Südwestfrankreich Reiseführer Michael Müller Verlag. Marcus X Schmid

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Das ist scha­de, denn es gibt viel zu sehen, und Was­ser­sport lässt sich im Landes­innern auch als romanti­sche Kanufahrt auf der Dor­dog­ne gestalten. Nicht zu­letzt: Das Pé­ri­gord hat rund um Gans und Ente eine exquisite Küche ent­wickelt. Wenn Gott in Frank­reich zu Tische sitzt, dann hier.

      Aus dem Mittelalter, als der Adel sich wie das Wetterfähnchen mal auf die englische, mal auf die französische Seite schlug, sind viele Wehrdörfer und Burgen erhalten. Im ruhigeren 16. Jahr­hundert wurden die Festungen hie und da zu ver­spiel­ten Renaissance-Schlöss­chen umgebaut.

      Landschaftlich zeigt sich das Péri­gord unterschiedlich. Der reizvollste Teil ist das sogenannte Schwarze Périgord mit Sarlat, dem Hauptstädtchen, in dessen mittelalterlichem Gemäuer sich eine le­bendige Gastroszene eingerichtet hat. Rund­um Hügel und Wälder, durch die sich die Dordogne und ihr Zufluss, die Vézère, schlängeln. An letzterer liegt das Dörfchen Les Eyzies, das sich we­gen seiner steinzeitlichen Höhlen „Ca­pitale Mondiale de la Préhistoire“, Welt­hauptstadt der Urgeschichte nennt.

      Landwirtschaftlich fruchtbarer ist das westliche Périgord mit der Departe­ments­hauptstadt Périgueux, deren his­tori­sches Zentrum zum Shopping ein­lädt. Etwas weiter nördlich liegt Bran­tôme, das wasserumspülte Städtchen mit einer gewaltigen Abtei.

      Im unteren Lauf fließt die ru­higer ge­wordene Dordogne weit­gehend ge­rad­linig in Richtung Ber­gerac, in des­sen Umland Wein an­gebaut wird. Ob Bergeracs be­rühm­tes­ter Sohn, Cy­rano de Bergerac, je hier war, ist umstritten. Nichts­destotrotz hat er gleich zwei Sta­tuen bekommen.

      Höhle von Lascaux: Sie ist so be­rühmt, dass sie, um dem Ansturm gerecht zu werden, du­pli­ziert wur­de. Das Original ist nicht zu be­sichtigen, und selbst die Ko­pie Las­caux 2 reichte nicht aus, so dass 2016 unter Zuhilfenahme neues­ter Technik ein weiteres Fak­si­mile ge­schaffen wurde: Las­caux 4. → Link

      Château des Mi­landes: Von den zahl­reichen Schlössern des Périgord lockt es mit einem Stück Kultur­ge­schich­te: In dem Bau aus der frühen Re­naissance lebte in den 1950er Jahren Josephine Baker. Die schwarze Tän­zerin und Sängerin adoptierte mit ih­rem Mann zwölf Kinder aller Haut­far­ben und gründete das „Dorf der Welt” - damals ein Publikumsmagnet. Heute in­for­miert im Schloss eine reiche Aus­stellung über das Leben der Baker und ihr menschenfreundliches Projekt. → Link

      Bran­tôme: Der von der Dronne um­spül­te Ort ist schon seiner idyl­li­schen Lage wegen den Besuch wert. Zur mächtigen Abtei gehören Kalk­grot­ten, eine davon mit einem riesigen Relief aus dem 15. Jahrhundert, in an­deren wird Forellenzucht betrieben. → Link

      Jardins d’Eyrignac: Wer die hohe Gar­ten­kunst zu schät­zen weiß, sucht diese Anlage auf. Die im 18. Jahrhundert im französischen Stil gestalteten Gär­ten mussten später dem neuen eng­li­schen Stil weichen. Nach dem Zweiten Welt­krieg wurde das Gartenensemble res­tau­riert. Die heutige Besitzerfamilie ehrt die Tradition, indem sie sie fort­setzt. → Link

      Kanu- und Kajakfahrten auf Vézère und Dronne: Dordogne wie auch Vézère eignen sich bestens für Fahrten über Wasser. Verleiher, die auch Zubehör - was­ser­dichter Contai­ner, Schwimm­wes­te - zur Verfügung stellen, finden sich an allen Flussorten. Der Rücktransport per Auto ist meist im Preis inbegriffen. Be­son­ders auf­re­gend ist eine Fahrt auf der Vézère vom schmucken Saint-Léon-sur-Vézère (→ Link) nach Les Eyzies (→ Link) - vorbei an einem ge­wal­tigen, in der Steinzeit besiedelten Kalkfelsen, der Ro­que Saint-Christophe (→ Link), so­wie am Höhlendorf La Ma­de­leine (→ Link), einer prä­his­to­ri­schen Sied­lung, die auch im Mit­tel­alter be­wohnt war. Auch Brantôme (→ Link) lädt zu einer Paddelfahrt ein. Das schmucke Städtchen lässt sich auf der Dronne mit dem Boot um­run­den.

