Mörder-Paket Juli 2020: 10 Krimis für den Strand: Sammelband 9015. A. F. Morland

Mörder-Paket Juli 2020: 10 Krimis für den Strand: Sammelband 9015 - A. F. Morland


Скачать книгу
wurden. Auf seiner Stirn hatten sich schillernde Schweißtröpfchen gebildet.

      „Hör mal, Calva“, presste er verzweifelt hervor. „Gib mir wenigstens zwei Tage. Ich verschaffe dir dein Geld. Du hast mein Wort. Zwei Tage, Calva. Was ist das schon?“

      „Keinen Tag, Rackin“, sagte Calva beinhart. Er trat einen Schritt zurück. Rackins Augen weiteten sich in panischem Entsetzen. Er ahnte, was jetzt kommen würde.

      Calva sagte: „Jungs!“

      Mehr brauchte er nicht zu sagen. Eddie Harvey und Ernie Walker verstanden sofort. Sie packten nach Rackin. Während Eddie den Barbesitzer hielt, begann Ernie auf den wehrlosen Mann einzudreschen.

      Nach zehn Minuten hielt Ernie kurz inne. Für ihn war dies erst die Ouvertüre gewesen. Grinsend und keuchend langte er in die Tasche, holte einen Schlagring hervor und streifte ihn mit sichtlichem Genuss über die groben Knöchel seiner rechten Hand.

      Rackin stieß einen entsetzten Schrei aus ...

      4

      „Mein Name ist Wendell Mann. Ich bin Arzt. Kann ich Ihnen helfen?“, fragte jemand neben mir.

      Ich starrte wie in Trance auf den toten Jazzmusiker, der mit heruntergeklappter Kinnlade vor mir saß und den Anschein erweckte, als würde er schlafen. Mein Gesicht musste dem Arzt eine ganze Menge verraten haben. Es war schließlich nicht leicht, den Tod Akim Kellys mit einem einfachen Achselzucken zu übergehen.

      „Ich fürchte, da ist nichts mehr zu machen, Doc“, raunte ich leise. Ich wollte kein überflüssiges Aufsehen machen. Es war genug, wenn einer schon fast durchgedreht hatte: Ich!

      Wendell Mann untersuchte meinen verhinderten Klienten kurz. Dann nickte er. „Sie haben recht, Mister. Der Mann ist tot.“

      „Er wurde vergiftet“, hörte ich mich sagen.

      „Um Himmels willen“, erschrak der Arzt.

      „Mit Zyankali.“

      Mann roch an dem Glas.

      „Tatsächlich ... Kannten Sie ihn?“

      Ich nickte.

      „Akim Kelly. Der derzeit bekannteste Jazzmusiker. Und der beste.“

      Dr. Mann zuckte die Achseln.

      „Ich mache mir nichts aus Jazz.“

      „Ich bin Privatdetektiv“, sagte ich leise. „Biff Calder. Er wollte mich um Hilfe bitten.“

      „Um Hilfe?“, fragte Dr. Mann erstaunt. „Weshalb?“

      „Er konnte es mir leider nicht mehr erzählen.“

      Dr. Mann sah den Toten nachdenklich an. Dann sagte er verwirrt: „Das ist ja schrecklich, Mr. Calder.“ Er sah sich um. Die Sexvorführungen gingen weiter. „Was werden Sie jetzt tun?“

      „Was schlagen Sie vor?“, fragte ich zurück.

      „Wenn Sie den Leuten sagen, was passiert ist, bricht eine Panik aus.“

      „Man kann aber unmöglich die Sexvorführungen weiterrollen lassen. Das wäre pietätlos. Der Flug muss abgebrochen werden. Die Polizei muss unverzüglich eingeschaltet werden. Einer der Passagiere oder jemand vom Personal hat Kelly vergiftet - das steht fest. Einer ist der Mörder.“

      Dr. Mann sah bestürzt in die Runde.

      Die Fluggäste gafften begeistert auf eine strippende Mulattin. Ihr Körper war jung und kräftig. Sie hatte breite Hüften, eine schmale Taille und straffe Brüste.

      „Würden Sie mir einen Gefallen tun, Doc?“, fragte ich.

