8 Krimis: Killer kennen kein Gebot: Krimi Sammelband 8009. Frank Rehfeld

8 Krimis: Killer kennen kein Gebot: Krimi Sammelband 8009 - Frank Rehfeld


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Vistano protestierte dagegen zwar ziemlich lautstark, aber zwecklos. Als die irischstämmige Agentin Josy O'Leary Christine gegenüber klarmachte, dass die erkennungsdienstliche Behandlung auch im Bundesgebäude an der Federal Plaza durchgeführt werden könnte, ließ sie ihren Protest verstummen.

      „Juristisch gesehen war das, was Sie getan haben, ein Einbruch und ein bewaffneter Angriff auf zwei FBI-Agenten. Hinzu kommt noch ein Verstoß gegen das Waffengesetz“, erklärte Josy.

      „Ich habe den 22er, um mich verteidigen zu können!“

      „Die Gesetze sind für alle gleich und verbieten in New York das Tragen von Waffen in der Öffentlichkeit! Sie werden sich auf einigen Ärger einstellen müssen und kümmern sich am besten schon mal um einen Anwalt. Aber vielleicht unterstützen Sie uns ja auch noch ein bisschen bei der Suche nach dem Mörder des Mannes, den Sie als Freund bezeichnet haben.“

      „Vielleicht werden Sie und Ihre Kollegen für diese unrechtmäßige Festnahme sich auch noch vor einem Richter verantworten müssen!“, fauchte sie.

      „Es steht Ihnen jederzeit frei, sich zu beschweren oder rechtliche Schritte einzuleiten. Aber ich empfehle Ihnen dringend, sich vorher juristisch beraten zu lassen“, lautete Josys ausgesprochen kühle Erwiderung.

      Fred LaRocca führte in einem Nebenraum mit seinem Laptop eine Online-Abfrage über das Datenverbundsystem NYSIS durch.

      Clive Caravaggio sah ihm dabei über die Schulter.

      Josy kam herein, ging zu den beiden Agenten hin und fragte: „Was machen wir jetzt mit ihr?“

      „Irgendetwas stimmt nicht mit ihr“, meinte Clive. „NYSIS zeigt uns mehrere Verurteilungen wegen Prostitution an. Einmal hat sie einen Freier ausgeraubt und dafür auch eine Weile auf Rikers Island gesessen…“

      „Es könnte sein, dass Habgier bei diesem Einbruch das Motiv war“, glaubte Fred LaRocca.

      „Aber ich habe nichts bei ihr gefunden, das darauf hindeutet“, wandte Josy ein.

      „Dann sind wir ihr eben zuvor gekommen“, entgegnete Clive. „Sie kommt mit auf das Field Office. Die Waffe wird beschlagnahmt und ballistisch überprüft. Durch das, was wir bei ihr an Vorstrafen haben, ist ihre Version, wonach sie O’Rourkes liebende Gefährtin war, wohl ziemlich zweifelhaft.“

      „Spätestens morgen ist sie gegen Kaution wieder draußen“, gab Josy zu bedenken.

      „Ja, aber bis dahin haben wir vielleicht ein paar Punkte geklärt.“

      10

      Die Maschinenpistole ratterte. Harry Gonzales hob die Hände. Die Schüsse zischten über ihn hinweg und stanzten Löcher in die Wand. Ein Muster, das Ähnlichkeit mit einer Sinuskurve hatte.

      Der MPi-Schütze riss das Magazin aus der zierlichen Waffe vom israelischen Typ Uzi heraus, warf es zur Seite und steckte ein neues hinein.

      Harry Gonzales zitterte vor Angst. Er musste die Kiefer fest aufeinander pressen, um nicht mit den Zähnen zu klappern, so schlimm war es. Der Puls schlug ihm bis zum Hals. Kalter Angstschweiß perlte ihm über die Stirn.

      Der MPi-Schütze stellte sich breitbeinig auf. Er trug eine Military-Hose und eine Lederjacke. Darunter ein T-Shirt mit V-förmigen Ausschnitt. Unterhalb des Halsansatzes war eine Tätowierung zu sehen. Drei ineinander greifende Ringe.

      Der Kerl trat näher. Die kurze Mündung der Uzi war auf Harry Gonzales’ Kopf gerichtet.

      „Schrei ruhig. Hier wird dich niemand hören, Harry! Die Polizei traut sich in dieses Viertel ohnehin nur in Mannschaftsstärke – und hier hat sie schon gar nichts zu suchen.“ Der MPi-Schütze lachte rau.

