8 Krimis: Killer kennen kein Gebot: Krimi Sammelband 8009. Frank Rehfeld

8 Krimis: Killer kennen kein Gebot: Krimi Sammelband 8009 - Frank Rehfeld


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ihn wieder zu übermannen. Er sah sich erneut die Wohnung seiner Eltern betreten. Sah das Blut an den Wänden. Den Geruch…

      „Hören Sie, Sie sehen wirklich so aus, als wäre Ihnen nicht gut. Soll ich nicht doch besser den Emergency Service rufen?“, fragte der stämmige, grauhaarige Mann mit den wachen, dunkelbraunen Augen. Auf seiner hohen Stirn hatte sich eine tiefe Furche gebildet.

      Harry Gonzales wandte den Kopf.

      In dieser Sekunde nahm er den Grauhaarigen zum ersten Mal bewusst wahr.

      „Es geht schon“, behauptete Gonzales.

      „Wirklich?“

      „Wirklich.“

      Der Grauhaarige zuckte mit den Schultern. „Wie Sie meinen.“ Irritiert ging er davon und drehte sich nach ein paar Dutzend Yards noch einmal um.

      Harry Gonzales stand in sich versunken da und beachtete den Mann schon gar nicht mehr.

      Die rechte Hand steckte in der tiefen Tasche seines Mantels und umfasste den Griff einer Pistole.

      Sie hätten mir helfen können, Lieutenant O’Rourke!, dachte er. Aber Sie haben es nicht getan.

      11

      Am nächsten Tag fanden wir uns im Büro unseres Chefs zur Besprechung ein. Außer Milo und mir waren auch unsere Kollegen Clive Caravaggio und Orry Medina sowie eine ganze Reihe weiterer Agenten unseres Field Office anwesend. Darunter auch Max Carter, ein Innendienstler aus unserer Fahndungsabteilung und Dave Oaktree, der Chefballistiker des FBI New York.

      „Guten Morgen“, begrüßte uns Mr McKee, nachdem alle anwesend waren. Seine Sekretärin Mandy hatte uns Kaffee serviert und ich nippte an dem heißen, aber unvergleichlich guten Gebräu. „Wer von Ihnen Lokalnachrichten gehört hat oder schon dazu gekommen ist, eine Zeitung zu lesen, wird bemerkt haben, dass der Fall O’Rourke hohe Welle geschlagen hat. Einige Medien scheinen die Sache für ihre Zwecke ausnutzen zu wollen. Das Ganze geht etwa in die Richtung, dass man sich in der Stadt wohl nicht mehr sicher fühlen kann, wenn schon Polizisten umgebracht werden. Das ist natürlich Unsinn. Jeder weiß, dass die Verbrechensraten in New York seit Jahren konstant rückläufig sind. Ich fürchte nur, dass von dieser Wahrheit in der Öffentlichkeit kaum etwas durchdringen wird!“

      „Andererseits hat uns der Gang an die Öffentlichkeit den Hinweis auf Fredo’s Fish Bar beschert“, hielt Max Carter dem entgegen.

      Mr McKee nickte. „Ja, das ist richtig, Max“, räumte er ein. „Aber ich denke, auch Sie sind erschrocken darüber, welche Folgen dieser Gang an die Öffentlichkeit darüber hinaus hatte. Ich bin weit davon entfernt, die Maßnahme für falsch zu halten. Schließlich habe ich sie selbst nach reiflicher Überlegung angeordnet. Ich will nur, dass jedem von Ihnen klar ist, was für ein zweischneidiges Schwert es sein kann, die Öffentlichkeit in die Fahndungsarbeit mit einzubeziehen. Die Sache gleitet einem schneller aus der Hand, als einem lieb ist.“ Mr McKees Gesichtsausdruck wirkte sehr ernst, während er das sagte. Für einen kurzen Moment herrschte absolute Stille im Büro. Dann wandte er sich an Max. „Es liegen tatsächlich ein paar neue Erkenntnisse vor. Vielleicht fassen Sie den Kollegen kurz die Lage zusammen.“

      „Ja, Sir. Auf jeden Fall ist die Pier an der 45th Street in Queens tatsächlich der Tatort. Erstens besteht kein Zweifel mehr daran, dass der Fleck auf dem Asphalt eine Blutlache war, zweitens, dass es so gut wie unmöglich wäre, allein diesen Blutverlust zu verkraften und dass drittens der Tote zum Wasser geschleift worden ist.“

      „Außerdem konnte ein Projektil in der Uferböschung sichergestellt werden“, ergänzte Dave Oaktree. „Der Untersuchung nach stammt es aus derselben Waffe, mit der O’Rourke getötet wurde, sodass wir das Ergebnis der DNA-Analyse wohl nicht abwarten brauchen, um davon ausgehen zu können, dass wir tatsächlich den Tatort gefunden haben.“

      „Was ist mit den Zeugenaussagen von Jamie Fredo und seinen Angestellten?“, hakte Mr McKee nach.

