Handbuch Sozialraumorientierung. Группа авторов

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Ressourcen für das jeweilige Handlungsfeld«.

      Dimension V. Themen- und Projektarbeit

      Zielgruppenübergreifendes Bearbeiten von Themen mit Relevanz für und im Interesse der Bevölkerung

      Eine sozialraumorientierte Betrachtungs- und Herangehensweise, die Themen ganzheitlich angeht und die Bevölkerung in sozialräumlichen Kontexten in den Blick nimmt, beschäftigt sich mit Themen, die von den Menschen vor Ort als wichtig erachtet werden. Solche Themen werden »situativ aufgegriffen, beteiligungsorientiert aufbereitet und lösungsorientiert bearbeitet«. Die Orientierung an Interessen und Motiven bringt es mit sich, dass diese Themen je nach Relevanz und Interesse der Bevölkerung wechseln können.

      Weil die jeweils wichtigen Themen situations- und interessenbedingt wechseln und zeitlich begrenzte Aktualität besitzen können, kommen Methoden der Projektarbeit häufig zur Anwendung, zumal es für sozialraumorientierte Soziale Arbeit in den diversen Handlungsfeldern Sozialer Arbeit unterschiedliche und oft auch keine dauerhaft gesicherten Finanzierungen (Regelfinanzierung) gibt, sondern diese über Projektfördermittel finanziert werden muss (siehe hierzu Dimension VI). Die methodische Vielfalt zur Bearbeitung von Themen geht jedoch über die Projektarbeit weit hinaus und kann Großgruppenmethoden wie »Worldcafé«, »Open Space« oder »Stadtteil-/Quartiererkundungen« ebenso beinhalten wie diverse aktivierende Befragungs-/Planungsmethoden oder Straßentheater bis hin zu konventionellen Formen wie Arbeitsgruppen und politischen Aktionen (vgl. Becker 2014: 183–187).

      Dimension VI. Qualitätsentwicklung und Finanzierung

      Entwicklung und Sicherung qualitätsvoller Arbeit nach Standards sozialraumorientierter Arbeit sowie der Finanzierung fallübergreifender und fallunspezifischer Arbeit

      Die »Sicherstellung und Weiterentwicklung von Finanzierung, Professionalität und Qualität der fachlichen Arbeit« dürfte für alle Handlungsfelder Sozialer Arbeit relevant sein. Die Finanzierung von Leistungen Sozialer Arbeit ist oft noch weitgehend an Problem-/Defizitindikatoren wie delinquentem Verhalten, Schulproblemen, Grad der Behinderung, Entwicklungsverzögerungen, Integrationsdefiziten etc. orientiert. Die entsprechenden gesetzlichen Hilfen beziehen sich meist auf Leistungen für Individuen oder Primärgruppen (z. B. Einzelperson, Haushaltsgemeinschaft, Familie) und auf spezifische Maßnahmen für die jeweilige »anspruchsberechtigte« Person. Deshalb gibt es gerade für sog. fallübergreifende oder fallunspezifische Arbeiten oft (noch) keinen gesetzlichen Pflichtleistungsanspruch. In einzelnen Handlungsfeldern, wie der GWA oder für Einrichtungen wie Frauenhäuser, gibt es bisher noch überhaupt keine gesetzlich gesicherte Regelfinanzierung.

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      Quelle: eigene Bearbeitung und Darstellung, Becker 2020

      Anmerkungen: Die obige Tabelle zeigt die Zuordnung von Aufgaben und Interventionen zu den jeweiligen Dimensionen des Handlungsauftrages Sozialer Arbeit nach dem Konzept SRO entsprechend den obigen Ausführungen.

      1.10 Kompetenzen sozialraumorientiert arbeitender Fachkräfte

      Professionelle Arbeit in Handlungsfeldern Sozialer Arbeit erfordert spezifische Kenntnisse sowie ein differenziertes Verständnis sozialer Probleme. Hierzu bedarf es der Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Strukturen und Prozessen, die problematische Lebenslagen produzieren können. Grundlage hierfür sind Fähigkeiten, gesellschaftliche Rahmenbedingungen wie demografische, ökonomische, politische und ökologische Strukturen und Prozesse analysieren und kritisch interpretieren zu können. Im Einzelnen geht es darum, wesentliche demografische Trends (wie Bevölkerungswachstum und -schrumpfung, Bevölkerungsmigration, Bevölkerungsalterung), ökonomische Entwicklungen (wie Globalisierung, Tertiarisierung, Polarisierung von Regionen und Stadtgesellschaften, Arbeits- und Wohnungsmarkt), politische Veränderungen (wie z. B. »unternehmerische Stadtpolitik« und »interkommunaler Wettbewerb«) und deren gesellschaftliche Auswirkungen zu kennen und diese vor dem Hintergrund entsprechender Theorien erklären sowie Interventionen im Rahmen staatlicher Sozial-/Wohlfahrtsregime konzipieren und bewerten zu können.

      Organisationen und Fachkräfte Sozialer Arbeit brauchen Zugang zu den für ihr Handlungsfeld jeweils relevanten Institutionen (Politik, Verwaltung, Wirtschaft etc.), um auf die entsprechenden Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse Einfluss nehmen zu können. Sie weisen an entsprechenden Stellen auf die aus sozialräumlichen Kontexten ihres Handlungsfeldes erkannten Bedarfe hin, versuchen Ressourcen zu bündeln und in das jeweilige Handlungsfeld zu lenken. Dabei geht es darum Kooperationspartner*innen zu gewinnen und somit zu einem*r wichtigen Akteur*in sozialer Aushandlungsprozesse zu werden.

      Darüber hinaus gilt es, die politischen, rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen für effektive Interventionen Sozialer Arbeit analysieren, bewerten und, auf sozialräumlich strukturierte Gegebenheiten übertragen, nutzen zu können. Das Wissen um individuelle Lebenslagen, aber auch sozialpsychologische und soziologische Erkenntnisse über menschliche Lebensformen und Milieus sind hilfreich, um Beteiligungs- und Aktivierungsprozesse in den sozialräumlichen Kontexten der jeweiligen Handlungsfelder Sozialer Arbeit entwickeln, initiieren und durchführen zu können, die den betroffenen Menschen, unter Einbezug ihrer Interessen und Fähigkeiten, mehr Handlungsoptionen eröffnen und ihre Selbstwirksamkeitserfahrungen erweitern.

      Sich als Fachkraft weniger als ›Problemlöser*in‹, sondern eher als ›Unterstützer*in‹ von Menschen, Potenzialen und Interessen, die teilweise bereits vorhanden, aber noch nicht zur Geltung gekommen sind, zu verstehen, ist dabei Teil der professionellen Haltung. Der Aufbau einer professionsbezogenen Identität kann durch eine Verständigung über die Geschichte und die Entwicklungsphasen des Handlungsfeldes ermöglicht und gefördert werden. Dazu ist die Reflexion des beruflichen Selbstverständnisses und der Wertvorstellungen, an denen sich das berufliche Engagement orientiert, erforderlich.


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