      Dr. Manns Kopf flog in meine Richtung. Er war etwa fünfzig, hatte einen schwarzen Schnurrbart, dunkelbraune Augen, ein fliehendes Kinn und einen weit zurückgetretenen Haaransatz. Sein Blick war besorgt auf mein Gesicht gerichtet.

      „Was soll ich tun?“, fragte er hilfsbereit.

      „Holen Sie das Mädchen her, das den Drink gebracht hat.“

      „Natürlich“, nickte Mann und setzte sich ab.

      Während seiner Abwesenheit durchsuchte ich systematisch Kellys Taschen. Mir fiel ein Briefumschlag in die Hände. Aufgegeben in Boston. Gestern.

      Ich holte das Blatt Papier aus dem Umschlag und entfaltete es. Im selben Moment sprangen mir die Augen aus dem Kopf. Ich las:

      Zahl oder stirb! Fünfzigtausend Dollar bereithalten. Keine Polizei. Keine Detektive. Nächste Nachricht abwarten.

      Die ganze Geschichte war aus einem Stempelsetzkasten zusammengefügt und auf dieses Blatt Papier gestempelt worden.

      Nun sah ich mit einem Mal klar. Jetzt wusste ich, was Akim Kelly bedrückt hatte. Er hatte sich trotz des ausdrücklichen Wunsches des Erpressers mit einem Detektiv in Verbindung gesetzt. Das hatte ihn das Leben gekostet.

      Ich sah mich um. Wer von diesen scheinheiligen Figuren war der Mann, der das getan hatte? Oder war es eine Frau gewesen?

      Ich schob den Erpresserbrief in die Innentasche meines Jacketts.

      Dr. Mann kam mit dem Oben-ohne-Mädchen, das Grace hieß, wie ich später erfuhr.

      Grace war so blass wie kaltes Hammelfett. Sie wusste Bescheid, das sah man auf den ersten Blick. Dr. Mann hatte ihr bereits erzählt, worum es ging. Grace starrte unentwegt auf den Toten. Sie zitterte am ganzen schönen Körper. Sie hatte in ihrem jungen Leben noch nie einen toten Menschen gesehen, deshalb überwältigte sie der Anblick Kellys so sehr.

      „Wir haben bereits den Captain verständigt, Mr. Calder“, teilte mir der Arzt mit.

      „Und?“

      „Er setzt sich soeben mit der Bodenstation in Verbindung.“

      „Was hat er dazu gesagt?“, fragte ich.

      „Er ist der Meinung, wir sollen Kellys Tod noch kurze Zeit geheimhalten, wenn wir eine Panik vermeiden wollen“, sagte Dr. Mann.

      „Okay. Und was weiter?“, erkundigte ich mich.

      Was weiter geschehen sollte, erfuhr ich vom Captain persönlich in derselben Sekunde. Es knackte im Bordlautsprecher. Dann vernahmen wir die vertraute Stimme des Piloten.

      „Ladies and Gentlemen, hier spricht der Captain. Ich habe Ihnen leider eine betrübliche Mitteilung zu machen. Wir müssen diesen Flug aus technischen Gründen abbrechen. Es besteht jedoch kein Grund zur Besorgnis. Es handelt sich lediglich um eine Kleinigkeit. Da uns die Sicherheit unserer Passagiere aber über alles geht, lassen wir selbstverständlich die kleinste Kleinigkeit nicht außer Acht. Selbstverständlich können Sie diesen Rundflug gratis zu einem anderen Zeitpunkt, den Sie bestimmen, wiederholen. Die Fluggesellschaft lässt Ihnen durch mich den Dank für Ihr Verständnis aussprechen.“ Wieder knackte es. Der Captain war nicht mehr da.

      Obwohl der Captain kein einziges beunruhigendes Wort fallenlassen hatte, wurden die Passagiere mit einem Mal nervös und merklich schweigsam. Die Sexvorstellungen wurden abgebrochen. Man spielte nur noch harmlose Musik, und ich fragte mich, warum es ausgerechnet Jazzmusik sein musste, die man über die Lautsprecher auf die nervösen


Скачать книгу