Der Postillion e.V. im Rhein-Neckar-Kreis. Stefan Lenz

Der Postillion e.V. im Rhein-Neckar-Kreis - Stefan Lenz


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rel="nofollow" href="#litres_trial_promo"> Mit der Schulsozialarbeit ist Jugendhilfe auch an Schulen

       Und zum Schluss: Der Ausblick

       Ein Buch über den Postillion e. V.

      Postillion e. V. – Der Name ist ungewöhnlich, mitunter wird man mit dem Satiremagazin verwechselt. Das passiert aber inzwischen nur außerhalb des Rhein-Neckar-Kreises. Hier hat sich der Verein einen Namen in der Kinder- und Jugendhilfe gemacht. Dieses Buch möchte den Postillion e. V. greifbar machen und einen Einblick in die Historie und das Selbstverständnis des Vereins geben.

      Hinter jedem Verein stecken Gesichter, Köpfe, Strukturen und Visionen. Eltern, die ihr Kind in der Kindertagesstätte abgeben, aber auch Kommunen, die den Postillion e. V. mit Aufgaben der öffentlichen Daseinsfürsorge betrauen, haben daher ein Recht darauf, mehr Details über den Hintergrund der Organisation zu erfahren. Das ist umso wichtiger, da der Postillion e. V. eine lokale Initiative ist, die sich auf den Rhein-Neckar-Kreis beschränkt. Im Gegensatz zu den Wohlfahrtsverbänden, deren Ziele und Historie aufgrund ihrer langen Tradition bereits bekannt sind, ist der Postillion e. V. eine eher junge Initiative.

      Bislang wurden regelmäßig ausführliche Jahresberichte veröffentlicht. Dabei haben wir die Erfahrung gemacht, dass darin vor allem langfristige Veränderungen oftmals zu kurz kommen. Daher ist die Idee geboren, ein Buch mit mehr Beständigkeit herauszugeben. Es ist uns bewusst, dass dies auch immer wieder aktualisiert werden muss, da die Gesellschaft im Bereich der Jugendhilfe immer wieder neue Aufgaben zuschreibt bzw. die Aufgaben verändert. Gerade die Entwicklung im VIII. Sozialgesetzbuch vom ehemaligen Jugendwohlfahrtsgesetz mit einem sehr stark ordnungsstaatlichen Prinzip hin zu einem Leistungs- und Hilfegesetz, dem Kinder- und Jugendhilfegesetz, macht dies deutlich. Doch die Kinder- und Jugendhilfe ist sehr stark abhängig von gesellschaftlichen Diskursen – so hat dieses Gesetz inzwischen durch die Debatten zu Kindeswohlgefährdungen in Familien und Einrichtungen wieder stärker eingreifenden Charakter erhalten. Eine bedenkliche Entwicklung.

      In der Kinder- und Jugendhilfe gibt es viele Möglichkeiten, die Arbeit zu machen. So muss sich jedes Team – oft gemeinsam mit den Kindern und Eltern – auf den Weg machen, um ein gutes Handlungskonzept zu entwickeln. Daher ist uns dieses Buch wichtig, um bestimmte Leitlinien festzulegen, in denen sich ein Team beim Postillion e. V. bewegen kann. Die Einrichtungen sollen trotz der Größe des Vereins natürlich nicht ganz beliebig handeln, wir möchten ein einheitliches Konzept verfolgen. Dieser Handlungsrahmen soll in diesem Buch niedergeschrieben werden, sodass er für Eltern, aber auch neue Kolleg*innen transparent ist.

      Diese Veröffentlichung ist ein erster Versuch, die Arbeit des Vereins ausführlich dazustellen. Wir freuen uns, wenn dieses Buch zur Diskussion beiträgt und sich in einer eventuellen zweiten Auflage fortentwickeln wird.

       Der Postillion e. V. kommt aus Wilhelmsfeld – etwas zur Historie

       »Noch ein Verein!« Von der Gründung zur Professionalisierung (1985 bis 1999)

      Am 9. März 1985 wurde in Wilhelmsfeld im Restaurant Talblick der Postillion e. V. gegründet. Damals firmierte er noch unter dem Namen »Verein der Freunde und Förderer des Kraftpostmuseums Wilhelmsfeld«. Es war eine ungewöhnliche Vereinsgründung. Die Rhein-Neckar-Zeitung berichtete damals unter der Überschrift: »Noch ein Verein!« Dass daraus einer der größten Träger für Jugendhilfe im Rhein-Neckar-Kreis werden sollte, war weder geplant noch abzusehen. Gerade deshalb lohnt sich ein Blick in das Jahr 1985, um die Wurzeln des Vereins zu begreifen.

