STILLER TOD. Rachel Amphlett

STILLER TOD - Rachel  Amphlett


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      »Vor allem dann nicht, wenn eventuell enorme Versicherungsansprüche im Raum stehen, was ich mir durchaus vorstellen könnte«, ergänzte Dan. Er legte sein Besteck auf dem Teller ab und griff nach seinem Weinglas. »Was hast du sonst noch herausgefunden?«

      Sarah deutete mit der Gabel auf ihre Tasche. »Ich zeige dir die Unterlagen nach dem Essen. Es wäre mir nur recht, wenn du da mal reinschnuppern könntest, denn ich habe das Gefühl, dass an der Sache mehr dran ist, als es im Moment den Anschein hat. Ich hab nur noch keine Ahnung, was tatsächlich dahinter steckt.«

      »Okay.« Dan beobachtete sie dabei, wie sie genüsslich ihre letzte Bruschetta-Scheibe zerteilte und während sie sich ein Stück Tomate mit Basilikum in den Mund schob, traf sein Blick ihren. »Hör auf, mein Essen anzustarren. Du bekommst davon nichts ab.«

      »Verdammt. Und dabei sieht es so lecker aus.«

      Sie steckte sich den Rest der Weißbrotscheibe in den Mund und ihre Augen funkelten, als sie das Besteck auf ihrem Teller ablegte. »Das war wirklich gut.«

      »Noch einen Schluck Wein?«

      »Gern.«

      »Gibt es denn irgendwelche Verdächtigen?« Dan bemerkte, dass sich Marco ihrem Tisch näherte und hob erneut warnend den Finger. Er vertraute dem Mann zwar vorbehaltlos, aber hier ging es immerhin um laufende polizeiliche Ermittlungen und Dan wollte nicht riskieren, dass Sarah das Vertrauen in ihn verlor.

      Als der Restaurantbesitzer wieder verschwunden war, ließ Sarah spielerisch den Fuß ihres Glases über das Tischtuch kreisen.

      »Soweit ich herausgefunden habe, ist die Polizei auf der Suche nach zwei Personen«, sagte sie dann. »Der projekteigene Geländewagen stand übrigens verlassen neben den Leichen.«

      »Dann haben sie also ein zweites Fahrzeug benutzt.«

      Sie nickte. »Genau. Es gab weitere Reifenspuren, die vom Tatort wegführten und quer über das Gelände zu einem zweiten Sicherheitstor eine halbe Meile entfernt führten.«

      »Bewacht?«

      »Von zwei Wachleuten, die in ihrem Wagen saßen.«

      Dan lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und runzelte die Stirn. »Und die die Männer durchgelassen haben, weil sie wahrscheinlich in einem gestohlenem Projektfahrzeug unterwegs gewesen waren.«

      Sarah schüttelte den Kopf. »Von denen ist keines als verschwunden gemeldet worden, also …«

      »Also haben sie ein Fahrzeug benutzt, das nur so aussah, als gehörte es zum Projekt. Mit magnetischen Aufklebern oder etwas in der Richtung.«

      »Das denke ich auch.«

      »Werden die Identitätsprüfungen am Sicherheitstor irgendwie aufgezeichnet?«

      »Nein. Anscheinend hat jeder Mitarbeiter einen Sicherheitsausweis, also werden keine schriftlichen Aufzeichnungen geführt.«

      »Schlamperei.«

      »Ich weiß. Vor allem, wenn man bedenkt, was für ein Projekt, das ist.«

      Sie verstummten, als Marco mit ihren Hauptgerichten zurückkehrte.

      Während er ihnen Wein nachschenkte, beugte sich Dan über den Tisch und pikste mit der Gabel eine der Spargelstangen von Sarahs Teller.

      Sie seufzte. »Du hättest dir auch selbst welche bestellen können.«

      »Wo bleibt denn da der Spaß?«

      Marco lachte und kehrte kopfschüttelnd in die Küche zurück.

