DARK ISLAND. Matt James

DARK ISLAND - Matt James


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allerdings nicht, dass sie sich in nächster Zukunft nicht noch einmal mit der Sache beschäftigen würde.

      Sie schüttelte den Kopf. »Nein, nein, ich verstehe schon. Ich werde mich dorthin begeben und schauen, wen ich vor Ort anheuern kann. Kriege ich wenigstens meine üblichen Spesen?«

      Julia nickte. »Deine Ausgaben sind gedeckt – jedenfalls bis zu einem gewissen Grad. Du weißt ja, wie die Sache läuft.«

      Mack lächelte. »Klar. Keine nächtelangen Partys, keine harten Drogen.«

      Das entlockte Julia ein Lachen. Dann schlich sich so etwas wie Aufgeregtheit in ihr Gebaren. »Oh, da fällt mir noch etwas ein … und das hat nichts mit dem zu tun, was du gerade über Alkohol und Drogen gesagt hast. In den Arbeitsunterlagen deines Vaters fand sich eine Notiz, in der es darum ging, einen bestimmten Mann aufzusuchen, einen Kerl namens …« Sie blätterte einige Papiere durch. »Ähm, ah, hier. Sein Name ist Ian Hunt. Offenbar hat er einige ziemlich abgedrehte Geschichten auf Lager und schwört Stein und Bein, den – und ich zitiere − Teufel von Madagaskar mit eigenen Augen gesehen zu haben. Das soll zwar schon vor ein paar Jahren gewesen sein, etwa zur Zeit des großen Erdbebens, aber vielleicht ist das ein guter Ansatzpunkt.«

      Der Rest des Gesprächs konzentrierte sich darauf, womit sie es Macks Dad zufolge zu tun hatten und von wem man womöglich sonst noch irgendwelche nützlichen Informationen bekam. Es gab da einen Einheimischen mit verwandtschaftlichen Banden zu der Inselnation, der jedoch als unzuverlässig galt. Doch die ganze Geschichte war ohnehin ein Schuss ins Blaue, und falls überhaupt irgendjemand das Puzzle zusammensetzen konnte, dann war Mack zuversichtlich, dass sie die richtige Frau für diesen Job war.

      Auf dem Weg zu ihrem Schlafzimmer zog sie sich aus und ließ ihren Schlafanzug achtlos auf den Holzboden des oberen Korridors fallen. Ihr Schlafzeug − so hatte ihre Mom das immer genannt – von letzter Nacht bestand lediglich aus einem alten Nirvana-In-Utero-T-Shirt und ihrer Unterwäsche.

      Einer der Vorteile, zuhause zu arbeiten, dachte sie, als sie in nichts weiter als ihren Spitzenpanties den Flur entlangging. Ihre Schritte waren lang und geschmeidig, was im selben Maße auch für ihre Figur galt. Mit einer Größe von knapp einem Meter fünfundsiebzig und der Sportlichkeit einer Athletin war sie wie geschaffen dafür, Hochschul-Volleyball zu spielen – früher war sie sogar in der Uni-Auswahl gewesen. Daher stammte auch ihr Spitzname. Sie neigte dazu, den Ball mit der geballten Kraft eines Mack-Trucks auf das gegnerische Feld zu donnern. Dass ihr Name zu allem Überfluss auch noch mit denselben Buchstaben begann, war reiner Zufall.

      Reiner Zufall … jedenfalls, bis der Ball ihre Hand verließ, ein Mitglied der anderen Mannschaft traf und ihre Gegnerin ins Reich der Träume beförderte. In diesem Moment wurde sie zur Legende. Was bedauerlicherweise ebenso für das Mädchen galt, das sie ausgeknockt hatte.

      Ihr schulterlanges, rotes Haar und die Sommersprossen ließen sie wirken wie das »Mädchen von nebenan«. Als sie an dem großen Flurspiegel vorbeikam und ihren fast nackten Körper sah, seufzte sie. Dank ihres schlanken, gebräunten Körpers und ihrer kleinen Brust hatten sie die Typen damals in der Highschool bisweilen eher für den »Jungen von nebenan« gehalten.

      Sie mochte Männer. Das Problem war nur, dass sie mit jenen, mit denen sie sich traf, nie lange zurechtkam. Die meisten waren einfach zu nett, zu sensibel. Und die anderen größtenteils Arschgeigen. Irgendwie schien sie nicht imstande zu sein, den goldenen Mittelweg zu finden, sozusagen »Mr. In Between«. Mack wünschte sich jemanden, der ihr im Hinblick auf ihren jüngsten Verlust Rückhalt gab, zugleich aber nicht zu sehr in dieser Wunde herumstocherte und ihre emotionale Wunde dadurch nur noch tiefer machte.

       Mr. Right …

      Sie erreichte ihr Arbeitszimmer am Ende des Flurs, in dem vollkommenes Durcheinander herrschte. Dabei war Mack, sofern es um ihren Job ging, grundsätzlich ein extrem organisierter Mensch; nur zuhause nicht. Besucher hätten vielleicht gedacht, die Unordnung sei bloß vorübergehend. Das war jedoch nicht der Fall. Ihre Mom war eine echte Ordnungsfanatikerin gewesen; von ihr oder ihrem Vater konnte man das freilich nicht behaupten. Sie neigten dazu, in – wie Dad es nannte − kontrolliertem Chaos zu arbeiten.

