Wenn die Nacht stirbt und die Zeit still steht. Lisa Lamp

Wenn die Nacht stirbt und die Zeit still steht - Lisa Lamp


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nicht genug Grund zur Sorge, dass ich verfrüht in die Wechseljahre kam – nein, ich war auch noch frustriert und hatte Hitzewallungen.

      »Nein«, schrie Hunter entrüstet und schloss die Augen, als würde er sich schämen, dass ich so etwas von ihm glauben konnte. »Ich hab den Schutzwall der Schule an manchen Tagen auf Rabianas Wunsch lahmgelegt, aber bitte glaub mir, ich hatte keine Ahnung, dass sie es an diesem Tag auf Jaimie abgesehen hatte und es war das letzte Mal, dass ich irgendetwas für diese Frau getan habe.« Meine Knie zitterten unaufhörlich, als Hunter seine Lippen langsam auf meine senkte. Ich hatte ihm noch nicht vergeben. Vielleicht konnte ich es nie, aber für heute hatte ich genug gekämpft und ich hatte meine Antwort bekommen. Hunter hatte Jaimie nicht wissentlich verletzt und war das nicht auch etwas wert? Ich wollte ihm glauben und festgehalten werden. Nur für einen Augenblick. Niemand konnte mir so viel Halt geben wie Hunter. Ich wusste nicht, was aus uns werden würde, und wahrscheinlich war es egoistisch von mir, ihn in dem Glauben zu lassen, dass zwischen uns wieder alles gut werden würde, aber er hatte Schlimmeres getan, als mich in Sicherheit zu wiegen. Ich hatte kein schlechtes Gewissen, als ich meinen Mund leicht öffnete und keuchte. Seine Zunge leckte über meine obere Zahnreihe und glitt in meine Mundhöhle. Ich hatte diesen Geschmack vermisst, genauso wie das Kribbeln in meinem Bauch, das sich anfühlte, als würden tausende Raupen sich zu Schmetterlingen verwandeln. Hunter vergrub seine Hand in meinem Nacken und ich legte meine Arme um seine Mitte. Die Ecke eines Bücherrückens drückte sich gegen meinen Kopf, als er sein Gewicht auf mich lehnte und seinen Körper an meinen presste. Es tat weh und ließ sich nicht ignorieren, auch wenn ich mich auf Hunters lustvolle Geräusche konzentrierte. Einen Moment löste ich mich von ihm, um meine Position zu verändern, als ein Schnauben erklang. Erschrocken fuhren wir auseinander und sahen uns nach dem Störenfried um.

      »Lasst euch nicht stören«, zischte Mary, die den Raum betrat, und holte Hunter und mich aus unserer Blase. Sie zog arrogant eine Augenbraue nach oben und lehnte sich lässig gegen den Türrahmen, um uns weiter zu beobachten. Hunter drehte den Kopf in ihre Richtung, entschied aber, dass sie keine Gefahr darstelle und wollte einfach wieder seine Lippen auf meine drücken. Ich zuckte zurück und rückte von ihm ab. Ich war nicht scharf darauf, mich von ihr bespannen zu lassen, während Hunter mich küsste. Mein Gemahl schien das zu bemerken und runzelte die Stirn.

      »Mary, würdest du uns bitte alleine lassen?«, fragte mein Gemahl freundlich und drehte seinen Kopf in ihre Richtung. Trotzdem blieb seine Hand in meinem Nacken und streichelte meinen Haaransatz. Obwohl seine Stimme keinen Groll erahnen ließ, zeigten seine Augen, dass Mary unerwünscht war. Sie schienen Funken zu sprühen und er drückte seinen Körper näher an mich, um zu signalisieren, dass er nicht gewillt war aufzuhören, um ihr mehr Beachtung zu schenken.

      »Das würde ich zu gern, aber deine Mutter schickt mich«, säuselte Mary und ich sah mich nach einem Buch um, das schwer genug war, damit die Jägerin starb, wenn ich es ihr für diese Lüge an den Kopf warf. Sie würde sich lieber beide Augen ausstechen und sie anschließend essen, statt uns allein zu lassen. Sie hasste mich. Jeder Blinde konnte das sehen. Ich war wie ein Dorn in ihrer Haut. Ich schmerzte, verursachte gerötete Stellen und wäre ihrer Meinung nach am besten operativ entfernt worden.

      »Egal, was sie mit mir zu besprechen hat, es kann warten«, antwortete Hunter ungeduldig und senkte seinen Kopf wieder. Er leckte sich verheißungsvoll über die Lippen, als sie über meinen schwebten, und wollte sie gerade sinken lassen, als Mary uns abermals unterbrach.

      »Was kann wichtiger sein, als Rabianas Sturz zu planen?«, hinterfragte Mary spitz und mein Gemahl seufzte schwer, während ich die Augen verdrehte. Noch nie hatte ich eine Person kennengelernt, die derart penetrant war wie diese hochnäsige Jägerin.

      »Das darf nicht wahr sein«, murmelte er flehend, als würde er die Göttin persönlich bitten, Mary in Rauch aufgehen zu lassen, aber als das nicht passierte, sah er auf. »Dass es Read gut geht, dass niemand meiner Freunde verletzt ist, dass sie alle mir wieder vertrauen, dass ich die schönste Frau der Welt im Arm halten und sie um den Verstand küssen kann. Wenn du mich so fragst, würden mir eine Menge Dinge einfallen.« Das Streicheln in meinem Nacken stoppte und Hunter fuhr meine Schultern entlang und meinen Arm hinunter, bis er bei meiner Hand ankam und sie mit seiner verschränkte, als würde er seine Worte unterstreichen wollen. Marys Gesichtszüge entgleisten einen Augenblick, bevor sie sich wieder fasste und die Lippen zu einem dünnen Strich verzog. Hatte Hunter sich beim Essen wirklich überrumpeln lassen und die Flirterei nichts zu bedeuten?

