Liebesbriefe von Alice.. Alice Zumbé

Liebesbriefe von Alice. - Alice Zumbé


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zu hören, die einen Hauch internationales Flair in meine Ohren bliesen und mich an ferne Länder und meine Reisen dorthin erinnerten. Wunderbar. Beseelt und glücklich für den Moment gab ich mich den naheliegenderen Erinnerungen hin, die mich zu meinem wöchentlichen Treffen mit meinem Schriftsteller-Kollegen und Freund führten. Dabei handelt es sich um eine sehr inspirierende Zusammenkunft, die sich in diesem Jahr neu gefunden hatte und mir ein paar angenehme Stunden des Austauschs zur Literatur, Philosophie und anderen spannenden Themen bescherte. Natürlich durfte auch das Thema „Liebe” nicht fehlen und wie Du sicher mit einem Schmunzeln bemerken wirst, brachte ich dies vorzugsweise zur Sprache.

      So ergab es sich, dass ich auf eine Geschichte zu sprechen kam, die mir einst über eine Dokumentation vermittelt wurde. Dort stellte man sie unter dem Titel „Besuch aus der Südsee” dem breiten Publikum vor und nachdem ich mir die englische Original-Version „Meet the natives” auf youtube noch einmal anschaute, berührte mich wieder das Gehörte, das von Weisheit, Klugheit und Liebe getragen wurde. Deshalb erzähle ich Dir nun von dem glücklichsten Volk der Welt.

      Auf der Südsee-Insel Tanna, die östlich von Australien im Südpazifik gelegen ist und zum Inselstaat Vanuata zählt, dem insgesamt 83 Inseln angehören, lebt ein Volk, das Prinz Philip, den Gemahl der britischen Königin, als den wiedergeborenen Sohn ihres Gottes verehrt. Aus diesem Beweggrund heraus wurden im Frühjahr 2007 fünf Botschafter dieses Volkes mit dem Auftrag nach Großbritannien entsandt die fremde Kultur dort kennenzulernen und Prinz Philip aufzusuchen. Diesen wollten sie dann darum bitten sie zurück auf die Insel zu begleiten, da sie der Auffassung waren, dass die Zeit für ihn gekommen ist in die Heimat zurückzukehren und ihnen Reichtum und ewiges Leben mitzubringen. Ein letztes Mal vor ihrer Abreise versammelten sich die fünf Gesandten und der Häuptling unter ihnen bekundete eine Art Verhaltenscodex: „Wir repräsentieren unsere Gemeinschaft auf unserer Reise und müssen unseren Respekt vor den Menschen in England zeigen. Wenn wir dort sind, nehmt nichts, was uns nicht gehört. Geht nicht alleine irgendwo hin und abschließend: wenn Ihr einem hübschen Mädchen begegnet, bitte berührt sie nicht. Bitte beachtet dies bis zu unserer Rückkehr.” Dann entledigten sie sich ihrer traditionellen Kleidung, zogen sich um und begaben sich auf die lange Reise.

      Ihr fünf Wochen andauernder Aufenthalt in England führte die fünf Botschafter an verschiedene Orte des Landes und zu Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen aus verschiedenen Gesellschaftsschichten Englands. So trafen sie auf eine Schweine-Züchter Familie der Middleclass in Norfolk, auf eine Familie der Workingclass in Manchester und auf eine Familie der Upperclass auf ihrem Herrensitz in Northumberland, die sie jeweils einluden für ein paar Tage an ihrem Leben teilzunehmen und so einen Einblick in ihre Sitten und Gebräuche und dem alltäglichen Zusammenleben zu erhalten.

      Ihre erste Station in Norfolk war vor allem von einem großen, persönlichen Interesse begleitet, da ihr Volk in Tanna ebenfalls mit Schweinen lebte. Die Gastgeber-Familie gewährte ihnen dann auch einen Einblick in ihre Schweinezucht, die bei den fünf Gesandten doch so manche Frage aufwarf. Am merkwürdigsten erschien ihnen dabei der Prozess der künstlichen Besamung. So vertraten sie die Ansicht, dass auch Schweine einen realen Kontakt zu ihrem Partner und Sex mit diesem haben möchten. Menschen und Tiere wären in dieser Angelegenheit doch gleich und diese Art der Beschäftigung sollte doch dann auch privat gehalten werden. Dies gar in der Öffentlichkeit zu praktizieren – sie erhielten einen direkten Einblick in den Besamungsprozess – wenn andere Menschen zusahen, schien ihnen nicht angemessen. So erzählten sie von ihrem Umgang mit den Schweinen in ihrer Heimat. Dort lebten sie miteinander in der Gemeinschaft, behandelten die Tiere mit Respekt und ließen dem natürlichen Vorgang der Fortpflanzung seinen Lauf.

