Fälle und Lösungen zum Eingriffsrecht in Nordrhein-Westfalen. Christoph Keller

Fälle und Lösungen zum Eingriffsrecht in Nordrhein-Westfalen - Christoph Keller


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bei a. A. Anhörung entbehrlich, § 28 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG64

      – bei Anlass: § 56 Abs. 4 PolG NRW, § 55 Abs. 3 PolG NRW

      III. Materielle Rechtmäßigkeit der Vollstreckungsmaßnahme

      1. Zulässigkeit des Zwangs (§ 50 Abs. 1 PolG NRW)

      a) Vollstreckbare Grundverfügung

      aa) Wirksamkeit

      – ordnungsgemäße Bekanntgabe, § 43 VwVfG NRW

      – keine Nichtigkeit nach § 44 VwVfG NRW

      bb) Inhaltliche Vollstreckbarkeit

      – Befehlender Verwaltungsakt (Handeln/Dulden/Unterlassen)

      cc) Formelle Vollstreckbarkeit

      – Bestandskraft oder

      – sofortige Vollziehbarkeit gem. § 80 Abs. 2 Nr. 2 VwGO

      dd) Nichterfüllung der durch die Grundverfügung auferlegten Pflicht

      b) Konnexitätsgrundsatz

      2. Zulässigkeit des Zwangsmittels (§ 51 PolG NRW)

      a) Ersatzvornahme (§ 52 PolG NRW)

      b) Zwangsgeld (§ 53 PolG NRW)

      c) Unmittelbarer Zwang (§§ 55, 58 PolG NRW)

      3. Art und Weise der Zwangsanwendung

      a) Ersatzvornahme, § 56 PolG NRW, unter Hinweis auf Kostenmitteilung

      b) Zwangsgeld, § 56 PolG NRW, Androhung in bestimmter Höhe;

       Festsetzung, § 53 Abs. 1 und 2 PolG NRW

      c) Unmittelbarer Zwang, § 61 PolG NRW

      4. Bei Anlass: Besondere Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen

      a) Fesselung (§ 62 PolG NRW)

      b) Schusswaffengebrauch (§§ 63–65 PolG NRW)

      5. Ermessen

      6. Übermaßverbot

      a) Geeignetheit

      b) Erforderlichkeit

      c) Verhältnismäßigkeit

      IV. Ergebnis

      § 50 Abs. 1 PolG NRW beschreibt die polizeiliche Grundkonstellation von „Befehl und Zwang“. Das bedeutet, dass die Polizei nach Erkenntnis einer Gefahrenlage einen Verwaltungsakt (§ 35 Satz 1 VwVfG) erlässt, durch den der Adressat aufgefordert wird, durch zwecktaugliches Verhalten (= Tun, Dulden oder Unterlassen) die Gefahr abzuwehren.

      Durch polizeiliche Zwangsmaßnahmen wird – je nach Fallgestaltung und Zwangsmittel neben dem (subsidiären) Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) – häufig in unterschiedliche besondere Freiheitsrechte eingegriffen, zu nennen sind vor allem

      – Art. 2 Abs. 1 GG (Allgemeine Handlungsfreiheit, z. B. durch Festsetzung von Zwangsgeld)

      – Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG (Körperliche Unversehrtheit, z. B. Anwendung unmittelbaren Zwangs)

      – Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG (Recht auf Leben, z. B. durch „Finalen Rettungsschuss)

      – Art. 13 Abs. 1 GG (Unverletzlichkeit der Wohnung, z. B. durch Eindringen in Wohnung)

      – Art. 14 GG (Ersatzvornahme, z. B. durch Abschleppen eines Fahrzeugs, Schusswaffengebrauch gegen Sachen).

       zu I. Ermächtigungsgrundlage

      Nach Darlegung des Grundrechtseingriffs und der Zielrichtung (Verweis auf Grundmaßnahme) ist die Ermächtigungsgrundlage festzulegen. In Betracht kommt § 50 Abs. 1 PolG NRW. Ob im konkreten Fall das eingesetzte Zwangsmittel als Ersatzvornahme (§ 52 PolG NRW), Zwangsgeld (§ 53 PolG NRW) oder unmittelbarer Zwang (§§ 55, 57 ff. PolG NRW) zu bewerten ist, muss an dieser Stelle noch nicht entschieden werden.

       zu II. Formelle Rechtmäßigkeit

       Zuständigkeit

      Es gilt der Grundsatz, dass diejenige Behörde für die Anwendung von Zwangsmitteln zuständig ist, die die zu vollstreckende Grundverfügung erlassen hat (Prinzip der Selbstvollstreckung). Für die Vollstreckung nach dem VwVG NRW, das für die Polizei nicht einschlägig ist, ist dieser Grundsatz in § 56 VwVG NRW geregelt: Ein Verwaltungsakt wird von der Behörde vollzogen, die ihn erlassen hat.

       In der Klausur ist es vertretbar, zur Begründung der sachlichen Zuständigkeit „nach oben“ auf die vorgängige Prüfung der Grundverfügung zu verweisen.


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