Gesammelte Werke von Rudyard Kipling. Редьярд Киплинг

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sagte sie schlicht und fest.

      Eine Weile dachte er in tiefer Bitterkeit über diese Antwort nach. Die Pferde gingen im Schritt, die Zügel lagen lose auf ihren Hälsen.

      »Du mußt nicht unglücklich sein über mich, Liebe,« begann Tarvin. »Es ist auch nicht allein Selbstsucht! Wohl möchte ich dich um meinetwillen zurückhalten, dich behalten, dich haben – immer, immer an meiner Seite. Mein Herz verlangt nach dir, ich brauche dich, aber nicht deshalb setze ich alles dran, dich festzuhalten, sondern weil mir davor graut, daß du dich schutzlos, freundlos, als ein Mädchen, all diesen Gefahren und Greueln aussetzen willst. Wenn ich mir das vorstelle, finde ich keinen Schlaf mehr; ich darf mir’s gar nicht vorstellen! Die Sache ist ungeheuerlich, furchtbar, widersinnig – du darfst es nicht thun!«

      »Ich darf nicht an mich denken,« versetzte sie mit zitternder Stimme, »ich muß an sie denken.«

      »Aber ich muß an dich denken, und du sollst mich nicht irreführen, nicht täuschen, nicht verlocken an irgend etwas andres zu denken. Du siehst die Sache ganz einseitig an – sag mir doch, ob alles Elend der Welt gerade dir aufgebürdet worden ist? Liebes Kind« – er sprach leise, innig flehend – »es gibt allerorten Elend und Schmerz. Kannst du allem abhelfen? Wer wir auch sein mögen, was wir beginnen mögen, uns allen tönt lebenslang der Notschrei von Millionen im Ohr, wir können ihm nicht entrinnen. Das ist der Preis, den wir zahlen müssen für die Vermessenheit, einen kleinen Augenblick glücklich sein zu wollen!«

      »Ich weiß es, ich weiß es, ich will mich ja auch nicht bewahren davor, ich will ja meine Ohren nicht verschließen…«

      »Nein, aber du bildest dir ein, der Not ein Ende machen zu können, und du kannst es nicht. Das ist, wie wenn du das Meer ausschöpfen wolltest, es ist unmöglich. Mit dem Versuch aber wirst du dein Leben zu Grunde richten, und wenn du mir sagen kannst, wie man ein zu Grund gerichtetes Leben wieder von vorne anfangen kann, so soll mir’s lieb sein – ich weiß es nicht. O Käte, ich. will ja nichts für mich verlangen, das heißt vielmehr, ich verlange alles, aber bedenke, eh du deine Arme um die Erde schlingst und den Versuch machst, sie in deinen kleinen weißen Händen aufzuheben, daß du außer deinem eigenen auch andrer Leben zu Grund richtest. Großer Gott, Käte, du brauchst doch wahrhaftig nicht nach Indien zu gehen, um Unglücklichen zu helfen und Leiden zu lindern, du könntest ja einmal bei mir den Anfang machen.

      Sie schüttelte wehmütig den Kopf.

      »Ich muß da beginnen, wo ich meine Pflicht sehe, Nick! Ich sage ja nicht, daß ich die ungeheure Summe menschlichen Elends wesentlich herabmindern werde, ich sage auch nicht, daß alle thun sollen wie ich: für andre wäre es vielleicht nicht das Richtige, aber für mich ist es das. Ich weiß es, und das ist alles, was wir überhaupt wissen können. Die Gewißheit haben, daß unser Leben dazu gedient hat, die Menschen ein wenig, ach nur ein ganz klein wenig besser zu machen,« rief sie mit verklärtem Blick, »zu wissen, daß man Leid und Not, die ja freilich deshalb nicht aus der Welt verschwinden, ein wenig gelindert hat, das muß herrlich sein! Du empfindest das doch auch. Nick,« setzte sie, ihm leise die Hand auf den Arm legend, hinzu.

      Tarvin preßte die Lippen aufeinander.

      »Freilich, freilich, fühl’ ich’s!« gab er ingrimmig zu.

      »Aber du hast noch ein andres Gefühl – ich ja auch …« »O, dann laß dieses andre wachsen, gib ihm Gehör, laß es erstarken und vertraue dich mir an. Ich will dir eine Zukunft schaffen, einen Wirkungskreis, wo deine Güte vielen ein Segen werden soll. Glaubst du denn, ich möchte dich anders haben, als du bist, zweifelst du daran, daß ich gerade deine Güte liebe? Segne doch mich damit!«

      »Ich kann nicht! Ich kann nicht!« rief sie in schwerem innerem Kampf.

