Три товарища / Drei Kameraden. Эрих Мария Ремарк

Три товарища / Drei Kameraden - Эрих Мария Ремарк


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Brokatsessel können Sie haben. Stellen Sie die roten Plüsch solange in den Salon.«

      »Danke schön. Morgen bringe ich alles zurück. Den Teppich auch.«

      »Teppich?« Sie drehte sich um. »Wer hat denn hier ein Wort vom Teppich gesagt?«

      »Ich. Und Sie auch, eben gerade.Der gehört doch dazu«, sagte ich. »Die Sessel stehen doch drauf.«

      Ich war dabei, meine Bude auszuschmücken. Nachmittags hatte ich mit Patrice Hollmann telefoniert. Sie war krank gewesen, und ich hatte sie fast eine Woche nicht mehr gesehen. Jetzt waren wir um acht Uhr verabredet, und ich hatte ihr vorgeschlagen, bei mir zu essen und nachher in ein Kino zu gehen. Die Brokatsessel und der Teppich wirkten pompös; aber die Beleuchtung dazu war schrecklich. Ich klopfte deshalb nebenan bei der Familie Hasse, um mir eine Tischlampe auszuleihen. Frau Hasse saß müde am Fenster. Ihr Mann war noch nicht da. Er arbeitete jeden Tag freiwillig ein bis zwei Stunden länger, um nur ja nicht entlassen zu werden.

      Sie holte mir die Lampe. Dann ging ich zu Erna Bönig, um mir ihr Grammophon zu holen. Erna kniete vor ihrem Koffer nieder und suchte mir eine Anzahl Platten heraus.

      »Wollen Sie Foxtrotts?« fragte sie.

      »Nein«, erwiderte ich. »Ich kann nicht tanzen.«

      Sie sah erstaunt auf. »Sie können nicht tanzen? Ja, was machen Sie dann, wenn Sie ausgehen? Ein Mann, der nicht tanzen kann, wäre bei mir abgemeldet.«

      »Aber es gibt ja auch noch andere Platten. Sie spielten da neulich eine sehr schöne – es war eine Frauenstimme mit so einer Art Hawaiimusik…«

      »Ah, die ist fabelhaft. ›Wie hab‘ ich nur leben können ohne dich…‹, nicht wahr?«

      »Richtig!«

      Ich packte aus, was ich zum Abendbrot eingekauft hatte, und machte alles zurecht, so gut ich konnte. Aus der Küche war keine Hilfe für mich zu erwarten. Aber es ging auch so, und bald kannte ich meine alte Bude nicht wieder in ihrem neuen Glanz. Die Sessel, die Lampe, der gedeckte Tisch – ich spürte, wie eine unruhige Erwartung sich in mir sammelte. Ich brach auf, obschon ich noch über eine Stunde Zeit hatte. Draußen wehte der Wind. Die Laternen brannten schon.

      Die Haustür klappte.

      »Hallo«, sagte Patrice Hollmann, »so tief in Gedanken?«

      »Nein, gar nicht! Aber wie geht es Ihnen? Sind Sie wieder gesund? Was haben Sie denn gehabt?«

      »Ach, nichts Besonderes. Erkältet und ein bißchen Fieber.«

      Sie sah gar nicht krank und angegriffen aus, Im Gegenteil, – ihre Augen waren mir noch nie so groß und strahlend erschienen, ihr Gesicht war ein wenig gerötet.

      »Sie sehen prachtvoll aus«, sagte ich. »Ganz gesund! Wir können eine Menge unternehmen.«

      »Das wäre schön«, erwiderte sie. »Aber heute geht es nicht. Ich kann heute nicht.«

      Ich starrte sie verständnislos an. »Sie können nicht?«

      Sie schüttelte den Kopf. »Leider nicht.« Ich begriff immer noch nicht. Ich glaubte, sie hätte sich das mit meiner Bude anders überlegt und wollte nur nicht bei mir essen.

      »Ich habe schon bei Ihnen angerufen«, sagte sie, »damit Sie nicht vergebens kämen. Aber Sie waren schon weggegangen.«

      Jetzt verstand ich endlich. »Sie können wirklich nicht? Den ganzen Abend nicht?« fragte ich.