      »Also«, fuhr Dan fort, als Marco wieder außer Hörweite war. »Wer hat dir deiner Meinung nach, die Unterlagen zugeschickt?«

      »Ich habe keine Ahnung.« Sarah zerschnitt enthusiastisch das Essen auf ihrem Teller, bevor sie ihr Wasserglas so hinstellte, dass Dan nicht mehr hinüberlangen und noch mehr von ihrem Dinner stibitzen konnte. »Vielleicht eine der Umweltaktivistengruppen … die sprechen mich immer wieder mal an.«

      »Was war sonst noch in dem Paket?«

      Als Antwort schüttelte sie den Kopf. »Warte, bis du die Unterlagen durchgesehen hast, die ich mitgebracht habe, und dann sag mir, was du davon hältst.« Sie beugte sich vor. »Also, du hast jetzt meine Neuigkeiten gehört. Was ist bei dir so los?«

      »Im Augenblick nicht viel. Ich habe einen neuen Chef. Den habe ich heute Morgen getroffen und jetzt darf ich so lange Däumchen drehen, bis er mich ruft.«

      »Ist das nicht ein bisschen eigenartig?«

      Er zuckte mit den Schultern. »Schwer zu sagen. Er scheint eigentlich ganz sympathisch zu sein. Ach … und sie haben endlich einen neuen Analytiker eingestellt.«

      Sie wurden beide still und genossen gedankenversunken ihr Dinner, bis Sarah schließlich das Schweigen brach.

      »Das muss hart für David gewesen sein.«

      Dan schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass er da groß eine Wahl hatte.« Er legte sein Besteck auf dem Teller ab und griff nach seinem Weinglas. »Da draußen gibt es einfach zu viele Bedrohungen. Das Letzte, was wir uns leisten können, ist unterbesetzt zu sein.«

      »Es muss trotzdem schwierig gewesen sein, jemanden mit diesen Fachkenntnissen zu finden.«

      Dan lachte und erzählte ihr, wie Melissa die Datenbank des MI5 gehackt hatte.

      »Wow. Sie muss wirklich gut sein.«

      »Sie ist eine echte Nervensäge.«

      »Und du nicht?«

      Dan hob eine Augenbraue, zuckte mit den Schultern und gab sich dann in diesem Punkt geschlagen.

      Nachdem Marco ihre Teller abgeräumt hatte und mit ihren Desserts zurückgekommen war, streckte Sarah die Hand aus und legte ihre Finger auf Dans Hand, wobei sie vorsichtig die heilenden Kratzer entlangstrich.

      »Wo warst du?«

      Er hob die Augen, um ihrem Blick zu begegnen. »Osteuropa.«

      »War es übel?«

      Blitzartig erfüllte die Erinnerung an den kalten Gefängnisfußboden seine Gedanken. Er blinzelte kurz und drängte sie hastig zurück. Irgendwann, wenn er allein war, würde er sich mit der Zeit seiner Gefangenschaft auseinandersetzen. Aber nicht hier und bestimmt nicht jetzt.

      »Ja, das war es.«

      »Was ist schiefgelaufen?«, flüsterte sie.

      »Alles.« Er drehte seine Hand um, drückte ihre Finger und rang sich ein Lächeln ab, das seine Augen nicht ganz erreichte. »Iss dein Dessert, sonst mache ich das.«

      Sie verstand den Hinweis und wechselte das Thema. »Hast du schon mit David oder Mitch gesprochen, seit du zurück bist?«

      »Niemand scheint zu wissen, wo die beiden sind.«

      »Was meinst du damit? Sind sie auch in geheimer Mission unterwegs?«

      Er zuckte mit den Achseln. »Das weiß ich nicht. Müssen sie wohl. Im Büro will mir keiner etwas dazu sagen.«

      »Das klingt aber wirklich seltsam.«

      »Das stimmt. Nicht genug damit, dass man mich vor drei Monaten allein losgeschickt hat, jetzt passiert auch noch so was. Ich habe keine Ahnung, was die Männer an der Spitze denken.«

      »Ich bin mir sicher, dass sie ihre Gründe haben.«

      »Sollte man hoffen.«

      Sarah lehnte sich zurück und legte ihren Löffel seitlich auf dem Teller ab. »Mein Gott, das war fantastisch.«

      Dan langte hinüber, stibitzte blitzschnell die Erdbeere von ihrem Teller und steckte sie sich in den Mund. Selbstzufrieden versuchte er, nicht über ihren Gesichtsausdruck zu lachen.

      »Du Bastard, die habe ich mir extra bis zum Schluss aufgehoben!«


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