STILLER TOD. Rachel Amphlett

STILLER TOD - Rachel  Amphlett


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schloss die Augen und vergrub sein Gesicht in ihren Haaren. »Ich habe absolut keine Ahnung«, murmelte er. »Aber ich werde es herausfinden.« Er schnaubte. »Denn seien wir mal ehrlich, im Moment habe ich sowieso nichts Besseres zu tun.«

      Sie zog sich etwas zurück und hob das Kinn, Tränen schimmerten in ihren Augen. »Sei vorsichtig, verstanden?«

      »Versprochen.«

      Sarah schniefte und drückte ihn ein letztes Mal an sich, dann ging sie quer durch den Raum zu dem Tisch, auf dem sie in der vorherigen Nacht ihre Tasche abgelegt hatte und zog ein Taschentuch hervor.

      Dan warf einen Blick auf den gepolsterten Umschlag, der aus der Tasche hervorragte. »Wolltest du mir nicht letzte Nacht etwas zeigen?«

      Sie hob ihre Augenbraue. »Wollte ich, aber du warst ja abgelenkt.«

      Er grinste. »Genauso wie du. Also komm schon. Gieß uns noch etwas Kaffee nach und gib mir das mal rüber. Was ist das überhaupt?«

      Erleichterung durchströmte seinen Körper, als er bemerkte, wie sie sich zusammenriss und dann den Ordner aus ihrer Tasche nahm und zu ihm hinübergleiten ließ.

      »Schau dir das erst mal an und dann werde ich dir dazu einige Fragen stellen.«

      Während sich Sarah an der Kaffeemaschine zu schaffen machte, öffnete Dan den Umschlag und zog dessen Inhalt heraus.

      Zuoberst lagen die Kopien von Polizeiberichten über einen tragischen Vorfall, bei dem drei Männer getötet worden waren. Keine vierundzwanzig Stunden nach den ersten Berichten enthielten die folgenden Polizeiberichte kaum neue Informationen.

      Dan überflog die Dokumente nur noch und schob sie dann zur Seite, bevor er ein größeres Bündel Unterlagen durchblätterte, die von einem Metallclip zusammengehalten wurden. Auf der Vorderseite war direkt über dem Titel Umweltverträglichkeitsgutachten das Logo eines Unternehmens aufgestempelt worden. Das Dokument hatte offenbar jemand von der Webseite des Projektes heruntergeladen. Ein Bericht, der der Öffentlichkeit zugänglich war und der von der Regierung überprüft und abgesegnet worden war, bevor die Probebohrungen begonnen hatten.

      »Hast du einen Textmarker für mich?«

      »In meiner Handtasche … bedien’ dich.«

      Er zog die Tasche zu sich heran und streckte suchend seine Hand hinein, dann fluchte er leise, weil seine Finger alles außer einem Textmarker ertasteten.

      »Weib, was zur Hölle hast du denn da alles drin?«

      »Nur das Nötigste. Versuch's mal mit der Innentasche.«

      Dan öffnete die Innentasche und schnappte sich den ersten Textmarker, den er finden konnte, dann schob er erleichtert die Handtasche von sich.

      Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Bericht zu und begann, dessen Inhalt zu überfliegen.

      In seiner früheren Karriere als Geologe hatte er viele Berichte wie den mitverfasst, den er gerade in den Händen hielt, und wusste daher genau, dass sie alle einem bestimmten Schema folgten.

      Er ließ den Anfang des Berichts schnell links liegen, da dieser sich mit der Geschichte des Projektes und des Abbaugebietes beschäftigte und nahm sich stattdessen die Abschnitte vor, in denen beschrieben wurde, wie der Kunde und sein Auftragnehmer das Projekt durchführen und sich mit eventuellen Umweltbeeinträchtigungen auseinandersetzen wollten.

      Er grunzte dankbar, als Sarah eine frische Tasse Kaffee vor ihm auf dem Tisch stellte, danach hörte er, wie sich ihre Schritte durch den Flur in Richtung Badezimmer bewegten. Als die Dusche zu rauschen begann, blätterte er eine weitere Seite um, markierte jeden Satz, der seine Aufmerksamkeit erregte und las weiter.

      Nach zehn Minuten legte er den Bericht zur Seite und begann die Unterlagen zu den Prozessen und Arbeitsabläufen des Projektes durchzulesen, die Sarah zugesandt worden waren.

      Er strich mit der Hand über sein Kinn, wobei ihn die Bartstoppeln in die Finger stachen.