      Die Stadt hält den Schriftsteller André Malraux in Ehren. De Gaulles schil­lern­der Kulturminister erließ 1962 ein Ge­setz zur Restaurierung histori­scher Or­te, und so präsentiert sich Sarlat heu­te als unverschandeltes, mit­tel­al­ter­li­ches Städtchen. Die Häuser aus ocker­gelbem Stein machten Filmkarriere - als Ku­lis­se für Brigitte Bardot ebenso wie für den Rockmusiker Sting, der in Sar­lat sein Debüt für die Leinwand gab.

      Zer­schnitten wird die mittelalterlich verwinkelte Stadt einzig durch die grad­linige Rue de la République aus dem 19. Jahrhundert - als wäre Hauss­mann, der be­rühm­te Pa­ri­ser Boulevard-Planer, persönlich zugange gewesen. Doch ver­mag dies dem Ge­samt­bild nichts an­zu­haben. Die Ver­kehrs­schnei­se ist längst Teil der Fuß­gän­ger­zone ge­wor­den und hat an som­mer­li­chen Wochenenden Mü­he, die Be­su­cher­strö­me auf­zu­neh­men. Verkaufs­schla­ger Sar­lats ist die Gans, deren fette Le­ber (foie gras) ge­trüffelt und ein­gedost in zahl­losen Lä­den feil­geboten wird.

      Stadtgeschichte: Die Stadt ist älteren Da­tums, erreichte aber erst mit der Grün­dung einer Benediktinerabtei im 8. Jahr­hundert Bedeutung. Ende des 13. Jahr­hun­derts wurde Sarlat quasi un­ab­hängig, die Stadt war einzig durch einen Treueid an den französischen Thron gebunden. Kurz darauf (1317) wur­de Sarlat zum Bischofs­sitz erkoren; aus dieser Zeit stammen die Kathedrale so­wie einige Bürger­häu­ser (ein kleines Schild an den Häusern verrät dem Be­su­cher das jeweilige Bau­jahr­hundert). Im Hun­dertjährigen Krieg hielten die Stadt­mau­ern zwar allen An­stür­men der Eng­län­der stand, nicht aber der Diplo­matie: Im 1360 geschlossenen Frie­dens­ab­kom­men von Brétigny (→ Ge­schich­te) fiel Sar­lat wie ganz Süd­west­frank­reich an die Engländer. Zehn Jah­re später waren diese allerdings bereits wie­der ver­trie­ben. Vom 16. bis ins 18. Jahr­hun­dert ge­dieh Sarlat zum statt­lichen Han­dels­zent­rum. Berg­ab ging es mit der Wirtschaft erst im 19. Jahr­hun­dert, als die indus­tri­el­le Re­vo­lu­tion die Stadt im Abseits lie­gen ließ; der Bau der Eisen­bahnlinie kam zu spät. Erst mit der ein­gangs erwähnten Ge­setz­gebung aus dem Jahr 1962 erfuhr Sar­lat wieder einen Aufschwung - als Tou­ris­mus-Magnet Nummer eins im Schwar­zen Périgord.

      Fußgängerzone in Sarlat

      Rundgang durch die Altstadt: Man kann sich im Info-Büro ein kleines Falt­blatt mit Stadt­plan besorgen und die da­rin beschriebene Route ablaufen. Um nicht dau­ernd den organisierten Be­sich­ti­gun­gen voraus- bzw. hinterher zu ge­hen, empfiehlt es sich, den Rundgang im ge­gen­läufigen Sinn zu starten. Aber auch zielloses Spa­zie­ren durch die Alt­stadt führt irgendwann zu den nach­ge­nann­ten Se­hens­wür­dig­kei­ten. Und auch ein Nachtspaziergang hat’s in sich: Eine dezente Gas­beleuchtung erhellt die mit­tel­alter­li­chen Gebäude, der Flaneur ent­deckt zahlreiche Details, die er im Ta­ges­licht übersieht.

      Sarlats Zentrum ist die von Häusern aus dem 16. bis 18. Jahrhundert um­säum­te Place de la Liberté: fotogen zu jeder Tageszeit! Von ihr führt in süd­liche Richtung die Rue de Liberté zur stimmungsvollen Place de Peyrou; das eindrücklichste Ge­bäu­de dort ist das Ge­burtshaus von Etienne de la Boëtie, der heute nur noch als Bu­sen­freund von Montaigne bekannt ist. In nörd­licher Richtung findet


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