      „Daraus sind Phantombilder hervorgegangen“, erläuterte Max Carter und präsentierte uns das erste dieser Bilder mit Hilfe eines Beamers in überdimensionaler Größe an der Wand. Es zeigte einen Mann mit gelocktem Haar. „Die haben wir mit Personen abgeglichen, die in irgendeinem Zusammenhang mit O’Rourke standen und sind bei beiden fündig geworden. Wir haben eine mindestens 85-prozentige Übereinstimmung zwischen dem Mann, mit dem sich O’Rourke einmal in der Fish Bar getroffen hat, einem gewissen Harry Gonzales. Gonzales war ein kleiner Dealer und Mitglied einer puertoricanischen Drogengang mit der Bezeichnung ‚Los Matadores de la Bronx’. Mit seiner Hilfe wurde Ethan Benitez, der Anführer der Gang zusammen mit dem Großteil seines Führungspersonals verhaftet.“

      „Lass mich raten: Brian O’Rourke war maßgeblich an der Verhaftung beteiligt!“, glaubte Clive.

      Max bestätigte dies. „So ist es. Angeblich versucht Benitez’ Bruder Langdon – genannt ‚El Rey’ – die Gang wieder aufzubauen. Tatsache ist, dass Harry Gonzales’ Eltern und seine Schwester kurz nach Ethan Benitez’ Verhaftung ermordet wurden.“

      „Der Schluss liegt nahe, dass es sich da um einen Rachefeldzug handelt“, meinte Mr McKee. „Ist Harry Gonzales im Zeugenschutzprogramm?“

      „Nein. Den Grund dafür müssen wir noch herausfinden.“

      „Auf jeden Fall gehörte Gonzales nicht zu den Fällen, in denen O’Rourke wegen des Unterschiebens von Beweismaterial und Erpressung von Spitzeldiensten ins juristische Kreuzfeuer kam“, stellte Mr McKee mit Blick auf seine Unterlagen fest.

      „Die Tatsache, dass Gonzales O’Rourke nicht angezeigt hat, heißt nicht, dass es in seinem Fall nicht auch so gewesen sein könnte“, gab Milo zu bedenken. „Vielleicht hatte Gonzales einfach nur kein Vertrauen in die Polizei.“

      „In dem Fall hätte Gonzales ein erstklassiges Motiv, um O’Rourke umzubringen“, glaubte Orry. „Er könnte O’Rourke für den Tod seiner Eltern und Schwester verantwortlich gemacht haben.“

      „Allerdings ist ja wohl noch nicht erwiesen, dass Gonzales tatsächlich die Person war, mit der O’Rourke an dem Abend telefonierte“, gab ich zu bedenken. „Sein Handy wurde ja leider nie aufgefunden.“

      „Wir gehen der Spur auf jeden Fall weiter nach“, entschied Mr McKee. „Ist Gonzales Aufenthaltsort bekannt?“

      „Leider nicht“, sagte Max. „Er scheint untergetaucht zu sein.“

      „Er wird zur Fahndung ausgeschrieben, aber wir gehen nicht an die Öffentlichkeit damit“, bestimmte unser Chef. „Was ist mit der Frau?“

      Max Carter projizierte ihr Phantombild an die Wand und überblendete es anschließend mit dem Foto, das anlässlich einer Festnahme gemacht worden war.

      „Hier ergibt sich eine hohe Übereinstimmung mit Christine Vistano, einem mehrfach verurteiltem Callgirl.“

      „Auf O’Rourkes Revier in Queens glaubte man, Christine sei seine Freundin“, ergänzte ich.

      Clive Caravaggio zuckte mit den Schultern und warf ein: „Wer weiß, vielleicht glaubte O’Rourke das sogar selbst.“ In knappen Worten informierte er uns darüber, wie und unter welchen Umständen Christine Vistano in O’Rourkes Haus aufgegriffen worden war.

      „Unsere Verhörspezialisten Dirk Baker und Mell Horster haben sich die halbe Nacht mit ihr befasst und versucht, etwas aus ihr herauszubekommen, das über ihre Standard-Aussage hinausging, mit der sie bereits uns abgespeist hatte. Heute Morgen ist ihre Kautionsverhandlung. Ihr Anwalt ist ein gewisser Mike Bandella, der zuvor häufiger mal für Benny Vargas tätig war.“

      „Das ist ein interessantes Detail“, murmelte ich.

      „Es kommt noch besser“, mischte sich nun Dave Oaktree ein. „Die konfiszierte Waffe vom Kaliber 22 wurde bei derselben Schießerei in Benny Vargas’ Club ‚El Abraxas’ benutzt, wie die 45er mit der O’Rourke ermordet wurde.“

      „Dann


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