Liebesbriefe von Alice.. Alice Zumbé

Liebesbriefe von Alice. - Alice Zumbé


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erholsamen Schlaf, vor allem sehr viel Zeit zum Nachdenken. Erfahrungsgemäß gestaltete sich die Kombination von „krank sein” und „Alleine-Zeit” in meinem Leben bisher immer eher als schwierig und so steuerte ich zunächst durch die Tiefen meiner Seele, die so manches verborgene nach oben spülten. Mittlerweile hatte ich allerdings auch gelernt, dass dies ein Zeichen dafür war Veränderungsprozesse einzuleiten. Unverarbeitete Gefühle drangen dann nach oben, da jegliche Möglichkeit sie zu verdrängen durch die Krankheit genommen wurde und es folgten Gedanken zum „Warum”, um ein Verständnis dafür zu entwickeln, welche Ereignisse der Vergangenheit noch auf meinen Schultern lasteten, damit ich sie endlich akzeptieren und loslassen konnte.

      Im Laufe meines Lebens erreichten mich so manches Mal Ansichten von Menschen, die sich nicht allzu viel Zeit nahmen ihr Seelenleben zu durchforschen oder sich gar über die Themen dieser Welt Gedanken machten oder es sogar für überflüssig hielten. Ich erinnere mich noch an Gespräche darüber ob es nun Fluch oder Segen sei, wenn man sich die Zeit für diese Gedanken nahm. Interessiert haben mich persönlich immer am meisten die Menschen, die sich die Zeit nahmen, um in die eigene Welt und die um sie herum einzutauchen. Schriftsteller, Philosophen, Wissenschaftler, Visionäre, Träumer, Künstler – Wo wäre die Menschheit heute, wenn es sie nicht gegeben hätte!? Könntest Du Dir das vorstellen?

      Ich kann und möchte es mir nicht vorstellen, zu dem ich dann auch meine eigene Existenz in Frage stellen würde und das wäre sicher nicht hilfreich. Darüber hinaus liebe ich es zu denken, ist es doch auch ein wesentlicher Bestandteil meiner schriftstellerischen Tätigkeit. Themen, die mir wichtig sind aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten, sie zu erforschen, von vorne nach hinten zu drehen bis mir manchmal selbst der Kopf schwirrt. Ab und an geschieht dann ein kleines Wunder, wenn mein Geist zuvor ruhte und plötzlich von irgendwo aus den Tiefen meiner Seele ein Gedanke dringt und mich zu einer wunderbaren Idee inspiriert, die ich nun Wirklichkeit werden lassen kann. Und wenn ich weiter so darüber nachdenke, dann habe ich schon als jüngeres Kind damit begonnen viel Zeit damit zu verbringen nachzudenken. Zum einen war dies mit Sicherheit meinem Hang zu Abenteuern, meiner Neugierde auf die Welt und meiner ausgeprägten Fantasie zu verdanken, die besonders noch durch das Lesen vieler Bücher angeregt wurde. Zum anderen war meine reale Welt um mich herum von Dingen geprägt, die im Verborgenen lagen. Geheimnisse, die meine Neugierde weckten und mich hinter die Kulissen blicken ließen. Sie lehrten mich im Leben mich nicht von Oberflächlichkeiten beeindrucken zu lassen, ganz gleich wie sehr sie auch glänzend erscheinen.

      Der Fluch oder anders betrachtet die Herausforderung beim Nachdenken ist es dann wohl, wie bei den meisten Dingen im Leben, immer wieder die Balance zu finden und sich nicht nur in Gedanken zu verlieren, sondern stets einen Ausgleich zu schaffen. Die Balance war mir etwas verloren gegangen und die Erkältung zwang mich schließlich zur Ruhe zu kommen. Zudem wurde mir bewusst, was meinen Geist nicht mehr ruhen ließ und ich schaltete es nicht nur im übertragenden Sinne einfach ab. Es wurde zu einer Auszeit aus der virtuellen Welt und so drückte ich den Ausschalten-Knopf meines Smartphones, denn ich hatte mich ein Stück weit abhängig gemacht. Facebook, Twitter, Instagram, WhatsApp, email Account, Statistikseiten und unzählige Nachrichten aus aller Welt beherrschten für eine Zeit lang meinen Verstand und bei vielem fragte ich mich schon eine ganze Weile: „Was hat das noch mit Liebe zu tun?” Spätestens da wurde mir klar, dass vieles davon mit meinem persönlichen Leben überhaupt nichts zu tun hatte und es Zeit wurde meinen Fokus wieder auf die reale Welt zu richten, denn da findet das Leben schließlich statt. So besann ich mich wieder auf das Wesentliche und zunächst galt es dafür Sorge zu tragen wieder gesund zu werden. Den Umstand der „Alleine-Zeit” versuchte ich als simple Tatsache zu akzeptieren, die nichts mit der Verbundenheit zu Menschen zu tun hatte, für die mein Herz schlug und so ließ ich nach und nach Ruhe einkehren.

