Der Postillion e.V. im Rhein-Neckar-Kreis. Stefan Lenz

Der Postillion e.V. im Rhein-Neckar-Kreis - Stefan Lenz


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sich alle Einrichtungen und Dienste in Schönau, um das gelingende Aufwachsen von Kindern in der Kommune weiterzuentwickeln.

      Neue Herausforderung wird die Frage sein, wie wir im gesamten Rhein-Neckar-Kreis die unterschiedlichen Angebote für alle Kinder miteinander vernetzen können, um Kinder dadurch weniger abzuschieben und von früh an als willkommen in dieser Welt anzusehen. Und das mit einer unglaublich hohen Anzahl von Pädagog*innen, die sich im Rhein-Neckar-Kreis um diese Kinder kümmern. Daran will der Postillion e. V. arbeiten. In diesem Zusammenhang ist auch der Aufbau einer sozialräumlich ausgerichteten Wohngruppe in Hockenheim zu sehen. Dort versucht der Postillion e. V. neue Modelle der Heimerziehung, die in die Gesamtidee der Lebensweltorientierung passen, zu erproben. Genau das wird auch die künftige Aufgabe des Vereins sein: an einem Gesamtkonzept für ein besseres Aufwachsen der Kinder und Jugendlichen im Rhein-Neckar-Kreis wesentlich mitzuarbeiten.

      Ein Arbeitsfeld ist in diesem Buch kaum beschrieben: die Betreuung von Kindern an Grundschulen. Hier gibt es verschiedene Formen und Konzepte. Da es sich hier nicht um ein Angebot der Kinder- und Jugendhilfe handelt, wurden diese Angebote zunehmend verselbstständigt. Es soll eine Schulbetreuung Rhein-Neckar gGmbH geben, die diese Angebote bündelt und auch weiterentwickelt. Im Internet findet sich dazu unter www.schulbetreuung-rhein-neckar.de das gesamte Angebot.

      Der Postillion e. V. ist im Wesentlichen von ehemaligen Busfahrern der Deutschen Bundespost (Kraftpost) gegründet worden. Ohne sie wäre der Postillion e. V. nicht entstanden. Interessant ist, dass dies in einer Phase geschah, in der der öffentliche Personennahverkehr und das Thema Mobilität sehr stark auf das private Kraftfahrzeug und den Lkw abzielten. Dies hat sich spätestens 2019 gedreht. Der ÖPNV ist in Zeiten der Klimadebatte Garant für eine zukunftsfähige Mobilität. Und an diese alte Vereinstradition kann bzw. muss der Postillion e. V. heute wieder anknüpfen. Denn im Wettbewerb um Fachkräfte sind Landkreise gegenüber Stadtkreisen immer benachteiligt, weil die Mobilität sehr viel stärker auf das Auto ausgerichtet ist. Daher haben wir mit dem Mobilitätskonzept 2018, das wir gemeinsam mit dem Berliner Planungsbüro IGES auf den Weg gebracht haben, die Weichen für eine zukunftsfähige Mobilität für unsere Kolleg*innen gestellt. Mit dem Modellprojekt »Jugendliche Mobilität im ländlichen Raum« versuchen wir auch hier, Jugendlichen eine Stimme bei der Gestaltung einer mobilen Zukunft zu geben.

      1Umfassende Darstellung in: Bubenitschek/Greulich/Wedel: Kriminalprävention in der Praxis (Grundlagen der Kriminalistik, Band 50), Kriminalistik-Verlag 2014.

       Welche Ideen verfolgt der Postillion e. V.?

      Zweck des Vereins ist die Förderung der Jugendhilfe. Der Satzungszweck wird verwirklicht insbesondere durch:

      a)die Beratung und Unterstützung von Eltern und Erziehungsberechtigten und dazu beizutragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen,

      b)die Förderung von jungen Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung und dazu beizutragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen,

      c)Angebote der Kinder- und Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit (§§ 11 und 13 SGB VIII), der Kindertagesbetreuung (§§ 22 bis 26 SGB VIII) und den Hilfen zur Erziehung (§§ 27 ff. SGB VIII),

      d)Betreuungsangebote in Schulen, wenn sie zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf der Eltern beitragen,

      e)der Aus- und Fortbildung von sozialpädagogischen Fachkräften und der fachpolitischen Arbeit.

