Unsere Heilige Ehre. Джек Марс

Unsere Heilige Ehre - Джек Марс


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mit dem Koran in großem Eifer gegen sie. Bekämpfe sie; so wird Allah sie durch deine Hand bestrafen und demütigen und dir gegen sie helfen.“

      Der Junge war so kampferfahren, wie man nur sein konnte. Mit fünfzehn Jahren hatte er seine Heimat und seine Familie verlassen, um der Armee Gottes beizutreten. Er war nach Syrien gereist und hatte zwei Jahre damit verbracht, in den Straßen, Angesicht zu Angesicht gegen die Apostaten von Daesh zu kämpfen, die die Leute aus dem Westen als den Islamischen Staat bezeichneten.

      Die Anhänger von Daesh hatten keine Angst vor dem Tod – im Gegenteil, sie hießen ihn sogar willkommen. Viele von ihnen waren Tschetschenen oder Iraker und nur schwer zu töten. Die Anfangszeit war ein besonders schlimmer Alptraum gewesen, aber der Junge hatte überlebt. In diesen zwei Jahren hatte er zahlreiche Schlachten überstanden und noch mehr Menschen getötet. Und er hatte einiges über den Krieg gelernt.

      Jetzt stand er in der Dunkelheit auf einem Hügel im Norden Israels. Er hatte einen Raketenwerfer zur Panzerabwehr auf seiner rechten Schulter. Noch vor wenigen Jahren wäre dieses schwere Geschütz unerträglich gewesen und seine Knochen hätten angefangen zu schmerzen. Aber jetzt war er stärker. Das Gewicht machte ihm nicht mehr viel aus.

      Er war von spärlichem Baumbewuchs umgeben. In seiner Nähe war ein Trupp Soldaten, die die Straße unterhalb beobachteten.

      „Lasst also für Allahs Sache diejenigen kämpfen, die das irdische Leben um den Preis des jenseitigen Lebens verkaufen“, sagte er leise, fast unhörbar. „Und wer für Allahs Sache kämpft, alsdann getötet wird oder siegt, dem werden Wir einen gewaltigen Lohn geben.“

      „Abu!“, flüsterte jemand nachdringlich.

      „Ja.“ Seine Stimme war gelassen.

      „Sei ruhig!“

      Abu atmete tief ein und stieß den Atem langsam und kontrolliert aus.

      Er war ein Experte im Umgang mit dem Raketenwerfer. Er hatte so viele Male aus ihnen gefeuert, dass seine Genauigkeit inzwischen sehr wertvoll war. Das war eine Sache, die er über den Krieg gelernt hatte. Je länger man am Leben blieb, je mehr Fähigkeiten man sich erarbeitete, desto besser wurde man. Je besser man wurde, desto wertvoller war man und desto wahrscheinlicher war es, dass man einen weiteren Tag überlebte. Er hatte viele gekannt, die es nicht lange geschafft hatten – eine Woche, zehn Tage. Einmal hatte er sogar jemanden kennengelernt, der gleich am ersten Tag getötet worden war. Wenn man aber einmal den ersten Monat hinter sich hatte, dann –

      „Abu!“, zischte die Stimme erneut.

      Er nickte. „Ja.“

      „Bist du bereit? Sie kommen.“

      „Okay.“

      Er führte die Handgriffe routiniert durch, ganz entspannt, fast, als würde er nur üben. Er hievte den Raketenwerfer hoch und faltete den Ständer aus. Er legte seine linke Hand auf das Rohr und richtete das Visier aus, nur ganz leicht, bis das Ziel in seinem Blickfeld war. Zu schnell zu fest zuzupacken war keine gute Idee. Der Zeigefinger seiner rechten Hand umspielte den Abzug. Er näherte sich mit dem Kopf an das Visier an, blickte aber noch nicht hindurch. Er bevorzugte es, bis zum letzten Moment ein freies Blickfeld zu haben, sodass er die gesamte Situation überblicken konnte. Seine Knie waren leicht gebeugt.

      Jetzt konnte er die Scheinwerfer des Konvois sehen, die hinter dem Hügel zu seiner Rechten auftauchten. Sie arbeiteten sich langsam die Straße hinauf. Die Lichter schienen gen Himmel und warfen wirre Schatten. Ein paar Sekunden später konnte er das Rumpeln der Motoren hören.

      Er atmete erneut tief ein.

      „Ruhig …“, sagte eine strenge Stimme. „Ganz ruhig.“

      „Allmächtiger Allah“, sagte Abu und sprach jetzt schneller und lauter als zuvor. „Führe meine Hände und meine Augen. Bring Tod über deine Feinde, in deinem Namen und im Namen deines Propheten Mohammed und aller großen Propheten.“

      Der erste Jeep kam um die Kurve. Seine runden Scheinwerfer waren jetzt deutlich zu sehen, wie sie durch den nächtlichen Nebel schnitten.

