Land oder Leben. Claudia Heuermann

Land oder Leben - Claudia Heuermann


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jeder kleinste Punkt ausgiebig und von allen Seiten mit der Lupe betrachtet (um die Zecken besser sehen zu können, wurde ich zur Brillenträgerin), und immer wieder war es ein Schreck, wenn sich herausstellte, dass der Punkt Beine hatte. Es wurde zum blanken Horrorritual.

      Daneben wurde nun auch das Streunen am Waldrand verboten (der Wald war ja wegen der Bären ohnehin schon gestrichen), ums Haus herum durfte nur noch in der Mitte des kurz gemähten Rasens gespielt werden, und kaum ein Satz kam so häufig aus meinem Mund wie dieser: »Achtung, Kinder, nicht in die Büsche gehen!«

      Ich versuchte es mit Insektenspray, Diethyltoluamid – oder DEET –, welches laut ärztlichem Rat das einzig wirksame Mittel gegen die Blutsauger war. Diese chemische Keule, entwickelt von der US-Armee, konnte allerdings bei exzessiver Anwendung zu Nerven- und Hirnschäden führen und widersprach meinen Prinzipien von einem naturbelassenen Leben zutiefst. Wollte ich damit wirklich meine Kinder einschmieren? Was hatte da nun Vorrang, mögliche Nervenschäden durch Zeckenmittel oder mögliche Nervenschäden durch Zeckenstiche?

      Ich probierte das Mittel aus, zu groß war mein Grauen vor den kleinen Krabblern, doch schnell stellte sich heraus, dass DEET sowieso nicht den gewünschten Erfolg erzielte. Die Zecken kamen trotzdem, über die Hosen, Hemdsärmel und Haare. Sie warteten auch nicht nur in den Büschen und im hohen Gras, nein, sie saßen auch am Haus, im Türrahmen und auf der Türklinke, verharrten dort mit hochgestreckten Vorderbeinen, lauerten darauf, dass jemand sie berührte und abstreifte. Sie saßen auf der Klinke des Gartentors, manchmal vier oder fünf hintereinandergereiht, an der Scheunentür und sogar auf den Griffen von Schaufeln und Gartengeräten. Als wüssten sie, dass dort in Kürze jemand hinfassen würde. Einige fanden sogar den Weg ins Haus, aufs Sofa, in die Badewanne. Wir waren belagert!

      Die Kinder durften nun fast gar nichts mehr anfassen, und wenn sie rauswollten, mussten sie auch an heißen Tagen lange Ärmel, feste Schuhe, Hüte und in Strümpfe gesteckte Hosen anziehen. Bälle durften nur noch mit Spezialwerkzeugen aus den Büschen geholt und Fahrräder nur noch mit Handschuhen gefahren werden, und ich selbst ging nie mehr ohne hochgeschlossene Gummistiefel aus dem Haus und untersuchte meine Hände, Arme und Hosenbeine alle paar Minuten, was mich aussehen ließ wie eine Idiotin.

      Jene Zecken, die sich dennoch unbemerkt anhängen und festbeißen konnten, wurden sofort nach ihrer Entdeckung fachmännisch mit einer Spezialpinzette entfernt: Gerade nach oben und zügig (aber nicht ruckhaft), ohne zu drehen oder zu quetschen, wurden sie direkt an ihrem Kopf aus der Haut gezogen. Die Einstichstelle wurde anschließend gewaschen und desinfiziert, die Haut und das Allgemeinbefinden fortan genauestens beobachtet. Unsere Kühlschranktür zierte nun zur ständigen Konsultation eine großformatige Grafik:

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      Und so beherrschten uns diese winzigen Tierchen mehr oder weniger fast das gesamte Jahr hindurch. Es gab kein Entkommen, und ich sehnte schon im Mai den Winter herbei, denn nur Schnee und Minusgrade brachten eine kleine Verschnaufpause mit sich. Ich glaube, ich werde nie wieder irgendwo einen Waldrand oder hohe Gräser anschauen können, ohne an Zecken zu denken, und wahrscheinlich werde ich für den Rest meiner Tage beim Anblick kleinster Krümel und Punkte auf der Haut einen Panikanfall bekommen.

      Dennoch wollten wir uns zu der Zeit nicht gleich geschlagen geben und sannen nach Wegen aus der Misere. Dabei kam die nächstliegende Lösung für mich natürlich nicht infrage: Pestizide würden der Umwelt schaden, wären Gift für die Kinder, und ihr Einsatz hätte schlichtweg meiner gesamten Idee vom natürlichen Landleben widersprochen. Stattdessen überlegten wir, uns Perlhühner anzuschaffen. Diese haben den Ruf, durch ihr Fressverhalten die Zeckenpopulation deutlich zu reduzieren und als Allesfresser auch andere Schädlinge in Schach zu halten (angeblich töten sie sogar Mäuse und Schlangen). Ihr schönes Aussehen und lustiges Wesen sowie die Aussicht auf leckere Eier überzeugten uns, und im Übrigen wurden uns diese Vögel auch als Delikatesse auf dem Teller wärmstens empfohlen. Die Lösung schien perfekt! Und so zogen wir eines Morgens im Spätfrühling los, um bei einem Züchter, mehrere entfernte Dörfer weiter, sechzehn Perlhuhneier samt Brutkasten und Zubehör zu erwerben.

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