      Vor ein paar Tagen konnte ich es dann wieder wagen ein paar Schritte nach draußen zu machen, um meine Umgebung zu erkunden und Neues zu entdecken. Ich verbrachte wieder etwas Zeit in Cafés, beobachtete die Menschen um mich herum und nutzte die Gelegenheit in Magazinen zu stöbern. Das hatte mir früher schon immer viel Freude gemacht und so wurde mein Interesse auf den ein oder anderen interessanten Artikel gelenkt. Besondere Aufmerksamkeit genoss dabei ein Interview mit dem Schauspieler Antonio Banderas, der gerade seinen neuen Film bewarb und einige persönlichen Fragen beantwortete. So erfuhr ich von mancher gefährlichen Situation in seinem Leben, von seinem späten beruflichen Erfolg und dass er aus einfachen Verhältnissen stammte. Das Interview erwies sich als ein kurzer, spannender Einblick in die Gedankenwelt dieses Menschen.

      Überdies wurde ich für einen Moment wieder an die Literatur von Jane Austen erinnert. Mein Blick gleitete durch den Raum und über die vielen anderen Café-Gäste, als er an einem Herrn hängen blieb, der mich in seiner gesamten Erscheinung an die Beschreibung von Mr. Darcy aus „Stolz und Vorurteil” erinnerte. Seine Haltung und seine Kleidung hätten auf den Status eines englischen Lords schließen können und sein nachdenklicher, melancholisch erscheinender Gesichtsausdruck ließ meine Fantasie eine Vorstellung davon bekommen, wie in den Erzählungen von Jane Austen Elizabeth Bennet Mr. Darcy vor mehr als zweihundert Jahren wahrgenommen hatte. Eine Beobachtung, die mich zum Schmunzeln brachte.

      Mein vorübergehender Abschied aus der virtuellen Welt hat mir wieder präsenter vor Augen geführt, was im Leben wesentlich ist und wie wichtig es ist von Zeit zu Zeit abzuschalten, zur Ruhe zu kommen, um sich selbst wieder zu finden. Dann öffnet sich auch wieder langsam der Raum für Neues, für Träume und Ideen, über die ich so gerne nachdenke. In einer Dokumentation über einen betagten, schweizer Bergsteiger, der viel in seinem Leben erlebt und schon viele Freunde in den Bergen verloren hatte, endeten seine Erzählungen mit den Worten: „Doch am Ende zählt nur eins – die reale Zeit, die man mit den Freunden verbringt.” In diesem Sinne verabschiede ich mich bei Dir für heute und widme mich noch etwas meiner Genesung.

      In Liebe,

      Alice

      PS. Abschließend möchte ich Dir noch ein paar Worte von Antonio Banderas darbieten, die mir aus der Seele sprechen.

       “Mein Herz hängt nicht an Dingen, sondern an Menschen.”

      16. März 2016: Der Fluss des Lebens.

      „Lieber Freund,

      es geht mir erfreulicherweise wieder besser. Zum einen verdanke ich dies der Tatsache, dass die Erkältung mich aus ihren Fängen langsam entlassen hat und zum anderen darf ich Dir mit Freude verkünden, dass das Glück sowohl an meine Tür, als auch an die eines mir nahestehenden Menschen geklopft hat. Und was kann schöner sein, als diese glücklichen Momente dann miteinander zu teilen. Überdies ist es mir gelungen mich aus einigen Abhängigkeiten zu befreien, die mir nicht mehr gut taten, so dass ich es bei der einen oder anderen Gelegenheit bereits schmerzlich zu spüren bekam. Gerade erfüllt es mich sogar mit Stolz, dass ich die Konsequenzen überwinden konnte und wieder einmal feststellte, wozu ich imstande bin, wenn ich die inneren Kräfte mobilisierte, mir mit Selbstachtung begegnete und die Veränderungen einläutete, die notwendig sind. In meinem letzten Brief an Dich erwähnte ich bereits, wie ich mir des Öfteren in letzter Zeit die Frage stellte, was so manches, das in meinem Leben eingezogen war, noch mit Liebe zu tun hatte. Losgelöst von den Abhängigkeiten führte es mich wieder einmal zur Selbstliebe und bescherte mir Schritt für Schritt mehr inneren Frieden und Gelassenheit. In den letzten Tagen lernte ich von neuem einiges über mich selbst und stellte fest, wenn ich mich voller Vertrauen dem Fluss des Lebens hingab und mich in Geduld übte, überraschte mich dieser mit tollen Begegnungen, glücklichen Momenten und ließ mich meine Liebe zum Leben spüren. Langsam zogen auch erneut Träume durch meine Seele und meinen Geist und zeigten mir, dass ich mich auf meinem Weg befand und nach vorne schaute. Da ich dabei auch das Hier und Jetzt nicht aus den Augen verlor, standen mir dann unverhofft auch hilfreiche Gedanken anderer beiseite, die meinen Weg kreuzten.

      Ein Gedankenaustausch, der meine Fantasie beflügelte, ergab sich durch eine zauberhafte Begegnung mit einer bisher unbekannten Dame, deren Name mich an eine Lady erinnerte, die einst das Herz des sagenumwobenen Robin von Locksley, besser bekannt auch als Robin Hood, eroberte und seine Liebe entflammte. Besagte


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