DARK ISLAND. Matt James

DARK ISLAND - Matt James


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lassen.

      Sie antwortete nicht. Sie starrte ihn bloß an, so wie alle anderen es auch taten, wenn sie ihm das erste Mal begegneten.

      »Die Narben sind auch morgen noch da. Sie können also ruhig aufhören zu glotzen und mir stattdessen sagen, warum Sie hier sind.«

      Sie blinzelte. »Oh … tut mir leid, Mr. Hunt.«

      »Verfluchte Scheiße, hören Sie, ich heiße Ian, okay? Und Sie sind?«

      »Mack.«

      Wieder ruckte seine Augenbraue in die Höhe. »Miss Mack?«

      Sie stieß ein schnaubendes Lachen aus. »Nein, mein Vorname ist Mack.« Sie streckte die Hand aus. »Mackenzie Moore, National Geographic.«

      Jetzt war es an ihm, amüsiert zu schauen. »NatGeo? Was zur Hölle wollen Sie hier?«

      Zwar quittierte sie den Umstand, dass er ihre Hand ignorierte, mit einem Stirnrunzeln, doch als sie sprach, lächelte sie. »Dasselbe wie Sie.«

      Die Frau klatschte ein großes Schwarz-Weiß-Foto auf die Tischplatte. Das Bild zeigte die Knochen einer Kreatur, die er nur allzu gut kannte.

      »Rahonavis ostromi«, sagte er.

      »Sie kennen dieses Tier?«, fragte sie und klang beeindruckt. Für einen Moment schien es, als wollte sie noch etwas hinzufügen, doch dann biss sie sich stattdessen auf die Lippen und schwieg. Ian würde sie eingehender im Auge behalten müssen, um sicherzugehen, dass sie nichts Ungutes im Schilde führte oder zumindest nichts vor ihm verbarg.

      »Lady, ich lebe hier, und das schon ‘ne ganze Weile. Ich habe jedes bekannte Raubtier studiert, das dieses gottverfluchte Land jemals ausgeschissen hat, selbst die ausgestorbenen. Meine Frau gehörte zu den führenden Köpfen dieser ganzen Dinosaurier-Vogel-Evolutionstheorie.« Er tippte auf das Foto. »Vor sieben Jahren kamen wir hierher, um genau dieses Ding zu suchen.«

      Sie glitt zu ihm in die Nische und nahm direkt gegenüber von ihm Platz. Ihr Blick traf den seinen. »Wussten Sie, dass dieses Bild kaum ein Jahr vor dem Tod Ihrer Frau gemacht wurde?« Ian wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Foto zu. Nein, das wusste er nicht. Mack fuhr fort: »Und wussten Sie, dass dieser Kadaver als neuzeitliche Probe datiert ist?«

      Ian blinzelte angestrengt und schüttelte den Kopf. Er wollte sich einen Schluck aus seinem Krug genehmigen, doch der war leer. Stirnrunzelnd signalisierte er Fossa, ihm ein neues Bier zu bringen, bevor er die Rothaarige mit dem Pferdeschwanz mit einem längeren Blick bedachte. Er beschloss, für sie einen Drink mitzubestellen.

      »Mach besser zwei draus, Foss.«

      Ian atmete tief durch.

      »Sie sagten neuzeitlich … Wie neuzeitlich genau?«

      Mack beugte sich dichter zu ihm und grinste. Sie wusste, dass ihm die Antwort auf seine Frage gefallen würde, was immer sie ihm jetzt erzählte. »Als die Testergebnisse vorlagen, glaubten die Verantwortlichen, die Befunde seien fehlerhaft, und taten das Ganze als Schwindel ab.«

      »Wie alt?«, fragte er wieder; ihr dramatisches Getue ging ihm zusehends auf die Nerven.

      Sie lehnte sich zurück. »Die Kreatur war höchstens zwei Wochen tot. An den Knochen klebte noch Blut. Die Leute, die die Überreste fanden, glaubten, das Skelett sei über Nacht von Aasfressern sauber abgenagt worden. Wo sich die Knochen im Augenblick befinden, weiß bedauerlicherweise niemand.«

      Diese Antwort sorgte dafür, dass ihm unwillkürlich die Hände zitterten. Er musste sie zu festen Fäusten ballen, um sie ruhig zu halten. »In Ordnung, Mack Moore von National Geographic. Was wollen Sie?«

      »Eine Wahnsinnsgeschichte daraus machen …« Sie runzelte die Stirn. »Und was Sie betrifft, Ihnen vielleicht dabei helfen, mit der Vergangenheit abzuschließen.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Sie sehen echt scheiße aus, Ian.«

      Er lachte und fuhr sich mit beiden Händen über seinen rasierten Schädel, nicht sicher, was er in diesem Moment sagen oder empfinden sollte. Dies war die Gelegenheit, auf die er die ganze Zeit über gewartet hatte – die Gelegenheit, handfeste Beweise zu finden.

