Swingerclub-Anekdoten. Howard Chance

Swingerclub-Anekdoten - Howard Chance


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später musste ich ihn nicht nur abmahnen, sondern kündigen, weil er abermals einigen Frauen ohne Erlaubnis an den Busen gegangen war. So jemand hatte in einem Swingerclub nichts zu suchen – erst recht nicht als bezahlter Angestellter.

      5. Der Frauen-Verkauf … Sklavin abzugeben. Koffer inklusive.

      Anrufe zu meinem Bürozeiten sind nichts Besonderes. Die meisten riefen an, um kurz zu checken, ob ihr Outfit geeignet ist, weil sie Fragen zum abendlichen Programm hatten oder zum laufenden Betrieb.

      Solos, Paare, Neulinge, Fetischfreunde. Die meisten waren schon bei dem ersten »Hallo« vorhersehbar. Und da heute SM auf unserer Veranstaltungsliste stand, waren die Lack- und Lederfragen nahezu vorprogrammiert.

      »’Nabend«, krähte ein Mann mit Ernie-Stimme ins Telefon, kaum dass ich abgehoben und meine Begrüßungsformel heruntergeleiert hatte.

      »Wie kann ich Ihnen helfen?«

      »Ich rüfe aus Erfurt an«, erklärte der Mann und brachte mit dieser Aussage Licht in die Ernie-Stimme. Die musste so!

      »Ich hätte da ne Sklavin abzugeben, aber das fällt mir schon ganz schön schwer. So im Herzen, wissen ’Se?«

      »Warum wollen ’Se se denn abgeben?« Ohne es zu wollen, verfiel ich in denselben Dialekt. Es war beinahe wie ein Selbstschutzreflex. Hilfe, die Sachsen (Anhalter) kommen.

      »Ich kann dat nisch mehr. Dat wird mir zu deuer. De isst zu viel und trinkt zu viel. Und rauchen tut so ooch und ich läbe von Hartz 4. Der Mann hat sie ja immer verprüüjelt.«

      »Ja und dann will’ste die Alte abgeben. Wie bist du jetzt auf uns gekommen?«

      »Ihr habt doch immer sohne SM so schöne am Donnerstag. Da hab ich gedacht, ich komm mal vorbei und da gebe ich se euch ab. Ich will auch nix für se haben, aber da weiß ich is se jut undergebracht.«

      »Du kennst uns doch gar nicht.«

      »Des wird schon de Richtigkeit haben, die is ja ooch devot. Die könnt ihr auch mit drei Männern ins Bett oder auf en Strich schicken, da verdient se sogar noch Geld für euch.«

      »Warum machst du das denn nicht?«

      »Ne, det kann isch nisch. Die kennen mir ja hier alle. In Erfurt«

      »Dann hättest du sie doch in irgendeinen Puff stecken können, wenn die so drauf ist.«

      »Die wes doch noch gar nüscht davon.«

      Ich schwankte zwischen Unglaube, Hohn und Lachen. Wieder so ein Freak, der meinte, mir einen vom Pferd erzählen zu müssen. Wahrscheinlich nahm er an, dass ich nur auf seinen Anruf gewartet hatte, und mir sonst langweilig wäre. Vermutlich holte er sich bei dem Gedanken an meine Erwartungshaltung und mein »Ich will die Alte haben« kräftisch einen runter, der Zonen-Frieder.

      Bemüht neutral meinte ich: »Das klingt aber alles hochinteressant. Ob wir da ins Geschäft kommen, das kann ich dir aber so nicht versprechen.«

      »Wichtisch ist nur, de Alte muss weck.«

      »Hmhm«, machte ich und kämpfte wieder gegen ein Lachen an. Solche Leute musste man einfach auflaufen lassen.

      »… die könnte ja ooch einen Unfall haben …«, fuhr mein Gesprächspartner fort. Es klang verdammt ernst.

