Das Tor zu Europa. Lisa Luxor

Das Tor zu Europa - Lisa Luxor


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da ich mich so schlecht fühlen würde. Ich legte mich hin und schlief. Danach chatteten wir wieder, aber ich musste erneut sofort wieder aufhören, denn mein Kopf drohte zu zerplatzen. Danach rief ich meinen Hausarzt an. Die Sprechstundenhilfe teilte mir jedoch mit, dass ich mit zirka drei Stunden Wartezeit rechnen müsse, bevor der Arzt zu mir zur Hausvisite kommen könne, doch ich konnte nicht mehr warten. Ich setzte mich kurzerhand ins Auto und fuhr direkt zum Hausarzt, wo ich auch sofort untersucht wurde. Er ließ sofort die Rettung rufen, die mich sofort ins Krankenhaus brachte. Dort wurde ich sofort in ein Einzelzimmer in Quarantäne gelegt, da der Verdacht auf eine ansteckende Infektionskrankheit nahelag und so schnell keine zuverlässige Diagnose gestellt werden konnte. Ich wusste nur eins, in sieben Tagen würde mein Flug nach Hurgharda sein. Das erzählte ich auch sofort dem mich behandelnden Arzt.

      Zu Beginn der Untersuchungen versicherte mir dieser Arzt, dass er alles tun werde, um mich flugtauglich zu machen. Doch schon nach zwei Tagen und unzähligen Untersuchungen stand fest, dass ich eine Notoperation brauchen würde. Sofort kam ich in den Operationssaal, obwohl ich gerade mein Mittagessen verzehrt hatte. Nach anfänglichem Weigern, die Operation durchführen zu lassen, teilte mir der Arzt ernsthaft mit, dass wir uns als Alternative zur Operation in zwei Tagen in der Intensivstation wiedersehen würden. Das war Argument genug für mich und so ließ ich alles geschehen, was geschehen musste.

      

       Tony

      Bist du da? Bitte antworte, wenn du da bist.

       Ich

       Ja, ich habe aufgehört zu weinen. Ich muss jetzt im Krankenhaus in ein anderes Zimmer wechseln.

      Warum?

       Ich erzählte dem Arzt, dass ich noch immer so Bauchschmerzen habe, und er hat mir gesagt, ich muss noch zu einer weiteren Untersuchung.

      Ich weiß nicht, was ich zu dir sagen soll.

       Sie fanden heraus, dass ich eine ganz akute Entzündung habe. Ich muss noch heute Nachmittag operiert werden. Sie können nicht mehr bis morgen warten. Ich habe so viel geweint.

      Und musst du danach im Krankenhaus bleiben?

       Ja, sie haben mir gesagt, drei oder vier Tage. Ich glaube, ich werde so nicht fliegen können. Ich habe aber noch nicht gefragt.

      Oh, ich bin komplett zerstört.

       Schatzi, ich darf jetzt nichts tragen. Ich könnte nicht einmal einen Koffer ziehen. Ich darf mich nach der Operation nicht anstrengen. Besser hier bleiben und zu leben als etwas zu riskieren.

      Was wirst du jetzt machen?

       Ich werde mich operieren lassen, ich werde jetzt nicht kommen können, aber ich werde vom 26. Dezember bis 2. Jänner zu dir kommen. Das ist das erste Mal seit wir uns kennen, dass ich dich bitte, geduldig zu sein.

      Ich werde auf dich warten.

       Wir können uns ja im Dezember verloben.

      Du hast mir viele Schwierigkeiten in meiner Arbeit verursacht, um diesen Urlaub jetzt zu bekommen.

       Hab ICH DICH gefragt, ob ich im September kommen kann oder war das DEIN Wunsch? Ich habe so Angst vor der Operation. Ich werde dich nachher anrufen. Dann weißt du, dass ich noch lebe.

      Ja, bitte. Ich bin bis zu meinem letzten Atemzug bei dir. Freilich wirst du aufwachen. Und ich werde mein ganzes Leben bei dir bleiben.

      Meine Worte wurden von den Medikamenten, die ich zur Vorbereitung auf die Operation bekommen hatte, bereits wirr. Dennoch chatteten Tony und ich weiter. Er bekundete mir immer wieder, dass er mich nicht verlassen würde, und versuchte, mir durch seine Worte den Stress und die Angst vor der bevorstehenden Operation zu nehmen. „Meine Frau ist in meinem Kopf und in meinem Herzen und in jedem Teil von mir“, bestätigte er mir.