      »Morena will nichts von dir. Sie bittet deine Freundin zum Gespräch«, verkündete Mary und grinste hämisch, als ich Hunter verunsichert ansah. Was seine Mutter wohl von mir wollte? »Ich soll Read in ihr Büro bringen und du solltest zu deinem Bruder gehen. Er will immer noch nicht mit Morena sprechen, aber er hat sich bereit erklärt mit dir zu reden.« Noch bevor Mary ihren Satz beendet hatte, hatte Hunter meine Wange geküsst, mich fragend angesehen und war nach einem Nicken meinerseits aus dem Raum gestürzt. Die beiden Brüder würden die Zeit brauchen, sich auszusprechen, während ich mit Bloody Mary allein war, die mich anstarrte, als wäre ich die Ausgeburt der Hölle. Ich schwöre, wenn sie plötzlich aus den Augen geblutet hätte, wäre ich schreiend vor ihr weggelaufen, Mel. Aber das tat sie nicht. Auch wenn das schöner gewesen wäre, als ihr boshafter Gesichtsausdruck. Sie hatte etwas Gruseliges an sich, das mich an hinterlistige Mörderinnen aus Filmen erinnerte und an Horrorclowns, die lächelten und es trotzdem schafften, dass man das Gefühl hatte, gleich sterben zu müssen.

      »Stimmt etwas nicht?«, fragte ich sie scheinheilig und stemmte die Hände in die Hüften, wobei ich meinen Hüftknochen mit den Fingern ertasten konnte. Angriff war die beste Verteidigung, richtig? Vielleicht konnte ich meine Unsicherheit überspielen, indem ich sie mit der Wahrheit konfrontierte: Ich war die Königin und Hunter gehörte mir. Bei normalen Menschen hätte es funktioniert, Mel. Aber Mary war nicht normal. Sie begann schallend zu lachen und hielt sich den Bauch, als hätte ich einen Witz gemacht. Ob sie den Verstand verloren hatte?

      »Du stimmst hier nicht«, entgegnete sie. Schlagartig wurde sie wieder ernst und jeder Ausdruck von Belustigung war aus ihrem Gesicht verschwunden. Ob Schizophrenie in ihrer Familie weit verbreitet war?

      »Dass Hexen bösartig sein können, war mir schon immer klar. Einige wie Morena haben mir gezeigt, dass es nicht alle sind, aber du gehörst zur schlimmsten Sorte. Vier Wochen hatten deine Freunde Ruhe vor dir. Hunter hat sich auskuriert, nach dem, was du ihm angetan hast, er hat seiner Mutter geholfen und war nett zu mir. Zwischen uns entwickelte sich etwas und kaum schlägst du deine Augen auf, war unsere Mühe, ihn aufzubauen, umsonst. Wie ein Hund hechelt er dir hinterher und du nutzt es schamlos aus. Zum Glück bist du ab morgen nicht mehr unser Problem. Morena erwartet dich in fünf Minuten. Ich würde sie nicht warten lassen. Viel Spaß beim Suchen.«

      Mary machte auf dem Absatz kehrt, warf mir ihre Haare ins Gesicht und stolzierte davon. Wow! Ich wusste, dass ich in Panik verfallen oder mich wenigstens ärgern sollte, weil ich keine Ahnung hatte, wo dieses Büro lag, aber ich tat es nicht. Weil mich die Bitte von Morena Morgan nicht interessierte und ich Bissigkeit von Nicole gewohnt war, doch die Eisprinzessin war kälter, gemeiner. Sie wusste, wie man die Schwachstelle von jemandem gegen einen verwendete. Sie hatte es jahrelang perfektioniert. Mary hingegen hatte zwar eine hübsche Tirade gehalten, aber sie hatte sich im Grunde selbst heruntergeputzt, indem sie zugegeben hatte, dass ich Hunter wichtiger war als sie und das stärkte meine Selbstachtung auf eine Weise, die die Jägerin vermutlich nicht nachvollziehen konnte. Trotzdem hinterließen ihre Worte einen faden Beigeschmack, weil es mir wieder unter die Nase rieb, dass Hunter und ich nicht gut füreinander waren und ich nicht wusste, was in den vier Wochen passiert war, in denen ich unbeweglich im Bett gelegen hatte. Anstatt den Gedanken in meinen Kopf sickern zu lassen, setzte ich mich in Bewegung und verließ die Bibliothek. Auf jeden Fall wollte ich wieder zurückkehren, um eins der Bücher zu lesen, oder am besten alle. Aber das würde ich nicht, Mel. Dazu würde es nicht mehr kommen, doch das muss ich Dir ja nicht erzählen.

      Ich schlenderte durch die Gänge, die wie ausgestorben waren, in der Hoffnung jemanden zu finden, der mir den Weg zeigen konnte, aber ich kam an niemandem vorbei und ich fand auch nicht zurück zum Aufenthaltsraum. Vielleicht hätte ich doch darauf achten sollen, wohin Hunter mich führte, anstatt mich von seinem Geruch


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