      »Heute nicht. Ich muß irgendwohin. Leider habe ich es auch erst vor einer halben Stunde erfahren.«

      »Können Sie das denn nicht verschieben?«

      »Nein, das geht nicht.« Sie lächelte. »Es ist so etwas wie eine geschäftliche Sache.«

      Ich war wie vor den Kopf geschlagen. Mit allem hatte ich gerechnet, nur damit nicht. Ich glaubte ihr kein Wort. Geschäftliche Sache – sie sah nicht nach geschäftlichen Sachen aus! Wahrscheinlich war es nur eine Ausrede. Sicher sogar. Was konnte man abends schon für geschäftliche Besprechungen haben? So was machte man vormittags! Und man erfuhr es auch nicht erst eine halbe Stunde vorher. Sie wollte einfach nicht, das war alles. Ich war auf eine kindische Weise enttäuscht. Jetzt spürte ich erst, wie sehr ich mich auf den Abend gefreut hatte. Ich ärgerte mich darüber, daß ich so enttäuscht war, und ich wollte nicht, daß sie es merkte.

      »Also schön«, sagte ich, »dann ist nichts zu machen. Auf Wiedersehen.«

      Sie sah mich forschend an.

      »So eilig ist es nicht. Ich bin erst um neun verabredet. Wir können noch etwas Spazierengehen. Ich war die ganze Woche nicht draußen.«

      »Gut«, sagte ich.

      Ich fühlte mich plötzlich müde und leer. Wir gingen die Straße entlang. Der Abend war klargeworden, und die Sterne standen zwischen den Dächern. Patrice Hollmann blieb stehen.

      »Wie schön das ist, wenn man so lange im Zimmer gewesen ist! Zu schade, daß ich fort muß! Dieser Binding – immer eilig und im letzten Moment –, er hätte wirklich die Sache auf morgen verlegen können!«

      »Binding?« fragte ich. »Sie sind mit Binding verabredet?«

      Sie nickte. »Mit Binding und noch jemand. Auf diesen Jemand kommt es an. Ernsthaft geschäftlich. Können Sie sich das denken?«

      »Nein«, erwiderte ich, »das kann ich mir nicht denken.«

      Sie lachte und sprach weiter. Aber ich hörte nicht mehr zu. Binding – das war mir wie ein Blitz in die Knochen gefahren. Ich dachte nicht daran, daß sie ihn viel länger kannte als mich. Das Mädchen paßte ja überhaupt nicht zu mir! Was war ich denn schon? Ein Fußgänger, der sich mal einen Cadillac geborgt hatte, eine Schnapsdrossel, nichts weiter! So was war an jeder Straßenecke zu finden. Zurück, dachte ich, rasch zurück! Eine Ahnung, eine Hoffnung – was war schon viel gewesen! Es war sinnlos, sich darauf einzulassen. Nichts wie zurück!

      »Wir können uns morgen abend treffen, wenn Sie wollen«, sagte Patrice Hollmann.

      »Morgen abend habe ich keine Zeit«, erwiderte ich.

      »Oder übermorgen oder irgendwann in dieser Woche. Ich habe in den nächsten Tagen nichts vor.«

      »Es wird schwierig sein«, sagte ich. »Wir haben heute einen eiligen Auftrag bekommen, da müssen wir wahrscheinlich die ganze Woche durch bis nachts arbeiten.«

      Es war Schwindel, aber ich konnte nicht anders. Wir überquerten den Platz und gingen die Straße am Friedhof entlang. Ich merkte, daß sie mich ansah.

      »Ich glaube, wir müssen jetzt umkehren«, sagte sie.

      »Ja«, erwiderte ich, »das glaube ich auch.«

      Wir standen vor der Haustür.

      »Leben Sie wohl«, sagte ich, »und viel Vergnügen noch.«

      Sie antwortete nicht. Mit ziemlicher Mühe brachte ich meine Augen von dem Klingelknopf an der Tür los und sah sie an. Ihre Augen flimmerten, und dann lachte sie, herzlich und unbekümmert, sie lachte mich einfach aus.

      »Sie Kindskopf«, sagte sie, »o Gott, was sind Sie noch für ein Kindskopf!«

      Ich starrte sie an.

      »Na ja. Sie finden mich wohl etwas idiotisch, was?«

      Sie lachte. Rasch machte ich einen Schritt vor und zog sie fest an mich, mochte sie denken, was sie wollte. Ihr Gesicht war dicht vor mir, ich spürte den schwachen Pfirsichgeruch ihrer Haut – dann näherten sich ihre Augen, und ich fühlte plötzlich ihre Lippen auf meinem Mund – Sie war fort, ehe ich richtig wußte, was los war.

      Ich ging zurück und kam an Muttchens Wurstkessel vorbei.

      »Gib mir mal eine große Bockwurst«, sagte ich strahlend.

      »Mit Senf?« fragte Muttchen in ihrer sauberen, weißen Schürze.

      »Mit sehr viel Senf, Muttchen!«

      Ich aß die Wust genießerisch im Stehen auf und ließ mir aus dem International von Alois


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