Eine Geschichte des Krieges. Группа авторов

Eine Geschichte des Krieges - Группа авторов


Скачать книгу
Gelegentlich förderte ein Spatenstich ein Skelett oder eine Granate zutage. Wie im Amerikanischen Bürgerkrieg haben selbst die heftigsten Kämpfe einige Jahrzehnte später nur geringe Spuren hinterlassen.

      Trotzdem hat genau wie der Amerikanische Bürgerkrieg auch der Erste Weltkrieg subtile Auswirkungen auf die Umwelt gehabt. Die Wälder, die im Libanon abgeholzt wurden, damit die osmanischen Streitkräfte eine Eisenbahnstrecke nach Arabien bauen konnten, sind nie wieder aufgeforstet worden, sodass die Berglandschaft unvermeidlich zur Bodenerosion verurteilt war. In Nordamerika entstand aus den Graslandschaften, die 1915–1918 für den Weizenanbau gepflügt worden waren, das berühmte »Staubbecken« (Dust Bowl), eine der größten Umweltkatastrophen in der Geschichte der Vereinigten Staaten und Kanadas. Die Dürre, die Ende der 1920er Jahre begann und in den 1930er Jahren ihren Höhepunkt erreichte, führte zu einer Winderosion eines der fruchtbarsten Böden der Erde. Hunderttausende Familien von Texas bis Saskatchewan (Kanada) waren gezwungen, ihre Farmen aufzugeben, als die Sandstürme auf ihre Häuser und Felder stoben. In Österreich hatten auch die Friedensvereinbarungen Folgen für die Umwelt. Vor 1914 bildete Österreich den Mittelpunkt des riesigen Habsburger Reiches Österreich-Ungarn. Dessen Wirtschaft beruhte auf dem böhmischen Kohleabbau. Der Vertrag von Versailles schuf ein neues Land, die Tschechoslowakei, zu der auch das Steinkohlerevier Böhmens gehörte. Seiner Hauptenergiequelle verlustig gegangen, errichtete Österreich Staudämme an seinen Alpenflüssen, um hydroelektrische Energie zu produzieren. Die dadurch hervorgerufene Entstellung dieser Berglandschaften ist eine andere subtile und indirekte Auswirkung des Ersten Weltkrieges auf die Umwelt.

      Im Ersten Weltkrieg begonnene Entwicklungen setzten sich im Zweiten Weltkrieg fort, führten allerdings zu ganz neuen Situationen. An bestimmten Orten wie in Stalingrad bewirkten die ebenso heftigen wie lang anhaltenden Kämpfe extreme Zerstörungen entlang der Schützengräben. Hinter der Front organisierten die Wirtschaftsplaner unerbittlich die Rohstoffströme, um die Kriegsproduktion zu maximieren. Dennoch war der Zweite Weltkrieg mehr Bewegungskrieg als der Erste Weltkrieg, und nur wenige Kampfgebiete erlebten derart lang anhaltende Gefechte wie an der Westfront 1914–1918. Es handelte sich im Gegenteil eher um einen klandestinen Partisanenkrieg, insbesondere auf dem Balkan und in China. Schließlich entwickelte sich auch das mit großer Reichweite einsetzbare Luftbombardement, das Tod und Zerstörung auf Dutzende europäische, chinesische und japanische Städte regnen ließ.

      Der Zweite Weltkrieg zeichnete sich durch seine Fähigkeit zur Zerstörung städtischer Umwelten aus. Vor allem die Bombenangriffe waren für diese Zerstörungen verantwortlich, allerdings spielten in manchen Fällen wie in Stalingrad, Leningrad und Budapest auch Belagerungen und Artilleriefeuer eine wichtige Rolle. Zu Beginn des Krieges, als die Achsenmächte (Deutschland, Italien und Japan) noch die Initiative hatten, mussten hauptsächlich die englischen, sowjetischen und chinesischen Städte die Kosten der Bombardements tragen. 1943 hatte sich das Blatt gewendet. Nun wurden die Deutschen und dann die Japaner*innen Ziel heftiger Bombenangriffe. 1945 waren Städte wie Warschau durch die Kämpfe weitgehend zerstört. Die Vereinigten Staaten bauten die größten Bomber des Krieges, die Japan in Schutt und Asche legten, den größten Teil Tokios in Brand steckten und mit der Atombombe Hiroshima und Nagasaki dem Erdboden gleichmachten. Aufgrund dieser extremen Gewalt kapitulierte Japan. Im Durchschnitt benötigten die Städte zum Wiederaufbau zwischen zehn und dreißig Jahre. Schnell ging es in Großbritannien und Japan, langsamer in der UdSSR, Ostdeutschland, Polen und China, wo sich die Wirtschaft insgesamt weniger gut erholte. Die zweithöchste Erhebung Berlins, der 120 Meter hohe Teufelsberg, ist ein aus den Trümmern des Zweiten Weltkrieges aufgeschütteter künstlicher Hügel. Er ist von Pflanzen überwuchert und bietet Wildschweinen eine Heimat. Die meisten deutschen Städte haben einen nach 1945 errichteten Trümmerhügel.