      Ich verschluckte mich beinahe an meinem letzten Lach-Ton und protestierte jetzt doch. »Moment mal!«

      »Wie gesagt, so ren ämotionol find ich ’se ja nett, aber ’se kostet zu viel Schodder. De Alte muss also weck. Egol wie.«

      Ich entschloss mich mitzuspielen. Für komplett ausgedacht war mir die Geschichte zu abgedreht. »Ist die denn SM-mäßig drauf?«

      »Wat wes isch, aber die hat doch sowieso immer auf de Fresse gekriecht. Und wenn die jetze noch Jeld dafür kriech, wäre alles klar.«

      »Dafür?«, murmelte ich leise und verdrehte die Augen. Nett, wirklich eine ganz ausgesprochen reizende Person. »Und du hast mit deiner Freundin gesprochen?«

      »Jaja, habe ich schon. Ich habe auch schon enen Vertrag mit ihr gemacht. Einen Kaufvertrag von der Sklavenzentrale. Bringen wir dann ooch mit.«

      Jetzt platzte mir endgültig der Kragen. Entweder war ich gerade live im Radio oder der Typ war blöder, als die Polizei erlaubt. Wie konnte man gleichzeitig so involviert sein, so mit Sklavenvertrag und allem Drum und Dran und dann doch so dämlich, bei einem Swingerclub anzurufen, weil man angeblich seine Alte loswerden wollte. Was war ich? Eine Verwahrstelle für ungewollte Frauen, Seelentröster oder der Live-Depp von Verstehen Sie Spaß?

      »Willst du mir wirklich so einen Scheiß erzählen? Lass mich einfach in Ruhe! – Frohes Fest!« Energisch legte ich auf und hoffte, dass all meine nicht ausgesprochenen Flüche trotzdem beim Empfänger ankamen.

      Kurz bevor wir einige Stunden später offiziell unsere Pforte für die Gäste öffneten, klingelte es an der Tür. Mein erster Verdacht fiel auf Thilo, der zweite auf Britta und der dritte auf meinen Chef, der wieder einmal seinen Schlüssel irgendwo vergessen hatte.

      Aber die Realität war noch besser als meine Fantasie.

      Vor der Tür standen zwei reale Trantüten. Ein Mann und eine Frau, so richtig im Ossi-Design, als wäre die Wende nie vollzogen worden und sie direkt einem Vorurteilskatalog entsprungen. Innerhalb weniger Sekunden nahm mein Gehirn die Erich-Honecker-Gedächtnisbrille und die VEB-Karojacke wahr. Ob das seltsame Pärchen vierzig, fünfzig, oder gar sechzig Jahre alt war, konnte ich unmöglich feststellen, die Mimik der beiden schien festgefroren zu sein, die Gesichtsfarbe rangierte irgendwo zwischen grau und graubraun und die Frau wirkte unglücklich, müde und alt. Verhärmt. Als sei der Papp-Koffer, an den sie sich klammerte, das Einzige was sie noch aufrecht hielt.

      Ach du Scheiße!

      Plötzlich wusste ich ganz genau, wer vor mir stand. Und mindestens einer von beiden meinte das hier verdammt todernst.

      »Kommt doch erst einmal herein«, bat ich und manövrierte die beiden ungebetenen Gäste in mein Büro.

      »Gudrun, setzt dich hinn, hald de Fresse!«, befahl der Ossi, dann wandte er sich zu mir.

      »Hier sind die Papiere.«

      Er reichte mir einige Dokumente und sah mich erwartungsvoll an. Ich überflog die Seiten. Es war tatsächlich ein Sklavenvertrag. Waschecht und komplett ausgefüllt. Analstute Gudrun wurde uns darin zur vollständigen Verfügung gestellt. Inklusive von »Verprügelungen aller Art«, »sexueller Handlungen« etc. pp.

      Gruselig!

      Auf der letzten Seite sollte ich den Erhalt und den ordentlichen Zustand der Ware bestätigen.

      Die Ware.

      »Und was hält Gudrun davon?«, erkundigte ich mich. Ich sah sie an. »Weißt du, was hier passiert?«

      »Der hat mich verkooft«, jammerte sie in einem angemessen weinerlichen Tonfall. »Das ist sowieso ein ganz großer Tunichtgut.«

      »Sei nett anständig hier, sonst wirste verprieschelt!«, warnte Gudruns Möchtegern-Dom.

      Ich meinte ein wenig pikiert: »Ja, hier werden ständig alle Frauen verprügelt und danach selbstverständlich zum Sex gezwungen.«

      Der Ossi strahlte mich an. Offensichtlich hatte er weder meinen Sarkasmus erkannt, noch verstanden, dass SM im Grunde nur ein Spiel ist. Ein intimes, sinnliches Spiel, bei dem es um Erotik geht, um Lustschmerz und vor allem darum, dass BEIDE Spaß an der Sache haben.

      »Wissen ’Se«, fuhr der Verkäufer fort. »Se macht ja nicht viel Unrath un so. Und stubenrein ist se och… aber se isst enfach zu viel. Beim bümsen isse aber glasse.«

      Ich schüttelte den Kopf über so viel Dummheit und Naivität.

      »Okay,


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