Schwerwettersegeln. Peter Bruce

Schwerwettersegeln - Peter Bruce


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       Vorwort von Sir Robin Knox-Johnston

      Kein vernünftiger Mensch begibt sich auf See, um in Schwerwetter zu geraten. Doch mit der Länge der auf See zurückgelegten Distanz steigt auch die Wahrscheinlichkeit, schweres Wetter anzutreffen, denn ganz vermeiden lässt es sich nicht. In diesen Situationen wird unsere Seemannschaft auf die Probe gestellt und zu versagen ist keine Option. Deshalb zählt gute Vorbereitung auf Schwerwetter zu den Grundvoraussetzungen eines Törns auf Hohe See oder über den Ozean.

      Diese Vorbereitung beginnt mit der Kenntnis des eigenen Bootes. Selbst Boote des gleichen Typs verhalten sich unterschiedlich, je nachdem wie und wo Ausrüstung und Vorräte gestaut sind. Die genaue Kenntnis, wie sich das eigene Boot unter verschiedenen Bedingungen verhält, ist entscheidend für das Überleben in Schwerwetter. Man sagt, dass der Grundgedanke guter Seemannschaft die Sicherheit ist, und Sicherheit setzt Kenntnis und Vertrautheit mit dem eigenen Boot voraus. Dann kommt als zweiter Punkt die Vorbereitung, welche sowohl das Boot als auch die Crew betrifft. Setzen Sie sich unter Deck, und stellen Sie sich vor, das Boot liegt auf der Seite. Was könnte sich bei dieser Schräglage loslösen? Stellen Sie sicher, dass es sich nicht lösen kann. Sind wichtige Gegenstände schnell zugänglich? Falls nicht, stauen Sie sie dort, wo Sie sie auch in größter Eile noch finden können.

      Die Vorbereitung der Crew steht ebenfalls an erster Stelle. Eine Notsituation kann nur bewältigt werden, wenn die Crew weiß, was zu tun ist. Stellen Sie sicher, dass jeder Mitsegler weiß, wo Ausrüstung gestaut ist, wie nachts in wildem Seegang gerefft wird und wie als letztes Mittel die Sturmsegel gesetzt werden. Üben Sie Mensch-über-Bord-Manöver und erklären Sie, wo sich die Sicherheitsausrüstung befindet und wie sie eingesetzt wird.

      In manchen Reglements ist immer noch ein Trysegel mit separater Mastschiene Vorschrift. Vergessen Sie das! Kaum einer von uns Einhand-Hochseeseglern schlägt sich damit herum, denn Trysegel sind schwierig zu setzen und zu kontrollieren. Lassen Sie sich lieber ein tiefes viertes Reff ins Großsegel machen, mit dem sich die Segelfläche auf Größe eines Trysegels verkleinern lässt. Das ist viel einfacher zu setzen, und man muss sich nicht im Dunkeln auf dem schaukelnden Deck mit Mastrutschern an einer Schiene abplagen. In meinen mehr als 55 Jahren als Segler habe ich nie ein Trysegel mitgeführt, aber immer ein viertes Reff in meinen Großsegeln gehabt, welches in zahlreichen Situation sehr effektiv und auch nötig war.

      Laden Sie die Batterien auf, wenn Schwerwetter angekündigt ist. Sie werden gebraucht, um später den Motor wieder zu starten und um die Elektronik am Laufen zu halten. Beobachten Sie Wind und Wellen, denn davon hängt es ab, wie das Boot in großen brechenden Seen gesteuert werden muss. Eine der schlimmsten Situationen ist eine Kreuzsee, bei der sich erst große Wellen gebildet haben und dann der Wind gedreht hat, sodass jetzt neue Wellen aus anderer Richtung ankommen. Das kann einen zur Verzweiflung bringen, denn das Boot kann günstig zu einer Wellenrichtung ausgerichtet werden, während andere Wellen es mit voller Wucht von der Seite treffen. Was kann man tun? Nun, jeder hat seine eigenen Erfahrungen gemacht, und man muss selbst ausprobieren, was für das eigene Boot am besten funktioniert. Das Buch Schwerwettersegeln gibt dazu mehrere Lösungsvorschläge. Solange ein Boot umsichtig und klug gesegelt wird, sollte es solche Situationen ohne Schaden überstehen.

      Zu der Zeit als ich mit der 9,80 Meter langen SUHAILI um die Welt gesegelt bin, gab es nur den Bericht der Smeetons auf TZU HANG, der Aufschluss geben konnte, was bei einem Sturm im Southern Ocean zu erwarten wäre. Die TZU HANG war größer und war kopfüber gekentert. Ich musste selbst herausfinden, wie ich die SUHAILI daran hindern konnte, die 25-Meter-Wellen hinunterzurauschen, wobei man kaum Ruderwirkung hat, und wie ich sie davon abhalten konnte, vor den Wellenkämmen quer zu kommen, was wohl unwiderruflich zum Durchrollen und Verlust der Masten geführt hätte. Eine über 200 Meter lange, 16 mm starke Leine, die ich in einer großen Bucht hinter SUHAILI ausgebracht hatte, hielt sie mit dem Heck zu den Wellen. So konnte ich beruhigt schlafen, denn ich wusste, dass sie von den Wellenbergen hinunter nicht zu schnell werden und außer Kontrolle geraten konnte. Auf SUHAILI hat das gut funktioniert, doch für ein anderes Boot muss nicht zwangsläufig das Gleiche gelten. Als ich 37 Jahre später am Velux 5 Ocean-Rennen teilnahm, segelte meine 60-Fuß-Yacht so schnell, dass sie vor den Wellen blieb – zumindest die meiste Zeit!

