Haushaltsnahe Dienstleistungen für Familien. Mareike Bröcheler
und die fruchtbaren Diskussionen in allen Phasen dieser Arbeit. Zu zweit promoviert es sich einfacher als allein.
Gleichermaßen mentale Unterstützung verdanke ich meinen Scimento-Peers, die mir als ausgezeichnete Wissenschaftlerinnen und Frauen ein Vorbild waren und sind. Privat danke ich außerdem meinem Freundeskreis für die effizienten Regenerationsphasen, die wir zusammen verbracht haben.
Ich danke meinen Eltern und meinem Bruder, für die Ausdauer und den „stillen Support“ meiner Arbeit.
Schließlich danke ich Markus. Er hat immer an mich geglaubt und meine Arbeit moralisch ebenso wie grafisch unterstützt. Vor allem hat er maßgeblich dazu beigetragen, dass sich für mich Beruf und Privates im Gleichgewicht befinden – die wohl entscheidende Voraussetzung dafür, dass ich diese Arbeit zu Ende bringen konnte.
1 Das Projekt war vom 01.05.2013 bis 30.06.2018 am Lehrstuhl für Wirtschaftslehre des Privathaushalts und Familienwissenschaft der Justus-Liebig-Universität Gießen unter Leitung von Frau Prof. Uta Meier-Gräwe angesiedelt. Die finanzielle Förderung erfolgt durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).
1 Einleitung
Alltag prägt unser Leben. Alltäglich, also jeden Tag beschäftigen uns dieselben Aufgaben der Lebenserhaltung und Versorgung: Wir gehen einer Erwerbsarbeit nach, um unseren Lebensunterhalt zu verdienen, stellen unsere Ernährung sicher, kümmern uns um unsere Gesundheit und Regeneration, ebenso wie um das Wohlergehen von Partnern und Partnerinnen, Kindern oder Angehörigen. Das definitionsgemäß ,,tägliche Einerlei“ („Alltag“ nach Duden 2018) ist keineswegs ein Selbstläufer, sondern bedarf aktiver Leistungen von Individuen und privaten Haushalten als Orten der alltäglichen Daseinsvorsorge (vgl. von Schweitzer 1991). Alltag herzustellen ist heute eine nicht zu unterschätzende Herausforderung, insbesondere für erwerbstätige Eltern, die – zwischen Erwerbsarbeit und Familienleben, zwischen privater und öffentlicher Sphäre – den Alltag eines jeden einzelnen Haushaltsmitglieds „unter einen Hut bekommen“ müssen (vgl. Jurczyk, Rerrich 1993a; Meier-Gräwe 201Sa).
In Familienhaushalten beeinflussen der jeweilige Erwerbsumfang beider Eltern, Anzahl und Alter der Kinder sowie die Institutionen und Netzwerke zu deren Betreuung und Versorgung maßgeblich das Alltagsmanagement. Eine breite gesellschaftliche Zustimmung zu politischen Maßnahmen, wie etwa dem Ausbau institutioneller Kindertagesbetreuung, der Einführung des einkommensabhängigen Elterngeldes oder des Gesetztes zur sog. Brückenteilzeit, verdeutlicht den gesellschaftlichen Stellenwert einer gelungenen Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die viele Eltern allerdings nach wie vor nicht erreichen. Vielmehr ist für alle Eltern in der sog. Rushhour des Lebens eine enorme zeitliche Belastung durch Erwerbs- und Sorgearbeit charakteristisch. Deshalb verwundern die Ergebnisse verschiedener Befragungen nicht, dass sich Eltern heute zunehmend Unterstützung bei der Hausarbeit wünschen, die sie verstärkt als Belastung wahrnehmen. Neben den genannten familienpolitischen Maßnahmen tauchen in jüngsten Diskussionen daher haushaltsnahe Dienstleistungen als ein denkbares Mittel zur Förderung jener Vereinbarkeit (wieder) auf (vgl. Institut für Demoskopie Allensbach 2012; Destatis 201Sa; MFKJKS 2015; Bujard, Panova 2016; Leopold 2018). Da der 2017 erstmals für Deutschland veröffentlichte „gender care gap“ aufzeigt, dass Frauen durchschnittlich (in allen Haushaltstypen) immer noch mehr als anderthalb Mal so viel unbezahlte Hausarbeit leisten wie Männer, und dieser in Familienhaushalten zudem deutlich höher ausfällt, wird den haushaltsnahen Diensten ein insbesondere gleichstellungspolitisch bedeutsames Entlastungspotenzial zugeschrieben (vgl. BMFSFJ 2017).