      Mit diesem Satzungsauszug sind die Ziele des Vereins definiert. Der Postillion e. V. fühlt sich der öffentlichen Daseinsfürsorge verpflichtet. Die Bereiche Kindertagesbetreuung und Jugendarbeit sind in Baden-Württemberg kommunale Aufgaben. In den Kommunen mit weniger als 12.000 Einwohner*innen gibt es in der Regel keine Fachämter, sodass wir das Wissen und die Kompetenz für Kinder- und Jugendhilfe bündeln, um gute Angebote zu etablieren. Öffentliche Daseinsfürsorge ist nach unserem Verständnis immer damit verbunden, dass es sich um kein kommerzielles Angebot handelt. Alle Einrichtungen und Dienste, sprich alle Tätigkeiten des Vereins, müssen kostendeckend sein. Daher ist der Postillion e. V. auch als gemeinnütziger Verein anerkannt worden. Das ist eine Verpflichtung, die wir eingegangen sind. Wir verstehen darunter, dass neben dem Primat der Kostendeckung auch eine Kostentransparenz gegeben ist. Denn wer mit öffentlichen Geldern arbeitet – so unser Verständnis –, muss die eingenommenen bzw. ausgegebenen Mittel transparent offenlegen. Hierfür steht die Gesellschaftsform Verein, bei der die Mitglieder (in diesem Fall Mitarbeiter*innen und Kommunen) Einblicke in die Finanzen des Vereins haben und selbst Belegprüfungen vornehmen. Der Jahresabschluss wird immer im Internet veröffentlicht, sodass die Öffentlichkeit Einblick nehmen kann. Die Beiratssitzungen, bei denen es um Grundsatzfragen des Vereins geht, finden ebenfalls öffentlich statt.

      In einem Bild gesprochen, könnte man die Kinder- und Jugendhilfe als ein Haus betrachten, das viele kleine Zimmer hat, z. B. Tagesgruppen, Wohngruppen, ambulante Hilfen, Kindergärten, Krippen und vieles mehr. Jedes dieser Zimmer hat sich in seiner kleinen Einheit gut eingerichtet, fachlich weiterentwickelt und lebt daher auf einem sehr hohen fachlichen Standard. Problematisch wird es allerdings, wenn ein Kind nicht genau in eines dieser Zimmerchen passt, weil es andere Probleme hat, weil es zu alt ist, weil es woanders herkommt oder aus weiteren Gründen. Dann muss das Kind in ein anderes Zimmer wechseln. Aus der gewohnten Einrichtung, in der es Freunde gefunden hat, in der es Beziehungen aufgebaut hat, auch zu Erwachsenen, in ein vermeintlich besseres Zimmer, wo die neuen Pädagog*innen vielleicht besser auf dieses Kind und dessen Problem eingehen können. Aus Sicht der Einrichtung ist dieses Vorgehen zunächst nachvollziehbar. Wenn es Einrichtungen gibt, die besser ausgestattet und für die Probleme des Kindes besser ausgebildet sind, können sie mit einem guten Gewissen dieses Kind in das nächste Zimmer weiterreichen. Für das Kind bedeutet dies allerdings den Abbruch von Beziehungen; es hat erlebt, dass es versagt hat. Genau dieses System gilt es zu durchbrechen. Wir müssen vermeiden, dass Kinder Beziehungen abbrechen und ein Scheitern erleben müssen. Dies wird nicht immer möglich sein. Es wird gute Gründe geben, warum Kinder auch einmal Beziehungen verändern müssen. Aber das sollte die begründungspflichtige Ausnahme bleiben.

      Wir möchten Kinder und Jugendliche auch dann unterstützen, wenn es schwierig wird. Wir möchten Konzepte entwickeln, wie Familien geholfen werden kann. Unser Anspruch ist es, dass ein Abschieben von einer Einrichtung in die nächste dadurch verhindert wird.

      Im Vordergrund steht natürlich die Begleitung von Kindern und Jugendlichen beim Erwachsenwerden, auch dann, wenn es mal schwierig wird. Das beißt sich manchmal mit einer Forderung der Gesellschaft


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