      Der junge Abu spürte das Gewicht des schweren Raketenwerfers jetzt stärker. Er blickte mit dem rechten Auge durch das Visier. Die Fahrzeuge wurden schlagartig größer und erschienen so nah, als könnte er sie anfassen. Sein Finger schloss sich um den Abzug. Er hielt den Atem an. Er war nicht länger nur ein Junge mit einem Raketenwerfer – er und die Waffe verschmolzen zu einem Wesen, zu einer Todesmaschine.

      Um ihn herum bewegten sich die Männer wie Schlangen und krochen auf die Straße zu.

      „Ruhig“, sagte die Stimme erneut. „Das zweite Fahrzeug, hörst du?“

      „Ja.“

      In seinem Visier war der zweite Jeep jetzt genau in der Mitte. Er konnte die Silhouetten seiner Insassen sehen.

      „Einfach“, flüsterte er. „So einfach … ganz ruhig …“

      Zwei Sekunden vergingen, in denen Abu den Fahrzeugen mit dem Lauf des Raketenwerfers folgte, langsam von rechts nach links, ohne zu zittern.

      „FEUER!“

* * *

      Jetzt kam der Teil ihrer Patrouille, den Avraham Gold am meisten hasste.

      Hassen war vielleicht der falsche Ausdruck. Er hatte Angst. Jeden Moment wäre es so weit.

      Er redete immer zu viel. Die Worte sprudelten einfach so aus ihm hervor, nur weil er endlich hier wegwollte. Er nahm einen langen Zug von seiner Zigarette – eigentlich war es gegen die Vorschriften, auf Patrouille zu rauchen, aber das war das Einzige, was ihn beruhigte.

      „Israel verlassen?“, sagte er. „Niemals! Israel ist meine Heimat, jetzt und für immer. Natürlich würde ich gerne mal ins Ausland, aber auswandern? Wie könnte ich? Gott hat uns gerufen, hier zu leben. Dies ist das Heilige Land. Das Land, das uns versprochen wurde.“

      Avraham war zwanzig Jahre alt, ein Unteroffizier der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte, der IDF. Seine Großeltern waren Deutsche, die den Holocaust überlebt hatten. Er glaubte an jedes Wort, das er gerade gesagt hatte. Aber seine Ausrede klang trotzdem hohl, wie ein kitschiger Werbefilm im Fernsehen.

      Er saß am Steuer eines Jeeps, der Dritte in einer Kolonne. Er blickte das Mädchen an, das neben ihm saß. Daria. Mein Gott, ist sie hübsch!

      Selbst mit ihrem kurz geschorenen Haar, selbst in der nicht gerade vorteilhaften Uniform. Es war ihr Lächeln. Ihr Lächeln erhellte den Himmel. Und ihre langen Wimpern – wie die einer Katze.

      Sie war fehl am Platze hier, in diesem … Niemandsland. Besonders mit ihren Ansichten. Sie war eine Liberale. Es sollte keine Liberalen bei der IDF geben, dachte Avraham. Sie waren nutzlos. Und Daria war noch schlimmer. Sie war …

      „Ich glaube nicht an euren Gott“, sagte sie nur. „Das weißt du.“

      Jetzt lächelte Avraham. „Ich weiß, und wenn du nicht mehr bei der Armee bist, wirst du –“

      Sie beendete den Satz für ihn. „Nach Brooklyn ziehen, genau. Mein Cousin hat dort eine Umzugsfirma.“

      Er lachte fast laut auf, trotz seiner Nervosität. „Bist du nicht ein bisschen zu dürr dafür, Sofas und Klaviere die Treppen hoch und runter zu tragen?“

      „Ich bin stärker als du vielleicht –“

      In dem Moment knackte das Radio. „Abel-Patrouille. Bitte melden, Abel-Patrouille.“

      Er nahm den Receiver ab. „Abel.“

      „Wo steckt ihr?“, fragte die blecherne Stimme.

      „Wir kommen gerade in Sektor Neun an.“

      „Gerade rechtzeitig. Okay. Haltet die Augen auf.“

      „Ja, Sir“, sagte Avraham. Er legte den Receiver auf und blickte Daria an.

      Sie schüttelte ihren Kopf. „Wenn die Sache so schlimm ist, warum unternehmen sie dann nichts dagegen?“

      Er zuckte mit den Achseln. „So ist das Militär. Sie unternehmen erst etwas, nachdem irgendwas Schreckliches passiert


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