1.1 Problemstellung
Hohe Erwerbs- und niedrige Arbeitslosenquoten sowie eine florierende Wirtschaft scheinen oberstes Ziel aller politischen Arbeit zu sein. Bildung und Qualifizierung sind auf eine erfolgreiche Integration aller Gesellschaftsmitglieder in den Arbeitsmarkt ausgerichtet. Gemeinhin rückt dabei zunächst die Tatsache in den Hintergrund, dass „keine menschliche Produktion möglich [ist], ohne dass die Natur schon produziert hat, und keine Erwerbsarbeit möglich [ist] ohne vorher geleistete Sorgearbeit“ (Biesecker 2014: 1). Diskussionen um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf scheinen hiermit zu brechen, weisen zugleich jedoch einen klaren Fokus auf die Sphäre der Erwerbsarbeit auf: Der Fachkräftemangel wird zum akuten Problem für viele Unternehmen und Arbeitgeber und lässt eine weitere Steigerung der Frauenerwerbsquote notwendiger denn je erscheinen. Dass es hierfür Angebote der Kinderbetreuung braucht, ist inzwischen im kollektiven Bewusstsein der deutschen Gesellschaft und Unternehmen angekommen (s.o.). Eine ganzheitliche Betrachtung der Vereinbarkeitsfrage jedoch sollte weiter gefasst werden. Seit einigen Jahren werden politische sowie wissenschaftliche Diskurse zur Erwerbsarbeit daher um den Aspekt der Care-Arbeit ergänzt.2 Dabei ist der Begriff ,,care“ (engl. für „sorgen, pflegen, sich kümmern“) in internationalen Debatten kein neuer, hat jedoch im deutschsprachigen Raum in den letzten zehn bis 15 Jahren wesentlich an Bedeutung gewonnen und wird hier inzwischen vorrangig mit „Fürsorge“ oder „Sorge“ übersetzt (ebenso findet aber auch der englische Begriff Verwendung).3 Kongruent zur Erwerbsarbeit entsteht daher der Begriff der Sorgearbeit, der auch im Rahmen dieser Arbeit vorrangig Verwendung finden wird4 und sich aus pflegerischen, betreuerischen, erzieherischen und hauswirtschaftlichen Tätigkeiten, die Menschen für sich und andere erbringen, zusammensetzt (vgl. Praetorius 2015; BMFSFJ 2017). Entscheidend ist, dass sie tagtäglich in privaten Haushalten stattfindet und dabei von wesentlicher gesellschaftlicher Relevanz ist:
„,Care‘ umschreibt alle Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit der Umsorgung des Menschen stehen. Damit sind Haus- und Familienarbeit für andere und für sich selbst, die Erziehung von Kindern, die Pflege von älteren oder kranken Menschen angesprochen. Care beinhaltet auch Bildung, Erziehung und sozial emotionale Zuwendung. Im weiteren Sinne beschränkt sich Care nicht auf die unbezahlte Arbeit, sondern beinhaltet auch die bezahlte Sorgearbeit sowohl im privaten als auch im öffentlichen Raum (care worker, z. B. Altenpflegerinnen und -pfleger). Jane Jenson (1997) verweist darauf, unbezahlte Arbeit nicht als Synonym für Care zu verwenden, da auch private Fürsorgearbeit bezahlt sein kann, wie etwa die bezahlte Eltern- oder Pflegezeit. Zugleich ist Care aber nicht nur bloße Tätigkeit, sondern auch ein wesentlicher Teil und somit eine Form des gesellschaftlichen Lebens, also eine soziale Praxis.“ (Beckmann 2016: 3)
Der umfassenden Definition von Sorgearbeit zur Folge findet sich mitunter – und auch im Rahmen der vorliegenden Arbeit – eine zusätzliche Differenzierung zwischen Hausarbeit und (weiterer) Sorgearbeit, wenn unterschiedliche Charakteristika von mehr sachbezogenen, hauswirtschaftlichen Tätigkeiten (Reinigung von Wohnraum, Wäsche, Gartenarbeit) einerseits und den eher personenbezogenen Tätigkeiten (bspw. der Betreuung und Erziehung von Kindern) andererseits hervorgehoben werden sollen.
Da sich also die Erkenntnis durchzusetzen scheint, dass „wir nicht über die Erwerbsarbeit sprechen [können] ohne die Hausarbeit in den Blick zu nehmen“ (Allmendinger, Haarbrücker 2013: 52), sind insbesondere familien- und gleichstellungspolitische, haushalts- und sozialwissenschaftliche Diskurse zunehmend von dieser Maxime geprägt. Das Gutachten der Sachverständigenkommission zum Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung (2017) firmiert beispielhaft unter dem Titel „Erwerbs- und Sorgearbeit gemeinsam neu gestalten“ und trägt unter dieser Zielformulierung u. a. die Forderung mit, hierfür haushaltsnahe Dienstleistungen zu forcieren. Eine Förderung dieses Dienstleistungsmarktes soll den Zugang zu alltagsunterstützenden Diensten für unterschiedlichste Typen privater Haushalte, insbesondere der Familienhaushalte, ermöglichen und erleichtern (vgl. BMFSFJ 2017). Mit haushaltsnahen Dienstleistungen werden Tätigkeiten (der Hauswirtschaft ebenso wie der Betreuung von Personen) erfasst, die in privaten Haushalten von (haushalts)externen Personen gegen Bezahlung erbracht werden (vgl. u. a. Eichhorst, Tobsch 2008)5 – sie stellen damit erwerbsförmige Sorgearbeit dar.
Eine Thematisierung