      Die Deutsche Bundespost hatte ihren Busdienst »Kraftpost«, wie die gelben Busse genannt wurden, 1983 an die Deutsche Bundesbahn abgegeben. Die gelben Busse waren im ländlichen Raum eine staatliche Dienstleistung, die für das Funktionieren des Gemeinwesens wichtig war. Die Kraftpost symbolisierte für Jugendliche den Staat und machte ihn erlebbar, denn schließlich nutzten sie die Busse täglich, um in die Schule oder zur Arbeit zu fahren. Es war ein Treffpunkt, wo man Bekannte sah und die Busfahrer alle mit Namen kannte. Es war auch ein Austauschort für Informationen rund um das Gemeinwesen. Und so war es schon ein Einschnitt, gerade für die Busfahrer, die jahrelang im Dienst der Bundespost waren, auf einmal nicht mehr gelbe, sondern rote Busse zu fahren. Das Familiäre der Kraftpost war verschwunden.

      Es war Ziel der Vereinsgründung, wenigstens etwas von dieser lokalen Eigenart zu konservieren und ein Museum zu gründen. Gleichzeitig war es eine Zeit, in der Jugendliche und junge Erwachsene in Wilhelmsfeld etwas verändern wollten. Es gab für sie vor allem Sportvereine und Vereine als Orte der Freizeitbeschäftigung. Treffpunkte im Sinn von Jugendhäusern standen nicht zur Verfügung. Das genügte ihnen nicht mehr. So gründeten vor allem Busfahrer der Deutschen Bundespost einen Verein, der das Alte bewahren bzw. daran erinnern und gleichzeitig die Jugendarbeit in die Hand nehmen wollte. Zwei Ziele unter einem Dach und für die damaligen Jugendlichen ein ideales Bündnis: Die Seriosität der Busfahrer der Deutschen Bundespost als Rückgrat einer Jugendarbeit, die man brauchte, um Kinder und Jugendliche, vor allem aber deren Eltern, zu gewinnen.

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       Diese kleine Broschüre von 1955 war Namensgeber des Vereins

      Es wurden zunächst alle möglichen Räume genutzt. Das Café Junghans ebenso wie ein privater Schuppen in der Johann-Wilhelm-Straße. Die Nebenzimmer des damaligen Gasthofs Schriesheimer Hof und der TSG-Gaststätte wurden für Tanzkurse genutzt. Die Hilfsbereitschaft vieler Wilhelmsfelder war zu dieser Zeit groß. Der Verein hatte schon früh begonnen, Tagesausflüge, z. B. in das damals neu gebaute Spaß-Schwimmbad Bellamar, zu unternehmen. Natürlich immer mit den Linienbussen. Die guten Kontakte zur Deutschen Bundesbahn machten es möglich, günstige Tarife zu bekommen.

      1987 gab es die erste Kinderfreizeit zur blauen Adria nach Altrip (Gemeinde Rheinauen). Zu dieser Zeit hatte der Verein bereits einen ehemaligen Postbus gekauft, der als Unterkunftsraum in der Kinder- und Jugendfreizeit diente. Leider gibt es diesen Bus nicht mehr. Der Verein konnte ihn nicht halten, da er damals noch nicht finanzkräftig genug war. Er musste wieder verkauft werden. Allerdings hatte er einige Einsätze gerade beim örtlichen Mitteldorffest. Viele erzählten Jahre später noch von dem gelben Bus, der das Mitteldorffest bereicherte. Ab 1987 gab es zweimal im Jahr Kinder- und Jugendfreizeiten, an denen ganze Jahrgänge fast geschlossen teilnahmen. Es war ein attraktives Angebot. Junge Erwachsene waren als Betreuer*innen dabei. So ging vieles, was in einem pädagogisch stark reglementierten Raum in dieser Form gar nicht möglich gewesen wäre. Natürlich sind die Freizeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln angeboten worden. Einen Reisebus anzumieten wäre undenkbar gewesen. Es war aufregender und es hat zu der Idee des Vereins gepasst, der sich schon immer mit der Frage des öffentlichen Personennahverkehrs beschäftigte.

      Nach dem damals geltenden Jugendwohlfahrtsgesetz war es möglich, nach drei Jahren als Freier Träger der Jugendhilfe anerkannt zu werden. Diese Chance nutzte der Postillion e. V. und bekam vom Jugendhilfeausschuss des Rhein-Neckar-Kreises die Anerkennung als damals noch einziger Träger im Rhein-Neckar-Kreis. Alle anderen Neugründungen im Kreis fanden erst ab dem Jahr 1990 statt. Mit der Anerkennung war es möglich, dass der Verein Zuschüsse aus dem Landesjugendplan beim Land Baden-Württemberg für Freizeiten und Lehrgänge erhalten konnte. War der Kreisjugendring, der die Zuschüsse des Rhein-Neckar-Kreises für Freizeiten und Lehrgänge verwaltete, anfangs nur Mittel zum Zweck, um an Fördermittel zu kommen, hat sich der Postillion e. V. im Lauf der Jahre zunehmend stärker in diesem engagiert. Ab 1999 war der Vorsitzende des Postillion e. V. auch Mitglied im Vorstand des Kreisjugendrings und von 2001 bis 2016 dessen Vorsitzender.

      Der Verein hat es nie geschafft, ein Museum zu realisieren. Dafür gab es zu wenige Exponate. Immerhin konnten einige Materialien, Akten und Gegenstände vor allem aus der Nachkriegszeit der Kraftpost in Wilhelmsfeld gesichert werden. Teile davon


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