Ein erlesener Mord. Фиона Грейс
Leben anfingen, in eine andere Stadt zogen, oder vielleicht ein ganzes Jahr auf einer exotischen Insel verbrachten. Das wäre ein Abenteuer, und sie könnten zusammen ausspannen und ihre Zweisamkeit genießen.
Olivia war nie sonderlich enthusiastisch über Heirat und Kinderkriegen gewesen, und sie wusste, dass es Matt genauso ging, aber sie sehnte sich nach dem einfachen Luxus, einfach nur Zeit mit ihm verbringen zu können, ohne all die Termine, Meetings und endlosen Arbeitsstunden, mit denen sie derzeit beide fertigwerden mussten. Auf einer Insel war das möglich.
Dann holte sie die Realität wieder ein. Matt liebte seinen Job und hatte nie auch nur angedeutet, dass er unglücklich wäre. Außerdem war er ein Stadtmensch, der das Treiben des Großstadtlebens genoss. Das konnte es also nicht sein. Was war es dann?
„Was wird ein Schock sein?“ Unbehagen überfiel sie.
„Es funktioniert nicht.“
„Was meinst du?“ Ihre eigene Stimme klang plötzlich kümmerlich und fremd.
„Wir.“ Er warf ihr eines seiner ihm so typischen entschuldigenden Lächeln zu, mit angespannten Lippen, Fältchen an den Augenwinkeln und schiefgelegtem Kopf. „Wir funktionieren nicht. Es tut mir so leid. Ich wünschte, es wäre anders verlaufen. Aber so ist es nun mal. Es ist nicht leicht, es auszusprechen, aber es ist aus.“
KAPITEL DREI
Olivia starrte Matt ungläubig an.
Wovon sprach er da? War das ein grausamer Scherz?
Sie verwarf den Gedanken sofort. Matt war nicht der Typ für solche Scherze. Allerdings hatte sie auch nicht gedacht, dass er der Typ wäre, der sie zum Abendessen in ein nobles Restaurant einlud, um dann mit ihr Schluss zu machen, noch bevor der Wein eintraf.
„Aber – wieso?”, fragte sie. „Matt, wieso tust du das? Wir waren doch glücklich miteinander. Naja, ich war glücklich. Ich weiß, dass wir uns nicht so oft gesehen haben, wie es eigentlich hätte sein sollen, aber das war doch nur, weil wir so beschäftigt waren.“
Er nickte anerkennend, als hätte sie gerade den Nagel auf den Kopf getroffen.
„Genau, Liv. Das ist genau das Problem. Du hast es perfekt zusammengefasst. Wir sind beide so beschäftigt. Wir sehen uns vielleicht gerademal einen oder zwei Abende pro Woche.“ Er beugte sich vor und sprach in einem ruhigeren, vertraulicheren Ton. „Aber es ist mehr als das. Wir sind völlig verschiedene Menschen. Ich bin höchst organisiert. Es ist schwer, mit jemandem zusammenzuleben, der so unorganisiert ist wie du. Du schraubst nie den Deckel wieder auf die Zahnpastatube, und letzte Woche, als ich in einem Meeting meinen Aktenkoffer geöffnet habe, ist ein Höschen von dir herausgefallen. Das war extrem peinlich für mich. Es waren zwanzig internationale Investoren da, und ein pinkes Spitzenhöschen mit der Aufschrift ‚Du fehlst mir‘ auf dem Tisch des Vorstands hat nicht ganz den professionellen Eindruck hinterlassen, den ich eigentlich hinterlassen wollte und den meine Firma von mir erwartet.“
Olivia meinte, ein unterdrücktes Kichern zu hören. Sie sah sich um, und merkte, dass ihre Unterhaltung die Aufmerksamkeit von drei Frauen am Nachbartisch erregt hatte, die nun aufmerksam mithörten.
„Und wieso ist das passiert, Olivia?“, fuhr Matt fort. „Es ist passiert, weil du darauf bestehst, sie einfach auf den Boden zu schmeißen, wenn du sie ausziehst, anstatt sie in den Wäschekorb zu werfen. Nur sind sie dieses Mal in meinem Aktenkoffer gelandet. Das hätte verheerend für meine Karriere sein können. Und das ist nur ein Beispiel. Du warst nicht sonderlich unterstützend.“
Olivias Unterkiefer klappte herunter. Wovon sprach er da? Sie hatte ihn immer unterstützt.