      Von den Städten abgesehen ereignete sich die spektakulärste Umweltzerstörung des gesamten Zweiten Weltkrieges im Juni 1938 entlang des Gelben Flusses in Nordchina. Um das Vorrücken der japanischen Armee zu verlangsamen, schlugen die chinesischen Streitkräfte, genauer gesagt die Truppen der von Chiang Kai-shek angeführten Kuomintang, Breschen in die südlichen Dämme des Stroms, um das Flachland der Provinz Henan zu überfluten. Die japanische Armee wurde zumindest vorübergehend tatsächlich aufgehalten. Hunderttausende chinesische Bauern ertranken, während andere ihr Vieh und ihre Häuser verloren. Durch den Krieg wurde eine Reparatur der Dämme unmöglich gemacht, sodass Henan jedes Jahr ein Stück weiter überschwemmt wurde. Zum Zeitpunkt der japanischen Niederlage befanden sich 40 Prozent der 30 Millionen Einwohner*innen, die die Provinz vor dem Krieg gezählt hatte, auf der Flucht. Zwischen dem Bürgerkrieg (1946–1949) und den von Mao Zedong hartnäckig vorangetriebenen Mobilisierungskampagnen blieb die Lage im Norden Chinas lange Zeit chaotisch. Die Bauern in Henan brauchten Jahrzehnte, um die Schäden von 1938 zu reparieren.

       Agent Orange im Mekongdelta

      Der Kalte Krieg schloss mehr oder weniger an das Ende des Zweiten Weltkrieges an. Diese lange militarisierte Auseinandersetzung zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion sowie ihren jeweiligen Verbündeten hatte zahlreiche Auswirkungen auf die Umwelt. Die Vereinigten Staaten, die UdSSR, China, Frankreich und Großbritannien legten sich Atomwaffenprogramme zu, die sie im Rahmen des Kalten Krieges zwar nicht einsetzten, aber wiederholt testeten. Außerdem kam es zu zahlreichen Atomunfällen beim Bau dieser Bomben, insbesondere in der UdSSR. Es wird mindestens hunderttausend Jahre dauern, bis die radioaktive Verseuchung vollständig verschwunden ist.

      Zu bestimmten Zeitpunkten heizte sich der Kalte Krieg so weit auf, dass er sich in einen wirklichen Krieg verwandelte, wie es in Vietnam und im Süden Afrikas der Fall war. Der Kalte Krieg hatte seinen Anteil an den Unruhen, die von 1975 bis 1990 den Süden Ovambolands ergriffen, ein dicht besiedeltes Überschwemmungsgebiet zwischen Nordnamibia und Südangola. Südafrika griff regelmäßig in diesen lang dauernden Konflikt ein, um eine namibische Miliz zu zerstören, die die Unterstützung einer angolanischen Fraktion genoss, welche ihrerseits Hilfe von kubanischen Soldaten und Waffen von der Sowjetunion erhielt. Die Milizen und die Armeen terrorisierten die agrarische Bevölkerung Ovambolands, steckten ihre Häuser und Höfe in Brand, schlachteten ihr Vieh hin und machten ihre Obstgärten dem Erdboden gleich. Das lokale Getreide, eine Hirsesorte, wuchs hoch genug, um den Guerilleros ein ausgezeichnetes Versteck zu bieten, sodass die Strategien des Antiguerillakampfes unter anderem im systematischen Niederbrennen der Felder bestanden, was Tausende Bauern zur Flucht trieb. Ihre Nutzflächen wurden bald wieder von Dornbüschen überdeckt. Ohne das Auslichten der Bäume, Beaufsichtigung der Herden und Pflege der Felder und Obstgärten über die fünfzehn Jahre, die die Kämpfe andauerten, veränderte sich die Landschaft radikal. Anstelle der Landwirtschaft wurde das Feuer zum zentralen Faktor der Umweltveränderung – das Feuer, das dazu eingesetzt wurde, um den Gegner zu bestrafen, ihn einzuschüchtern oder ihm die Möglichkeit zum Verstecken zu nehmen.

      Die Armeen und die Milizen operierten regelmäßig in den Naturreservaten und Schutzgebieten, wo sie Wild im Überfluss vorfanden. Tiere, die wie Elefanten mit ihren Stoßzähnen aus Elfenbein einen großen Marktwert hatten, waren für Truppen, die knapp bei Kasse waren, das Ziel der Wahl. Auch die Geflüchteten strömten in diese Schutzzonen und überlebten dort dank der gedeihlichen Flora und Fauna. Der Stellvertreterkrieg in Namibia erwies sich letztendlich als sehr schädlich für die Tierwelt.

      Die Auseinandersetzungen in Vietnam waren noch zerstörerischer. Auch die Beteiligung der beiden Supermächte des Kalten Krieges nahm dort eine direktere Form an als in Ovamboland. Nach 1945 versuchten die vietnamesischen Nationalist*innen, die zum Teil auch Kommunist*innen waren, sich von der französischen Kolonialherrschaft zu befreien. Die französische Kolonialmacht hielt mit ihren eigenen Truppen dagegen, doch nach ihrer Niederlage in der Schlacht um Diên Biên Phu 1954 traten die Vereinigten Staaten ihre Nachfolge im Kampf gegen den Kommunismus in Vietnam an. 1965 versuchten diese, einen kaum gefestigten Marionettenstaat in Südvietnam an der Macht zu halten, während sie die Truppen Nordvietnams bekämpften, das von der Kommunistischen Partei regiert und von China und der UdSSR zugleich unterstützt wurde.

      Die meiste Zeit waren die Kräfte Nordvietnams und der verbündeten Vietcong im Süden gezwungen, Guerillatechniken anzuwenden. Die Vereinigten Staaten führten Antiguerillakampagnen durch, was sie allerdings in beschränktem Umfang auch


Скачать книгу