       Warum hatte ihr jemand anonym diese ganzen Unterlagen zugeschickt?

      Er griff nach seinem Kaffeepott und trank mehrere große Schlucke, bevor er ihn zur Seite stellte und umblätterte.

      Plötzlich setzte sein Herz für eine Sekunde aus.

      Er blätterte ein paar Seiten zurück, markierte energisch einen ganzen Abschnitt und las dann an der vorherigen Stelle weiter.

      Als Nächstes nahm er sich eine Kopie des ersten Polizeiberichtes vor, den Sarah irgendwie einem ihrer Kontakte abgeschwatzt hatte. Während er die Ermittlungsergebnisse studierte, wurde ihm schnell eine Sache klar: Die Kerle, die den Überfall durchgeführt hatten, waren Profis gewesen. Der Hinterhalt war von Grund auf präzise ausgeführt worden und spiegelte eher einen militärischen Background wider als das Vorgehen einer bunt zusammengewürfelten Aktivistengruppe.

      In seinem Kopf begann sich eine Idee herauszukristallisieren. Er schob den Stuhl vom Tisch weg und fing an, die Dokumente auf zwei Stapel zu verteilen. Sobald er damit fertig war, schob er den größeren Stapel zur Seite und breitete dann jedes Dokument aus dem kleineren Stapel separat auf der Tischplatte aus.

      Irgendwann spürte er eine Bewegung hinter sich.

      »Du warst aber fleißig.« Sarah kam näher, bis sie neben ihm stehen blieb. »Und … was denkst du?«

      Er schlang den Arm um ihre Hüfte und deutete auf die Dokumente, die vor ihm lagen. »Ich denke, du hast dir schon selbst zusammengereimt, dass das ein hervorragend geplanter Angriff war.«

      »Es wirkte auf mich zu koordiniert für eine Aktivistengruppe«, gab Sarah nickend zu. »Und viel zu extrem. Die Ausführung war ja fast schon klinisch, oder?«

      Dan nickte ebenfalls. »Die haben die Bohrstelle bestimmt seit Wochen, wenn nicht sogar seit Monaten beobachtet.«

      »Und wie?«

      Er zuckte mit den Achseln. »Entweder direkt vor Ort, indem sie Männer bei den Probebohrungen dabei hatten, die den Projektfortschritt und die Routinen des Projektteams ausspionierten oder indem sie eine Drohne verwendet haben. Die kann man sich heutzutage ja ganz einfach besorgen. Sie mussten nur hoch genug fliegen, um außer Sicht zu bleiben. Die Männer am Boden hätten das Summen der Drohne beim Krach der Bohrmaschinen auf keinen Fall gehört.«

      Prüfend checkte er die Unterlagen auf dem Tisch. »Ist dir auch eine Kopie des ursprünglichen Ballistik-Berichts zugeschickt worden?«

      Sarah ging suchend um den Tisch herum, dann griff sie auf der rechten Tischseite nach drei Blättern, die sie Dan aushändigte. »Das ist alles, was zu dem Thema dabei war.«

      »In einem der Dokumente steht, dass der Ingenieur, den Mark Harvey ersetzt hat, vor zwei Wochen spurlos verschwunden ist«, sagte Dan. »Hast du irgendwelche Ideen, wo er geblieben sein könnte?«

      »Ich habe tatsächlich vor unserem Abendessen ein paar Erkundigungen eingezogen«, antwortete Sarah. »Man hat seine Leiche unter einer Eisenbahnbrücke in Leeds gefunden. Er wurde totgeprügelt.« Sie deutete auf einen Zeitungsausschnitt, den sie aus dem Internet heruntergeladen hatte. »Die Polizei geht davon aus, dass es ein schiefgelaufener Überfall gewesen ist.«

      »Wie passend.«

      Dan überflog die Informationen und hob dann eine Augenbraue. »Zwei verschiedene Waffen.«

      »Ich bin davon ausgegangen, dass in dem anderen Auto zwei Männer gewesen sind, die beide geschossen haben.«

      Er schüttelte den Kopf. »Nicht, wenn man berücksichtigt, in welcher Lage die beiden Körper gefunden wurden. Hast du einen Stift für mich?«

      »In meiner Tasche.«

      »Da fasse ich bestimmt nicht noch mal rein.«

      Sarah seufzte, öffnete ihre Tasche und gab ihm einen blauen Kugelschreiber.

      »Danke.« Dan überschlug eine Seite und markierte den Schauplatz der Morde. »Das hier meine ich.« Er deutete


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