      Beim Abendessen mit der Gastgeber-Familie wurden noch viele Fragen und Antworten über die jeweiligen Lebensgewohnheiten ausgetauscht und die fünf Gesandten ließen es sich auch nicht nehmen ihre Dankbarkeit für die Gastfreundschaft zum Ausdruck zu bringen. Für sie bedeutete das Zusammensitzen und das gemeinsame Mahl unendlich viel, denn es repräsentierte für sie einen Ausdruck von Liebe und Respekt. So äußerten sie auch, dass doch der Sinn des Lebens darin bestehe gemeinsam Dinge zu tun, damit alle ein besseres Leben führen können. Ein schöner Gedanke und besonders zauberhaft ist mir ihre Beschreibung zum Sinn ihrer dunklen Hautfarbe und der hellen ihrer Gastgeber in Erinnerung. Es ist nämlich so: „Die weiße Haut ihrer Gastgeber ist wie ein weißes Blatt Papier und ihre dunkle Haut ist wie Tinte. Wenn nun beide aufeinandertreffen und sich miteinander verbinden, entstehen die schönen Geschichten, die es zu erzählen gibt.”

      Ein späterer Besuch im örtlichen Pub sorgte bei den fünf Männern für einige Verwirrung. Für sie, die einen Versammlungsort in ihrem Dorf dazu nutzten, um wichtige Entscheidungen zu treffen, schien dieser Ort nun nicht unbedingt damit vergleichbar, denn sie zweifelten daran, dass die Menschen dort immer wussten was sie sagten, da doch der Alkohol so seine Wirkung zeigte und auch beachtlich dazu beitrug, dass die Lautstärke dermaßen anstieg, dass wohl ein vernünftiges Wort eher unwahrscheinlich wurde. Eine Begegnung mit einem Jäger in den nächsten Tagen, der der übermäßigen Anzahl von Hasen in diesem Teil der Erde „Herr“ werden sollte, rührte diesen derart zu Tränen, dass er sich sehr für das Interesse und Verständnis der fünf Männer bedankte und anmerkte, dass seiner Ansicht nach beides bei den Menschen in England verloren gegangen wäre. Zum Ende ihres Besuches hinterließen die fünf Repräsentanten von Tanna auf der Abschiedsveranstaltung in der Dorfhalle ihre Botschaft an die Menschen das Leben in Liebe, Frieden und Eintracht zu gestalten und in Harmonie miteinander zu leben. Eine Botschaft ihres Volkes, das es für sinnlos erachtet einen Menschen zu töten.

      Derweil verloren sie auch nicht ihr eigentliches Ziel der Reise aus den Augen: der Besuch von Prinz Philip. So stellten sie all ihren Gastgebern immer wieder dieselben Fragen, ob diese ihn kennen würden und ob sie wüssten, dass er ursprünglich von Tanna käme. Dann erzählten sie ihre Geschichte dazu und trotz der nicht ganz einfach erscheinenden Erfüllung ihres Ziels, vertrauten sie darauf Philip zu treffen, weil sie daran von Herzen glaubten und so folgten sie weiter ihrem Weg.

      In Manchester wurde ihr Aufeinandertreffen mit den Menschen wieder vom liebevollen und aufmerksamen Umgang miteinander getragen. Doch sollten sie in dieser Stadt auch mit den Schattenseiten der Gesellschaft in Berührung kommen. So bemerkten sie Armut und Obdachlosigkeit, zeigten ihr Mitgefühl für die betroffenen Menschen und ihr Unverständnis dafür, dass in einer augenscheinlich so reichen Stadt mit ihren stattlichen Gebäuden Menschen in Armut und auf der Straße leben mussten. Sie vermittelten ihrer Gastgeber-Familie, dass der Sinn des Gesehenen wohl darin bestand, dass sie diese wiederum auf die Missstände aufmerksam machten, deren Augen und Bewusstsein dafür öffneten, damit sie sich kümmern konnten. Begleitet von dem Glauben daran, dass Philip, der Sohn ihres Gottes, einst nach England gesandt wurde, um die negativen Einflüsse auf die ursprüngliche Kultur zu beseitigen.

      Die letzte Station ihrer Reise bei einer Gastgeber-Familie führte die fünf Gesandten dann nach Northumberland in das Schloss eines Lords und den Seinen. Die Upperclass öffnete ihre Türen. Auch dieser Besuch gestaltet sich zu einer lehrreichen Zeit für beide Seiten. Zum wiederholten Male trafen Gastfreundschaft auf Herzlichkeit und gegenseitige Neugier auf Interesse am anderen. Zu sehen und zu hören gab es Geschichten zu den Vorfahren des Schlossherrn, ein herrschaftliches Bankett mit Anzug und Fliege und zur äußersten, freudigen Überraschung der fünf Gäste ein Foto von Philip und dem Hausherrn, dem ein Besuch des Prinzen auf dem Schloss vorausgegangen war.

      Wie es nun weiter ging? Nun, liebster Freund, ich möchte Dir die Freude an dem Erlebnis nicht nehmen die Dokument Ion selbst zu sehen. Ich selbst hatte sehr viel Vergnügen daran und das selbige wünsche ich Dir auch. So viel möchte ich an dieser Stelle allerdings noch verraten oder anders ausgedrückt, Dich fragen. Wie sollte es möglich sein, dass fünf Gesandte des glücklichsten Volkes der Welt, wie sie sich immer wieder glaubhaft selbst bezeichneten und die die Liebe im Gepäck mit sich führten, ihren Herzenswunsch nicht erfüllt bekommen? Hiermit enden für heute meine Zeilen an Dich und ich verabschiede mich.

      In Liebe,

      Alice

      PS. Abschiedsworte der fünf Gesandten aus Tanna für Dich – vom glücklichsten Volk der Welt.


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