Gaunerinnen. Jana Denole Яна Деноль
nach Absprache. Die Mädchen verlangten normalerweise auch einen Tausender für sich selbst. Feilschen war natürlich möglich. Der Lohn betrug zweitausendzweihundert Franken im Monat plus Kommission von Alkoholkonsum und Ausgängen mit Kunden. Der Gesamtverdienst konnte, je nach Arbeitseifer und natürlich Gesundheitszustand, zehntausend Franken im Monat erreichen. Die Arbeit ging nachts vor sich, immer von 10 Uhr abends bis zum frühen Morgen. Für die Wohnung wurden vierhundert Franken im Monat fällig. Sie befand sich gewöhnlich im selben Gebäude, im oberen Stock. Das Verlassen des Klubs war nur mit Erlaubnis des Besitzers möglich. Treffen mit Kunden außerhalb des Lokals waren verboten.
Stella warf einen Blick auf Natalja, die an die Decke starrte, als ob die letzte Bedingung des Klubs nicht in ihrer Gegenwart vorgelesen würde.
„Wenn sie aus diesem Job auch noch gefeuert wird…“, dachte das Mädchen, beschloss aber, das ohnehin komplizierte Verhältnis zu ihrer Freundin nicht weiter anzuheizen.
Natalja senkte den Kopf und rief:
„Ist mir alles recht! Ich fahre in die Schweiz! Juh!“
Sie hob ihr Weinglas und hielt inne. Sie schaute Stella an.
„Oh, sorry! Wir fahren in die Schweiz! Nicht wahr, Liebes? Ich zittere schon vor Aufregung! Millionäre! Champagner! Geld! Was wünscht man sich mehr? Tanzen kann ich! Und tausend Dollar pro Nacht? Das ist ja elitär! Erste Klasse! Ich zeige allen, wie man das macht! Das ist keine Arbeit wie bei euch im Notariat, wo es so langweilig war! Auf diesem Gebiet bin ich wie ein Fisch im Wasser! Das ist mein Milieu!“
Stella sah düster und blass aus. Das Tanzen lag ihr nicht, dafür aber das Trinken! Das konnte sie gut! Oh! Dauersuff!
„Haben Sie zufällig einen Vertrag ohne Tanzen? Nur mit Trinken?“, fragte Stella mit einem aufgesetzten Lächeln.
„Für die Schweiz leider nicht. Das Visum bekommen Sie als Künstlerin, und zwar als Tänzerin. Das wissen Sie doch, Kollegin.“
„Ja. Ich habe schon Mädchen dorthin geschickt, aber ich habe sie zum Preis von hundert Dollar pro Kopf angeboten und sie direkt mit dem Unternehmer in Kontakt gebracht. Auf die Einzelheiten, wie das System funktioniert, bin ich nicht eingegangen. Leider“, sagte Stella und warf einen brennenden Blick auf die zufriedene Natalja. Dieser waren die Sticheleien schon egal, für sie ihr war alles in Butter, genau, wie sie es haben wollte.
„Die Schweiz ist ein interessantes Land, das aus drei Teilen besteht. In allen drei werden unterschiedliche Sprachen gesprochen.
In Zürich zum Beispiel spricht man Deutsch. Sie haben dort ein kompliziertes System. Die Mädchen sollen splitternackt sein, sogar ohne Slips, praktisch während der ganzen Show.
In Genf, das im französischen Teil liegt, werden am Ende des Liedes die Bikinis ausgezogen.
In Lugano, wo die italienische Sprache vorherrscht, soll der Slip gar nicht ausgezogen werden. Man zeigt sich nur oben ohne. Aber auch das nicht unbedingt.“
„Wie werden denn dann in Lugano die Kunden ins Lokal gelockt?“
„Dort arbeiten im Klub Balletts aus Charkow, je dreißig Tänzerinnen in einer Truppe. Mit ihren schicken Shows bezaubern sie die Italiener, die einen Flirt und ausgiebiges Vorspiel mögen. Sie haben keine Lust, mit kalter Miene auf nackte Weiber zu starren und dabei keine Emotionen zu zeigen, wie es im deutschen Teil der Fall ist.“
Nataljas Interesse wurde sofort von Genf, dem goldenen Mittelweg, geweckt.
„Den Slip am Ende des Tanzes, und davor die Brustwarzen an der kalten Stange reiben! Schnell her mit den Unterlagen!“, schrie die Nymphomanin fast.
„Mademoiselle will nach Genf! Voilà!“
Ein glückseliges Lächeln erstrahlte in ihrem Engelsgesicht.