      Harry Gonzales war nur zu gut bewusst, wie Recht sein Gegenüber hatte. Man hatte ihn auf eine abgelegene Industriebrache gebracht. Dieses Lagerhaus rottete seit Jahren vor sich hin. Der Untergrund war mit Giftmüll verseucht, die Firma war Bankrott gegangen und jetzt stritt man sich vor Gerichten darüber, wer für die Schäden aufzukommen hatte. Ein Ort, an dem man wahrscheinlich sogar seine Leiche erst nach Wochen finden würde.

      Wenn überhaupt.

      Der MPi-Schütze beugte sich zu Gonzales herab.

      „Wie nennt man mich, Harry? Cómo?“

      „El Rey… den König.“

      „Muy Bien – und seinen König verrät man doch nicht oder?“

      „Ich habe es nicht freiwillig getan!“

      „Du hast es getan! Und das ist das Einzige, was zählt.“

      „Erschieß mich nicht!“

      „Deinetwegen sitzt mein Bruder auf Rikers Island!“

      „Bitte! Ich tu alles, was du willst, El Rey!“

      El Rey lachte zynisch. „Keine Sorge, Harry. Ich werde dich noch nicht erschießen. So einen Wurm wie dich, der sich vor Angst in die Hosen macht und innerlich ohnehin schon tot ist, weil er sich dauernd an seinem eigenen Stoff vergreift! Du bist ein Stück Dreck, Harry! Aber das ist dir nicht klar. Keine Sorge, ich werde dir das schon richtig beibringen.“ El Rey wandte sich um und brüllte: „Dónde está la chica, muchachos?“

      Schritte waren zu hören.

      Zwei maskierte Männer brachten eine junge Frau in den Raum. Ihre Hände waren auf den Rücken gefesselt, die Augen verbunden.

      „Maria!“, stieß Harry hervor. „Was habt ihr mit meiner Schwester vor?“

      El Rey stieß sie vorwärts. Sie taumelte Harry entgegen. Die Uzi knatterte los. El Rey hielt die Waffe hoch, sodass Schultern und Kopf der jungen Frau getroffen wurden. Ihr Körper zuckte unter den Treffern. Sie fiel Harry Gonzales entgegen und landete direkt auf ihm. Sie lebte schon nicht mehr. Überall war Blut. Harry Gonzales war vollkommen damit besudelt. Völlig fassungslos nahm er Maria in die Arme.

      Ein dicker Kloß saß ihm im Hals.

      Harry Gonzales konnte noch nicht einmal schreien.

      „Warum sie?“, flüsterte Harry.

      „Jetzt bist du dran, Harry!“

      El Rey warf einem seiner Leute die Uzi zu. Der Maskierte fing sie sicher auf. Dann griff El Rey unter seine Jacke und holte eine Automatik vom Kaliber 45 hervor und setzte sie Harry Gonzales an den Kopf. „Weißt du, was mit dem Gehirn geschieht, wenn ich den Stecher durchziehe?“, fragte er mit breitem Grinsen. Gonzales schloss die Augen.

      El Rey drückte ab.

      Es machte nur klick.

      „Gar nichts geschieht!“, lachte El Rey. „Ich werde dich nicht töten, Harry. Noch nicht. Erst sollst du noch leiden. Deine Strafe ist es, vorerst weiter zu leben. Weiter zu leben in dem Bewusstsein, dass du an all dem Schuld bist. Maria hätte nicht sterben müssen, wenn du uns nicht verraten hättest. Und wenn du zufällig in nächster Zeit mal wieder deine Eltern besuchen solltest… Na ja, vielleicht hat man sie auch schon gefunden!“

      „Nein!“, brüllte Harry.

      „Du bist schuld daran, Harry! Nur du ganz allein – so wie du auch schuld daran bist, dass mein Bruder und fast alle Führungskräfte der ‚Matadores de la Bronx’ verhaftet wurden!“

      „Nein!“, schrie Harry Gonzales noch einmal.

      „Aber irgendwann werde ich zuschlagen und auch dein Leben ausknipsen. Aber vorher wird dich die Schuld innerlich aufgefressen haben. Wenn ich dich töte, wirst du innerlich längst tot sein.“

      „Hey, was ist mit Ihnen los?“, drang eine Stimme wie aus weiter Ferne in Harry Gonzales’ Bewusstsein. Hände fassten ihn bei den Schultern. „Soll ich einen Arzt holen?“

      Erst jetzt begriff Harry Gonzales, dass es nur eine Erinnerung gewesen war,


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