      Das Buch Schwerwettersegeln ist ein Klassiker. Es schildert zahlreiche Erfahrungen, wie sich schweres Wetter meistern lässt, und zwar an Bord sehr unterschiedlicher Yachten. Alle Aspekte, die ich bereits kurz angesprochen habe, werden ausführlich behandelt, so auch die Frage, ob ein Trysegel oder ein viertes Reff im Großsegel die bessere Wahl ist. Ein Buch kann nicht für alle möglichen Situationen, in die man geraten kann, die perfekte Lösung bieten, aber es kann einen großen Erfahrungsschatz vermitteln und Fallbeispiele geben, wie andere Segler schweres Wetter gemeistert haben. So kann jeder für sich selbst die besten Lösungen finden. Falls Sie eine längere Segelreise planen, bei der Land und sichere Häfen hinter dem Horizont verbleiben, zählt die Lektüre der Erfahrungen anderer Segler zur wichtigen Vorbereitung. Schwerwettersegeln liefert genau das – sorgfältig zusammengestellt und sachbezogen.

       Sir Robin Knox-Johnston

       Einleitung

      Adlard Coles, Officer of the British Empire, starb 1985. Er ließ eine große Anzahl von Freunden und Bewunderern zurück. Viele kannten ihn nur von seinen Büchern. Adlard besaß die Fähigkeit, verständlich und klar zu schreiben, und war ein außergewöhnlicher Mann. Obgleich er stets ruhig und sehr freundlich erschien und etwas von einem Poeten an sich hatte, war er trotz seiner Diabetes unglaublich zäh, mutig und entschlossen. Aus diesem Grund kam es nicht selten vor, dass seine COHOE nach einer Sturmregatta an der Spitze der Ergebnislisten stand. Wenn man Adlards bezaubernde Prosa liest, muss man bedenken, dass er äußerst bescheiden war. Seine zurückhaltende Beziehung zu Erfolgen täuscht vielfach über all die erforderlichen Anstrengungen hinweg. Das erklärt auch seine Art, alles herunterzuspielen, was ihm hätte Anerkennung bringen können. Die Windstärken beispielweise, die in seinen Beiträgen zum vorliegenden Buch über Schwerwettersegeln vorkommen, entsprechen voll der Wahrheit und unterliegen nicht im Geringsten dem Vorwurf eines erzählerischen Effekts.

      Die ersten drei in England erschienenen Auflagen dieses Buches hat Adlard Coles herausgegeben – die erste vor über 50 Jahren. Diese neue Ausgabe von Schwerwettersegeln ist meine vierte, sodass die Gesamtzahl der Auflagen bei nunmehr sieben steht. Das ist ein stolzer Rekord der Familien Coles und Bruce, die seit 1950 häufig zusammen gesegelt sind und gearbeitet haben. Ross Coles, der Sohn von Adlard, ist vor Kurzem in die Produktion dieser Auflage eingestiegen.

      Beim Schreiben über einen Sachverhalt, für den viele Leute alles tun, um ihn zu vermeiden, geht mir immer wieder durch den Kopf, dass die erfolgreiche Abwetterung eines besonders schweren Sturms einem Segler ein derartiges Zutrauen in das eigene Können gibt wie nichts anderes. Adlard Coles schrieb mit solch leichter Feder über eine Reihe von Stürmen, die er erlebt hatte, als hätte er bei einer Großwildjagd Trophäen gesammelt. Dennoch spürt man, welch große erzieherische Wirkung und Einfluss sie auf den Charakter haben. Nach einem schweren Sturm ist es leichter, ein Boot sowie die Leistung einer Crew bis zur Erschöpfung zu beurteilen und die Warnsignale zu deuten.

      Das Ziel dieses Buches ist, einen Segler mit speziellen Informationen zum Schwerwettersegeln zu versorgen, wie er sich darauf vorbereiten muss, und anhand von eindrucksvollen Beispielen zu schildern, was passiert, wenn Leute mit ihren Yachten in einen schweren Sturm geraten. Den größten Teil des Buches nehmen die Fachkapitel mit ihren speziellen Informationen ein. Sie sorgen mit einer breiten Palette von Wissen dafür, dass der Leser aus den anschließenden Sturmberichten maximale Schlussfolgerungen für sich ziehen kann und die Prinzipien erkennt, nach denen vorzugehen ist, wenn ein Sturm naht. Die Sturmberichte habe ich sorgfältig zusammengestellt, um ein breites Spektrum an Dilemmas vorzuführen. Der häufige Bezug zu ungewöhnlich hohen Windstärken soll verdeutlichen, was ein spezieller eingeschlagener Weg bei solch extremen Situationen wert ist. Das Buch zeigt aber auch, wohin sich heute die moderne Seemannschaft bei Schwerwetter entwickelt hat, denn die Kenntnisse allgemein sowie über die Bekleidung, das Bootsdesign und die Materialien


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