      »Du kannst gar nicht anders – am letzten Ende mußt du ja zu mir kommen! Glaubst du, daß ich weiterleben könnte, wenn ich das nicht voraussähe? Aber ich möchte dir ersparen, was dazwischen liegt, ich möchte nicht, daß du mir von der Not in die Arme getrieben würdest, mein kleines Mädchen! Ich will, daß du aus freien Stücken kommst, jetzt kommst.«

      Statt aller Antwort senkte sie das Gesicht tief auf den Aermel ihres Reitkleids und begann bitterlich zu weinen. Ricks Finger umschlossen die kleine Hand, die sich krampfhaft am Sattelknopf festhielt.

      »Du kannst nicht, Liebe?«

      Sie schüttelte heftig den Kopf. Tarvin biß die Zähne zusammen.

      »Nun denn, wie du willst – finden wir uns drein!«

      Er nahm ihre Hand, die den Halt am Sattel aufgab, sanft in die seinige und sprach so mild und beschwichtigend zu ihr, wie eine Mutter zu ihrem verzagten Kind. Es war vorüber – nicht seine Liebe, nicht sein unerschütterlicher Entschluß, sie doch noch sein eigen zu nennen, aber der Kampf um diese indische Reise. Tarvin streckte die Waffen, sie konnte gehen, wenn sie wollte, es würden dann eben zwei übers Meer reisen.

      Als sie die heißen Quellen erreicht hatten, ergriff Tarvin sofort die ihm freudig gebotene Gelegenheit, Frau Mutrie in Beschlag zu nehmen, während Sheriff dem Präsidenten den qualmenden Wasserstrudel und das Bad zeigte und ihm die Lage des geplanten Riesenhotels erklärte. Käte schloß sich den beiden Herren an, da sie keine Lust hatte, ihre verweinten Augen Frau Mutries neugierigen Blicken preiszugeben.

      Tarvin hatte die junge Flau am Fluß entlang geführt, der seitwärts von den Quellen in sein Felsengrab hinabstürzte, jetzt blieb er im Schatten einiger Baumwollsträucher plötzlich stehen.

      »Möchten Sie jenes Halsband wirklich haben, gnädige Frau?« fragte er sie ganz unvermittelt.

      Sie lachte abermals, gurrend wie ein Turteltäubchen, noch nicht erregt genug, um ihre kleinen Schauspielerkünste zu vergessen.

      »Ob ich’s haben möchte?« fragte sie zurück. »Versteht sich! Und, bitte, den Mond hätte ich auch gern!«

      Tarvin legte ihr Schweigen gebietend die Hand auf den Arm.

      »Sie sollen das Halsband haben,« erklärte er bestimmt.

      Jetzt verging ihr das Lachen, sie sah betroffen in sein ernstes Gesicht.

      »Was wollen Sie damit sagen?«

      »Es würde Ihnen große Freude machen? Sie legen wirklich Wert darauf? Was würden Sie thun, um es zu erlangen?«

      »Auf meinen Knieen würde ich bis nach Omaha rutschen, bis nach Indien, wenn es möglich wäre,« erwiderte sie mit gleichem Ernst.

      »Dann ist die Sache entschieden,« versetzte Tarvin herzhaft. »Jetzt hören Sie mich an! Ich will, daß die C. C. C. nach Topaz kommt, Sie wollen das indische Halsband haben – wollen wir einen Vertrag abschließen?«

      »Aber Sie können ja niemals …«

      »Das braucht Sie nicht anzufechten – ich werde meiner Verpflichtung nachkommen, können Sie die Ihrige erfüllen?«

      »Sie meinen …«

      »Ja, ich meine,« sagte er mit starker Betonung. »Können Sie mir eine bestimmte Zusage geben?«

      Mit zusammengebissenen Zähnen, die Hände gegen einander gepreßt, daß sich die Fingernägel ins Fleisch eingruben, stand dieser Mann vor ihr. Mit gewaltsamer Selbstbeherrschung wartete er ihre Antwort ab.

      Sie legte den blonden Kopf auf die Seite und schielte aus den Augenwinkeln zu ihm auf, herausfordernd, zögernd, aber ihre Zuständigkeit eingestehend.

      »Ich glaube, daß mein Wort viel gilt bei Jim,« sagte sie endlich mit einem verträumten Lächeln.

      »Also, der Vertrag ist geschlossen?«

      »Ja,« erwiderte sie.

      »Geben Sie mir den Handschlag.«

      Sie reichten sich die Hände und standen sich einen Augenblick schweigend gegenüber, jedes bemüht, in des andern Seele zu lesen.

      »Sie werden es mir wirklich verschaffen?«

      »Ja.«

      »Sie werden


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