BRENNENDE SCHATTEN. Rachel Amphlett

BRENNENDE SCHATTEN - Rachel Amphlett


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sich vorsichtig aus dem stockenden Verkehr hinaus, um anschließend über die Abfahrt die doppelspurige Schnellstraße zu verlassen.

      Der Van hinter ihm blieb dabei in seinem Kielwasser und folgte ihm die Abfahrt hinunter. Grant warf einen kurzen Blick in den Rückspiegel und grinste. Offensichtlich hatte noch jemand anderes die Nase voll vom Stau.

      Als sein Auto die Abfahrtsrampe hinunterrollte, wurde es automatisch schneller, dann verlangsamte Grant es allerdings wieder, als er am Ende der Abfahrt auf eine grüne Ampel zufuhr. Er bog nun nach rechts ab und bremste an einer T-Kreuzung.

      Die Wucht des plötzlichen Aufpralls, als jemand in ihn hineinfuhr, warf ihn nach vorn und presste seinen Körper in den Sicherheitsgurt. Er blinzelte schockiert, hielt das Lenkrad fest umklammert und korrigierte schnell die Richtung des Autos, als es zur Kreuzungsmitte abdriftete. Die Lichthupe des Vans blitzte einmal kurz auf. Grant stöhnte, lenkte den Wagen über die Kreuzung und hielt dann auf der gegenüberliegenden Straßenseite an.

      Die Straße war verlassen und außer den beiden Wagen waren hier keine Fahrzeuge unterwegs. Über dem Mercedes flackerte eine Straßenlaterne und warf schimmerndes Licht auf den nassen Asphalt.

      Absolut fantastisch. Er schlug mit den Handflächen auf das Lenkrad, stellte den Schalthebel auf Parken und löste den Sicherheitsgurt, während sein Herz wild hämmerte.

      Hoffentlich hat der Idiot eine Versicherung. Er beugte sich zum Handschuhfach hinunter, öffnete die Klappe und nahm ein kleines Notizbuch heraus. Danach griff er noch tiefer in das Fach und nahm einen Kugelschreiber, dessen Ende bereits angeknabbert war. Anschließend schloss er die Klappe wieder und legte seine Hand auf den Türgriff.

      Er warf einen kurzen Blick in den Außenspiegel und erstarrte, denn eine schemenhafte Gestalt war nun aus dem anderen Fahrzeug ausgestiegen, hatte sich einen Mantel über den Kopf gezogen und rannte auf sein Auto zu. Grant drückte den Schalter, der das Fenster öffnete und blinzelte, als der Regen hineinpeitschte.

      Die Gestalt blieb an der Wagentür stehen und bückte sich. Bei diesen schlechten Lichtverhältnissen konnte Grant nur ein bärtiges Kinn und eine Kapuze, die den oberen Teil des Gesichtes verdeckte, erkennen, während der Regen in Sturzbächen den Rücken der Gestalt hinunterlief. Der Mann musste gegen den Lärm des Sturms anschreien.

      »Es tut mir leid! Meine Frau ist zu Hause und sie erwartet gerade unser erstes Kind. Ich hab noch versucht, anzuhalten, aber die Bremsen haben einfach nicht mehr gegriffen. Ist bei Ihnen alles okay?«

      Grant hielt ihm den Notizblock und Stift entgegen. »Geben Sie mir einfach Ihre Versicherungsdaten und ich schreibe Ihnen meine auf.«

      Der Mann nickte und öffnete den Mund, um noch etwas zu sagen, doch dann wurde plötzlich ohne Vorwarnung die Beifahrertür aufgerissen. Grant drehte sich überrascht in diese Richtung, als ein anderer Mann den Aktenkoffer auf den Boden stieß und sich auf ihn stürzte. Grant schrie und versuchte verzweifelt, die Fahrertür zu öffnen, doch dann spürte er, wie sich ein Arm eng um seinen Hals legte. Keuchend schnappte er nach Luft.

      Der Mann mit der Kapuze lehnte sich nun durch das Fenster und flüsterte ihm ins Ohr: »Nicht dagegen ankämpfen … du machst es nur noch schlimmer.«

      Der andere Angreifer hatte inzwischen eine Spritze hervorgeholt und hielt sie mit nach oben gerichteter Nadel in der Hand.

      Grant trat mit seinen Füßen hilflos auf den Wagenboden ein und seine Schuhspitzen stießen dabei gegen das Gaspedal. Der Mann mit der Spritze grinste und sein kurz geschnittenes grau meliertes Haar schimmerte im schwachen Licht der Innenraumbeleuchtung.

      Während Galle in ihm hochstieg, versuchte Grant, den Griff um seinen Hals abzuschütteln. Der grauhaarige Mann packte daraufhin sein Handgelenk, schob seinen Ärmel hoch und versenkte die Nadel in Grants Vene.

