Das muss gesagt werden. Elfriede Hammerl

Das muss gesagt werden - Elfriede Hammerl


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       Prinzen heiraten

       Triest. Eine Impression

       Wer zweimal mit derselben pennt …

       Das Kind ist nicht flexibel

       Zwangsjacke

       Wir können uns das nicht mehr leisten!

       An die Kandare

       Der tägliche Irrsinn

       Große Autos

       Kinder haben

       Die Tugend der Selbstüberschätzung

       Warum die ganze Familie?

       Ein Hund für die Omi

       Aus Nächstenliebe

       Überleben lassen

       So still die Heldinnen

       Ich widme dieses Buch

      meiner Mutter Maria Hammerl-Brünner,

       die vielen Widerständen zum Trotz

       unbeirrbar dafür gesorgt hat, dass ich mein Leben

      nach meinen Vorstellungen gestalten konnte.

       Und ich widme es Willi Pellert, den ich

      ihr gerne vorgestellt hätte.

      Ich bin nicht mutig

      Kann es sein, dass das Risiko zivilcouragierten

      Auftretens allgemein überschätzt wird?

      Manchmal, wenn ich etwas schreibe, was dem angeblichen Meinungsmainstream entschieden widerspricht, kriege ich anerkennende E-Mails, die mich für meinen Mut loben.

      Ich gebe zu, dass ich gern gelobt werde. Lob wärmt mein Herz und tut meiner Eitelkeit gut, aber im Hinterkopf sitzt mir gleichzeitig beharrlich das Wissen, dass ich weder Lob noch Dank verdiene. Ich übe ja nur meinen Beruf aus. Er bietet mir die Möglichkeit, mich öffentlich zu Wort zu melden. Ich muss keinerlei Hürden überwinden, um meine Meinung publik zu machen (wenn man von den Mühen des Formulierens – oh ja, die gibt es – absieht). Vor allem aber: Ich begebe mich damit nicht in Gefahr.

      In den Zuschriften steht jedoch: Bleiben Sie so mutig! – Bin ich mutig? Ich weiß es nicht. Mein Mut wird nicht wirklich gefordert. Ich muss nicht mutig sein, um – in einem demokratischen Land, das mir Meinungsfreiheit garantiert,– für Menschenrechte einzutreten. Ich hoffe, dass ich mich auch unter schwierigeren Bedingungen dafür einsetzen würde, aber meine Risikobereitschaft wurde bis jetzt nicht hart geprüft.

      Ich habe zudem das Glück, für eine Zeitschrift zu schreiben, die mir ebenfalls meine freie Meinung lässt. Was würde ich tun, wenn ich bei einer Zeitung arbeitete, die mich zur Einhaltung einer xenophoben Blattlinie (schwer vorstellbar, ich weiß, aber sowas soll vorkommen) verdonnerte? Lieber die Kündigung riskieren? Freiwillig weggehen? Das heißt, in Zeiten wie diesen einen sicheren Arbeitsplatz aufs Spiel setzen oder gar von selber aufgeben? Die Vorstellung, dass ich bei so einer Zeitung bleiben und dort mit anhaltendem Widerstand dem Herausgeber Paroli bieten könnte, wenn ich ihn nicht gar mental umkrempelte, wäre zwar gut als Ausgangsidee für einen bewegenden Film, entbehrt aber jeder realistischen Grundlage.

      Andererseits ist ein Arbeitsplatz natürlich kein Schicksal, das sich der persönlichen Gestaltung entzieht. Kein Journalist, keine Journalistin wird gezwungen, sich dem Boulevard zu verschreiben, und wer eine Karriere wählt, bei der ihm ein flexibles Gewissen mit viel Geld abgegolten wird, soll sich nicht auf existenzielle Notwendigkeiten ausreden. Konsequent bei der eigenen Meinung zu bleiben, bedeutet unter Umständen materielle Einbußen und einen Verzicht auf Machtpositionen, das schon. Aber es lebt sich auch ganz komfortabel, wenn man sich, wie es so schön heißt, morgens in den Spiegel schauen kann.

      Daher: Anstand erfordert, jedenfalls hier und heute, keinen besonderen Mut. Wir sind nicht gleich an Leib und Leben bedroht, wenn wir nicht mit den Wölfen heulen. Wir müssen nicht unter die Brücke ziehen, betteln gehen, auswandern, nur weil wir uns auf die Seite von jemand Schwächerem gestellt, missachtete Rechte eingemahnt, nicht blindlings vor den Einflussreichen gekuscht haben. Kann es sein, dass das Risiko zivilcouragierten Auftretens ganz allgemein ein wenig überschätzt wird?

      Ich habe viel Verständnis für das Bedürfnis nach Harmonie. Ich habe wenig übrig für die Konfliktsuchenden, die ständig kampfbereit sind, um sich zu profilieren. Ich reiße mich nicht darum, mich unbeliebt zu machen. Aber, so viel zur Beruhigung aller ähnlichen Gemüter: Gelegentliches Unbeliebtsein aus ehrbaren Gründen ist aushaltbar.

      Januar

      18

      2010

      Erbtante

      Alt. Frau. Alleinstehend. Hat sich nicht fortgepflanzt. Eine Witzfigur. Oder?

      Der Autor hat sich sicherlich nichts dabei gedacht. Außer vielleicht das: Erbtanten sind keine Menschen, sondern eine wandelnde Pensionssicherung, deren Geschenke in den Mist gehören. Schließlich kommen sie von einer, die – hätte sie nichts zum Vererben – ebenfalls entsorgt werden müsste (emotional ist sie offenbar eh schon abgeschrieben).

      Mit einem solchen Gedankengang stünde er jedenfalls nicht allein da. Alte Tanten (und Erbtanten sind alt, weil man sonst nicht damit rechnen könnte, dass man sie überlebt und beerbt) sind traditionell eine Zielscheibe für grausamen Spott.

      Erbtanten sind Witzfiguren. Sie sind lächerlich. Sie sind verachtenswert. Verachtet werden sie aus folgenden Gründen: Sie sind alt. Sie sind Frauen. Sie sind alleinstehend. Sie haben sich nicht fortgepflanzt. Alle diese Merkmale sind, scheint’s, bis heute Grund genug, sie als Missgriff der Natur zu betrachten. Missgriff auch deswegen, weil sie ärgerlicherweise über Geld verfügen, das alten, allein lebenden Frauen eigentlich nicht zusteht, sondern bei feschen, jungen, fortpflanzungswilligen Menschen viel besser aufgehoben wäre. (Na ja, vielleicht nicht aufgehoben. Sondern von feschen etc. Menschen besser ausgegeben. Wie auch immer.) Die Verachtung, die man Erbtanten entgegenbringt,


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