      Deshalb auch das Nirvana-T-Shirt auf dem Fußboden im Flur.

      Ursprünglich hatte das Haus Macks Eltern gehört. Eigentlich wollte sie von hier wegziehen, doch dann hatte National Geographic sie angeheuert, kurz nachdem sie an der Universität von West Virginia ihren Abschluss gemacht hatte. Stattdessen war sie dann wieder bei ihren Eltern untergekommen, weil sie nichts lieber wollte, als Seite an Seite mit ihrem Helden, Peter Moore, zu arbeiten. Gemeinsam reisten sie viel umher, wobei er als ihr beruflicher Mentor fungierte – und später dann als ihr Komplize, als sie sich schließlich als Journalistin mehr und mehr einen eigenen Namen zu machen begann.

      Als ihre Eltern im Laufe der Jahre zu dem Schluss gelangten, dass ihnen ein kleineres Apartment genügen würde, überließen sie Mack als ihrem einzigen Kind das Haus. Sie hatten sich standhaft geweigert, das Zuhause ihrer Familie zu verkaufen; stattdessen sollte Mack für eine Weile darauf achtgeben …

      In Wahrheit handelte es sich bei Macks Arbeitszimmer um ihr Arbeitszimmer. Das Einzige hier, das nicht von Staub bedeckt oder mit irgendwelchem Gerümpel vollgemüllt war, war der Schreibtisch ihres Vaters. Sie sorgte dafür, dass sein Arbeitsplatz stets tipptopp in Ordnung war. Sie hatten einander oft mitten in dem großen, rechteckigen Raum gegenüber gesessen. Jede Wand wurde von Bücherregalen gesäumt, die fast bis ganz nach oben zur drei Meter hohen Decke reichten. Und auch alle übrigen Stellflächen waren belegt und von Karten bedeckt, die die Länder der Welt zeigten.

      »Madagaskar, hm?«

      Sie betrat den Raum und ging geradewegs zu der Karte von Afrika hinüber. Afrika war ihr liebster Reisekontinent, genau wie der ihres Vaters. Er hatte vor allem das Geheimnisvolle am Schwarzen Kontinent gemocht, an dem sie selbst ebenfalls großen Gefallen fand, was das betraf. Dort wurden ständig neue Entdeckungen gemacht, und sie – oder besser: Mack – hatten dann die Freude und das Privileg, der Öffentlichkeit davon zu berichten.

      Sie tippte mit den Fingern auf die Worte Serengeti-Nationalpark und zog dann eine Linie nach Südosten, runter zum 47. größten Land der Welt – bei dem es sich um eine Insel handelt. Zwar hatte sie in der Vergangenheit einige grundlegende Nachforschungen über Madagaskar angestellt, doch als Expertin auf diesem Gebiet konnte man sie beim besten Willen nicht bezeichnen. Im Grunde wusste sie bloß, dass die Insel riesig war, die viertgrößte der Erde. Außerdem existierte dort ein auf der Erde einzigartiges Ökosystem.

      »Steckt da wirklich etwas Handfestes dahinter?«, fragte sie sich, während sie sich erneut an ihr Gespräch mit Julia erinnerte.

      »Dein Vater schien zu glauben, dass unweit der Mitte des Landes eine Spezies fleischfressender, vogelartiger Tiere lebt. Doch natürlich vermag das niemand mit Sicherheit zu sagen. Eben deshalb wollte dein Vater die Expedition dorthin zu seinem Schwanengesang machen. Hätte sich dann herausgestellt, dass das Ganze ein Schuss in den Ofen war, dann wäre es eben so gewesen; dann hätte er zumindest etwas über die Erdbeben in der Region und darüber berichten können, inwiefern sie sich auf die aktuelle Tierwelt auswirken. So oder so, ob sich die Geschichte nun als Erfolg oder als Fehlschlag entpuppte, für ihn sollte die Sache der Schlusspunkt seiner beruflichen Laufbahn sein.«

      »Und du warst damit einverstanden?«, fragte Mack. »Du hättest kein Problem damit gehabt, wenn er mit nichts weiter zurückgekommen wäre, als mit irgendwelchen seismischen Aufzeichnungen und einer Handvoll Interviews mit einheimischen Schnapsdrosseln?«

      Julia zuckte mit den Schultern. »Das waren wir Peter schuldig. In dreißig Jahren hat er uns kein einziges Mal hängen gelassen. Warum hätten wir jetzt anfangen sollen, an ihm zu zweifeln?«

      »Und warum seid ihr bereit, dasselbe Vertrauen in mich zu setzen?«

      Julia gluckste. »Eben weil dies das Werk deines Vaters ist und wir dir die Möglichkeit geben, es fortzusetzen und zu vollenden.« Ihre Miene sackte ein wenig in sich zusammen. »Das soll keine Beleidigung sein.«

      »Ich


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