„Als wir zusammengezogen sind, habe ich das Gästezimmer leergeräumt, damit du ein Arbeitszimmer hast, obwohl du es nie benutzt hast“, sagte sie, mittlerweile äußerst aufgebracht. „Ich habe unser Schlafzimmer weiß gestrichen, weil du mich darum gebeten hast. Ich habe meine Schränke ausgeräumt, damit du Platz für all deine Jacketts, Hemden und Schuhe hast. Ich habe mein geliebtes Bücherregal aufgegeben, damit du deinen riesigen Flachbildfernseher im Wohnzimmer unterbringen konntest.“
Ihre Möbel und ihr Bett waren geblieben. Matt hatte gesagt, dass er seine verkaufen würde. Aber, Moment! Olivia erinnerte sich, dass er gesagt hatte, dass er sie Leigh geben wollte, nachdem sie mit ihrem Freund Schluss gemacht hatte und in ihre eigene Wohnung gezogen war.
Olivia runzelte wegen eines plötzlichen Verdachts die Stirn. Doch noch bevor sie etwas sagen konnte, redete Matt weiter, als hätte er sie gar nicht gehört.
„Wie gesagt, ich habe über meine Lebensentscheidungen nachgedacht. Und Liv, ich habe das Gefühl, dass wir völlig unterschiedliche Dinge wollen. Ja, du warst glücklich, aber ich will jemanden, der für mich da ist. Der sich um mich kümmern kann, für mich kocht und mein Leben regelt.“
„Ich koche für dich!“ Die Worte kamen lauter aus ihrem Mund, als sie es beabsichtigt hatte.
Der Kellner, der den Wein brachte, zögerte erst, bevor er an ihren Tisch trat und die Flasche abstellte.
„Darf ich die Flasche öff–“, begann er zögernd, aber Matt gab ihm mit einer Handbewegung zu verstehen, dass er gerade nicht erwünscht war.
Mit aufrichtiger Empörung fuhr Olivia fort.
„Erst letzte Woche habe ich für uns Spaghetti Bolognese gekocht. Ich bin um fünf Uhr morgens aufgestanden, um die Soße im Schongarer vorzubereiten. Es hatte so lecker gerochen, dass ich von jedem Nachbarn Komplimente bekommen habe, als ich von der Arbeit zurückkam. Und was hast du gesagt? Weißt du noch, was du gesagt hast, als ich das Essen serviert habe? ‚Naja, ich hoffe, dass ich das überleben werde.‘ Du fandest das so witzig, und ich habe auch gelacht, aber es hat wehgetan.“
„Sprich ein bisschen leiser, ja“, sagte Matt mit einem verkniffenen Lächeln, aber sie konnte den Nachdruck in seiner Stimme hören.
Olivia blinzelte. Leiser sprechen? Er sagte ihr, sie sollte nicht herumschreien, nachdem er diese Bombe hatte platzen lassen, die ihr ganzes Leben durcheinanderwerfen würde?
„Du bist manchmal echt peinlich.“ Matts Stimme war jetzt beinahe ein Flüstern. „Dein lautes Reden in Restaurants ist eine Sache, die ich schon oft angesprochen habe. Nicht alle wollen deine witzigen Geschichten hören.“
„Doch, wollen wir“, hörte Olivia eine der Frauen am Nachbartisch murmeln.
„Und hast du wirklich Lidschatten benutzt, um eine Laufmasche zu touchieren? Machst du dir denn keine Gedanken, dass die Leute das merken könnten? Du hättest einfach eine Ersatzstrumpfhose in deiner Tasche haben und das Problem damit ganz einfach vermeiden können. Siehst du, so organisiert bist du.“
Olivia spürte, wie sie knallrot anlief.
„Das ist mir noch gar nicht aufgefallen“, hörte sie eine andere Frau sagen. Diesmal blickte sich auch Matt überrascht um.
Olivia nahm einen tiefen Atemzug.
„Wie kommst du darauf, dass das hier ein guter Augenblick ist, um darüber zu sprechen?“, fragte sie.
„Ich verlasse morgen das Land. Es ist ein kurzfristiges Arrangement. Das kommt unerwartet, ich weiß.“
Ihre Unterhaltung war mitunter so surreal, dass Olivia überzeugt war, dass sie das alles nur träumte. Das musste ein Albtraum sein, denn nichts hiervon ergab Sinn.
„Wohin gehst du?”
„Ich fliege für zwei Wochen nach Bermuda.“ Er blickte sie nicht an, als er das sagte.
„Für die Arbeit?“ Wieder sah sie, wie Matt wegen der Lautstärke ihrer Stimme zusammenzuckte.
„Es ist eine Konferenz, ja.“
„Kommt Leigh auch mit?“
Die Frage kam reflexartig – sie hatte keine Zeit gehabt, sie zu durchdenken – aber sie bemerkte seine Reaktion. Kurz wirkte er entsetzt, als hätte sie ihn bei etwas erwischt.
„Du und Leigh? Konferenzen dauern keine zwei Wochen. Das hat nichts mit deiner Arbeit zu tun. Stimmts?“
„Bitte