„Grundkenntnisse in Französisch habe ich. Das ist Schicksal! Wäre ich da nur gleich hingefahren, dieses Paradies auf Erden zu erobern, statt mich auf kriminelle Sachen einzulassen.“
Stella hörte nicht, was Natalja da redete. Mit einem traurigen Gefühl studierte sie die Vertragsbedingungen für den Einsatz in anderen Ländern.
Darunter waren England, Australien, Schweden, Japan, Deutschland, die Türkei und Italien. Sie las alle nacheinander durch. Ihr fiel ein merkwürdiger Name auf: Liechtenstein.
„Was ist das?“
„Das ist ein kleines Land in den Alpen. Genau genommen ein Zwergfürstentum. Dort herrscht ein Fürst.“
„Noch kleiner als die Schweiz? Dort wohnen doch schon weniger Menschen als in Moskau!“
„Ja, genau, absolut winzig. Ein kleines Wunder, wo alle reichen Leute ihr Geld verstecken. Unsere Millionäre haben sich dort ganz schön eingenistet. Sie lagern riesige Guthaben bei verschiedenen Banken, Stiftungen und Gesellschaften. Viele Restaurants geben auf den Speisekarten keine Preise an, weil den Gästen völlig egal ist, was die bestellten Gerichte kosten könnten. Sie sind so wohlhabend, dass sie essen gehen können, ohne sich um Preise zu kümmern.“
„Klingt nicht schlecht. Das klingt sogar verlockend!“, sagte Stella. „Welche Bedingungen gelten dort?“
„Ein sehr grausames System. Nichts als die reine Prostitution. Die Männer kommen dorthin ausschließlich zu geschäftlichen Verhandlungen und für Business. Sie haben keine Zeit für lange Affären. Außerdem ist Prostitution dort legal. Die Mädchen erhalten dafür ein Prostituiertenvisum. Das kann auch einen Einfluss auf das spätere Leben des Mädchens in Europa haben. Wenn ein Mädchen heiraten und ein normales Leben führen will, ist ihr Ruf in den Augen des Staats leider beschädigt.“
„Oh nein! Dann ist das nichts für mich!“, erklärte Stella.
„Und auch nicht für mich! Mein Bruder ist bei der Polizei und mein Vater ist Priester!“ Die Freundinnen brachen in Gelächter aus.
Die Stimmung wurde mehr oder weniger freundschaftlich. Die Mädchen tranken guten Wein und plauderten über die Details.
„Stella! Du kannst aufhören, so ein böses Gesicht zu machen! Lass uns nach Genf gehen!“
„Nein! Ich kann doch gar nicht tanzen! Schon gar nicht nackt! Wenn ich mir bloß vorstelle, wie ich mit runtergelassenem Slip auf einer Bühne stehe und alle Männer starren mich an! Ich müsste ihn wohl gleich ausziehen, weil ich sonst nichts habe, was einen Blick wert wäre!
Mein Zinnsoldatentanz würde bei den Männern wohl kaum auf Interesse stoßen. Vor allem, wenn der Zinnsoldat auch noch sturzbetrunken ist, weil er sich mit eine Liter Wodka Mut angetrunken hat. Das Publikum müsste vor Angst erstarren, weil es fürchtet, dass die besoffene Gestalt jemandem wie ein Klotz auf den Kopf fallen könnte.“
„Haha! Stella! Du kannst einen echt zum Lachen bringen! Ich habe noch nie so einen selbstkritischen Menschen wie dich getroffen!“
„Ich bin eben leider Realistin.“ Stella kratzte sich im Nacken und brach in Gelächter aus.
Darja beobachtete verwirrt die beiden Freundinnen, die vor Lachen beinahe erstickten, und überlegte, wie sie am schnellsten diese Irrenanstalt mit zwei Verrückten verlassen könnte.
„Ich weiß selber schon nicht mehr, wohin ich gehen soll! Einen Fürsten würde ich auch gerne ficken!“, rief Natalja.
Darauf folgte wieder eine Gelächterexplosion! Diesmal lachten alle drei.
„Fahr nach Genf! Deine Entscheidung ist gefallen. Stella? Hast du dich entschieden?“
„Ah ja, entschuldige bitte. Wir vergeuden deine Zeit mit unseren dummen Witzen.“
„Macht nichts. So was erlebe ich auch nicht jeden Tag. Ich habe Spaß mit euch, Mädchen.“
„Also, Stella!“, rief Natalja. „Das Tanzen bringe ich dir schon bei! Wenn es möglich ist, heißt das! Deine Titten sind gar nicht schlecht. Im Dunkeln würden sie super aussehen.“
Da beschloss Stella endgültig, mit diesem sexbesessenen Ungeheuer nirgendwohin zu gehen.
„Ich gehe nach Japan“, sagte Stella eiskalt, als sie den Vertrag zu