      Dieser öffnete seinen Mund, um alles hinauszubrüllen … die Angst, den Schmerz und die Frustration … doch sofort presste der Kapuzenmann ihm die Hand auf den Mund, sodass nur noch ein gedämpfter Schrei zu hören war.

      Der andere Mann entspannte sich jetzt, lehnte sich auf dem Beifahrersitz zurück und beobachtete Grant mit glänzenden Augen.

      In dessen Kopf drehte sich plötzlich alles, sein Herzschlag, der gerade noch in seinen Ohren gedröhnt hatte, wurde allmählich langsamer, und vom Prasseln des Regens, der auf das Autodach trommelte, übertönt. Schwarze Punkte erschienen vor seinen Augen, dann ließ der Griff des Kapuzenmannes nach und Grant fiel zurück in seinen Sitz.

      Eine gedämpfte Stimme erklang nun neben ihm. »In sechzig Sekunden ist er ganz weg.«

      Sechzig Sekunden? Was passiert in sechzig Sekunden? Eine unfassbare Schläfrigkeit begann ihn auf einmal zu überwältigen. Grant blinzelte zweimal hektisch und versuchte sein Kinn von der Brust zu heben, weil er spürte, dass sein Kopf schlaff hinunterhing.

      Der Mann mit dem graumelierten Haar griff im Fußraum des Wagens nach Grants Aktenkoffer, öffnete ihn und begann, den Inhalt zu durchsuchen, dann ließ er ihn wieder zuschnappen und blickte den anderen Angreifer kopfschüttelnd an.

      »Da ist nichts drin. Wir nehmen ihn mit. Auf geht’s.«

      Grants Körper sackte nun endgültig in sich zusammen, als die Autotür geöffnet wurde. Der Kapuzenmann packte ihn, schaute sich kurz über die Schulter nach unerwünschten Zeugen um und begann dann vorsichtig, Grant aus dem Fahrzeug zu ziehen.

      »Nein …«, murmelte Grant. Verdammt, was hatten sie ihm da gegeben?

      Bevor er das Bewusstsein komplett verlor, spürte er, wie er in den hinteren Teil des Vans gehoben und eine Decke über seinem Körper ausgebreitet wurde. Der muffige Geruch von Öl drang in seine Nasenlöcher, während sich der harte Stahlboden des Fahrzeugs in seinen Rücken bohrte.

      Dann tauchte er ganz und gar in die Dunkelheit ein.

      Kapitel 1

      

       Arizona, USA

      

      Dan Taylor lief langsam über die staubtrockene Erde. Er trug eine dunkelgrüne Jacke, die mit Kevlar gepanzert war, eine farblich passende Hose sowie schwarze Schnürstiefel und ging gerade auf ein kleines, bösartig aussehendes Objekt zu, das vor ihm auf dem Boden lag.

      Über der unfruchtbaren Ebene zog Dunst auf, der den blauen wolkenlosen Himmel zu verschleiern begann. In der Ferne teilte er sich wieder und enthüllte dabei eine lang gezogene Hügelkette, die die Hitze des vergangenen Sommers braun versengt hatte. Ein paar verkümmerte Bäume unterbrachen die Monotonie der Landschaft und spendeten inmitten des verdorrten Grases und des allgegenwärtigen Staubes ein bisschen kostbaren Schatten.

      Während er sich dem Gegenstand näherte, wurde Dan immer langsamer. Fast ehrfürchtig umrundete er das Objekt vorsichtig im Uhrzeigersinn, wobei er kleine Steine und Kiesel aus dem Weg kickte.

      Während sich hinter ihm die Staubwolke langsam wieder senkte, hielt er inne und starrte den Apparat, der vor ihm in der Sonne glitzerte, intensiv an. Er seufzte leise und wartete darauf, dass sein Herz endlich aufhörte, wie verrückt gegen seine Rippen zu hämmern. Als sich sein Puls endlich ein bisschen beruhigt hatte, hockte er sich vorsichtig hin, ballte ein paar Mal die Fäuste, um seine Finger geschmeidig zu machen und konzentrierte seine Aufmerksamkeit dann auf die Sprengvorrichtung.

      Seine Augen blinzelten heftig hinter dem Visier, das sein Gesicht schützen sollte, denn ein Schweißtropfen rann ihm über die Stirn und drohte, in seine Augen zu laufen. Doch das Visier hochzuklappen und sich über das Gesicht zu wischen, war keine Option. Er schüttelte stattdessen leicht den Kopf, knetete seine Finger und fokussierte seine Aufmerksamkeit erneut auf die Apparatur.

      Dann lehnte er sich auf den Fersen ein wenig zurück, öffnete eine Tasche an der Vorderseite seiner Jacke und holte einen Satz kleiner Zangen heraus. Anschließend schloss er den Reißverschluss wieder, hielt die Zangen vor sein Gesicht und bückte sich so tief hinunter,


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