      »Ja, okay, klar …« Er zwang sich zur Ruhe. »Was genau schwebt Ihnen vor?«

      »Wir müssen dem damaligen Tatort einen Besuch abstatten und dort alles auf links drehen. Wir müssen jede Höhle und jede Felsspalte untersuchen und jeden einzelnen Stein umdrehen.«

      Wieder war Ian sprachlos. Mehr als alles andere wollte er der Welt – und auch sich selbst – beweisen, von was Abigail in jener Nacht getötet worden war. Deshalb atmete er tief durch, versuchte, seine Nerven zu beruhigen, blickte Mack unverwandt in die Augen und sagte: »Nein.«

      »Was?!« Ihr verblüffter Ausruf überraschte ihn. Ihre Augen wurden schmal. »Ich fliege den ganzen Weg in der Holzklasse hierher, mit richtigen, handfesten Beweisen im Gepäck, und Sie besitzen die Dreistigkeit, mein Angebot abzulehnen?«

      Ian, der es eher gewohnt war, verbale Abreibungen zu erteilen, als welche zu kassieren, stand auf und ging zur Theke hinüber, verzweifelt bemüht, Abstand zwischen sich und die aufgebrachte Frau zu bringen. Die letzte Frau, die so mit ihm geredet hatte, war Abigail gewesen.

       Doch sie ist damit durchgekommen.

      Mack ließ ihrer zornigen Erwiderung eine brabbelnde Kakofonie von Wiesos und Warums folgen, ehe sie sich an der Bar neben ihn sinken ließ. Sie schnappte sich den zweiten Bierkrug und leerte ihn zur Hälfte.

      Fossa nickte beipflichtend, ehrlich beeindruckt. Dann wandte er seine Aufmerksamkeit den anderen Leuten am Tresen zu. Es waren zwar nicht allzu viele Gäste zugegen, doch er wusste, dass es besser war, Ian nicht zu sehr auf die Pelle zu rücken, wenn er eine seiner Launen hatte.

      So wie jetzt.

      »Es gibt nichts, das mich dazu bringen könnte, nochmal auf diesen Berg zu steigen, Lady.«

      Sie sah ihn an. »Zunächst mal, wenn Sie mich nochmal Lady nennen, sorge ich dafür, dass Ihre rechte Kopfhälfte genauso aussieht, wie die linke. Zweitens: Sie sehen wie ein echter Bilderbuch-Mistkerl aus. Wie wär‘s, wenn ich Sie mit etwas gutem, altem Bargeld dazu überrede, für mich zu arbeiten?«

      Ian schaute ihr in die Augen. Ihr Blick war voller Feuer und Schwefel. Deshalb beschloss er, mitzuspielen, um zu sehen, was sie zu bieten hatte. »Wie viel …?«

      »Fünf Riesen.«

      Ian verschluckte sich und spie sein Lagerbier über die gesamte Theke; einiges landete sogar hinten an der Rückwand. Fossa drehte sich um und warf verärgert die Hände in die Luft, um ihn auf Malagassi mit einem Schwall Unflätigkeiten zu beschimpfen.

      »Fünf Riesen in der hiesigen Währung oder in US-Dollars?«, fragte Ian, ohne den Mann zu beachten.

      Sie grinste. »Was davon wäre Ihnen lieber?«

      Er richtete seinen Blick nach vorn und musterte sein Spiegelbild in der Rückwand der Bar. Er sah wirklich aus wie ein Pirat. Oder vielmehr: wie ein Söldner. Doch andererseits war er ja inzwischen praktisch einer geworden, auch wenn das größtenteils reine Fassade sein mochte. Innerlich war er nach wie vor etwas anderes – etwas Besseres.

      In diesen Breitengraden waren fünf Riesen eine ganze Menge Geld. Selbst die Jobs, die er für Fossa erledigte, brachten ihm im besten Falle jeweils ein paar Hundert Scheine ein. Wenn er mehr verdienen wollte als das, musste er das Land verlassen und sich richtige Arbeit suchen.

      Bei diesem Gedanken biss er die Zähne zusammen. Nein, er würde nicht von hier fortgehen. Noch nicht.

      Ian traf eine rasche Entscheidung und trank den Rest von seinem Bier, wobei etwas davon über sein Kinn und in den Bart lief. Ohne sich die Mühe zu machen, es fortzuwischen, drehte er sich um und schaute seine potenzielle Auftraggeberin an.

      »Wenn ich mich auf diese Sache einlasse, werden wir die Dinge auf meine Art angehen. Außerdem werde ich etwas Hilfe brauchen.«

      »So


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