut! Er war ein sauberer junger Mann, der aus der urzeitlich geprägten Sozialgemeinschaft auffallend herausstach. Sein Hang zur Körperpflege stempelte ihn zum absoluten Außenseiter in der archaischen Männerwelt. Alle Y-Chromosom-Träger seines Stamms verachteten Poriss deswegen. Die bekamen echt voll krass einen derartigen Hals auf ihn, Wahnsinn! Und als ob es nicht reichen würde, das Poriss der Körperpflege frönte, stellte sich im Laufe des Heranwachsens bei ihm Ungeheuerliches heraus. Poriss verfügte nicht im Mindesten über das geringste Talent zur Jagd! Das ging ja gar nicht! Doch, ging es! Und zwar Schlimmer! Er sammelte Beeren, Nüsse und Kräuter wie ein Mädchen und den Feierabend verbrachte Poriss damit, leise Lieder zur Laute zu singen. Wenn er nicht sang oder komponierte, experimentierte er mit Pasten. Das Zusammenrühren von Salben und Cremes betrachtete man im gesellschaftlichen Kontext der terranischen Urzeit mit skeptischer Zurückhaltung. Durch dieses unmännliche Verhalten rutschte er im Ansehen bei seinen Geschlechtsgenossen unten durch. Mit Vorurteilen behaftet, gleichgesetzt mit nebulöser Scharlatanerie und Zauberkunde, fristete Poriss ein einsames Leben am Rande der Öffentlichkeit. Ein von der Gesellschaft ausgegrenzter drogistischer Sonderfall!
Er machte den intellektuell unbelasteten Männchen Angst! Was die aber nie zugegeben hätten. Sie konnten nicht das Geringste mit dem fortschrittlichen Poriss anfangen. Wen wundert´s? Ein durchschnittlicher Urterraner konnte kognitiv nicht ansatzweise