      Bei meiner Arbeitsstelle musste ich mich per E-Mail krank melden, da ich ja meinen Dienst nicht vereinbarungsgemäß antreten konnte. Als ich zwei Tage nach der Operation erneut hohes Fieber hatte, stellten die Ärzte fest, dass ich auch noch eine Lungenentzündung dazubekommen hatte. Ich benötigte Sauerstoff. Nun war nicht nur mein Körper kollabiert, sondern auch meine Psyche. Die Ärzte suchten noch nach weiteren Entzündungsherden in mir, daher musste ich eine Untersuchung nach der anderen über mich ergehen lassen. Auch der Abteilungsvorstand des Krankenhauses kam mich regelmäßig besuchen, um sich nach meinem Zustand zu erkundigen. Was ich nun wirklich alles hatte, wusste ich anfänglich gar nicht, aber was die Ärzte alles fanden, war schockierend. Ich war bereits acht Tage im Spital. Ich wollte endlich nach Hause gehen, doch es war keine Besserung in Sicht. Erneut begann ich zu weinen. Wir beide hatten solche Sehnsucht nacheinander. Ich unterhielt mich beinahe jeden Tag mit Tony, doch immer, wenn einer seiner Freunde zu Besuch kam, war plötzlich das Netz schlecht und dann war Tony auch schon verschwunden. Er verabschiedete sich nie und das ärgerte mich immer wieder.

      Einmal erzählte er mir dann so zwischendurch, dass er mein Foto seinen Freunden gezeigt hätte. Alle hätten festgestellt, wie hübsch ich sei. Tony sei nun sehr stolz auf mich. „Ich liebe dich, so wie du bist. Lisa, my wife“, schrieb er mir, und ich war beeindruckt von diesen Worten. Endlich hatte ich das Gefühl, einfach ICH selbst sein zu dürfen. „Und einmal werden wir deine Geschwister einladen“, schwärmte ich ihm bereits wieder vor. „Wichtig ist zuerst, dass du wieder gesund wirst.“ „Sicherlich.“ „Ich liebe dich jeden Tag mehr als am Tag zuvor. Du bist meine Prinzessin. Mit dir bin ich der glücklichste Mann auf der Welt. Ich vermisse dich so sehr. Auch wenn viele andere Frauen um mich sind, ich habe meine Frau. Sie ist genug für mich. Wir werden uns bald verloben und wir werden ein schönes Leben miteinander führen. Ich verspreche dir, dich immer glücklich zu machen. Ich bin verrückt nach dir. Und dann können wir in Österreich heiraten“, schrieb mir Tony. Damals glaubte ich das noch. Ich spürte dadurch förmlich, wie ich schneller gesund wurde. „Ja, ich werde mich informieren, wie das mit dem Heiraten in Österreich funktioniert“, antwortete ich ihm. „Aber ich bin mir sicher, das wird recht einfach. Dann können wir bald heiraten, wenn du nach Österreich kommst.“ In Gedanken versunken träumte ich vor mich hin. Dann musste Tony rasch zu chatten aufhören. Sein Chef näherte sich ihm, und wenn er ihn mit dem Handy in der Hand sah, strich er ihm den Lohn von einem ganzen Arbeitstag. Auf diese Weise hatte Tony bereits mehrere Tage Geld verloren. Und meist war er dann böse auf mich.

      Während ich im Krankenhaus lag, vermehrten sich die Facebook-Freundinnen auf Tonys Facebook-Account erneut. Ich war wirklich ungehalten darüber, dass ich, obwohl ich alles tat, was in meiner Macht stand, und obwohl ich versuchte, so schnell wie möglich wieder auf die Beine zu kommen, auch noch zuschauen musste, wie Tony Kontakte zu anderen Frauen aufbaute und pflegte. Manchmal sah ich Tony auch online, doch ich musste nur nüchtern feststellen, dass er mir nicht antwortete. Natürlich machte mich diese Tatsache eifersüchtig. Das bemerkte auch er und war überrascht, dass ich eifersüchtig war, obwohl ich ihn doch gerade jetzt „so im Stich gelassen hätte“.

      So wurde auch diesmal nichts aus der Verlobung – es sollte also nicht sein. Tony war böse auf mich, weil ich nicht, wie versprochen, nach Ägypten flog. Und ich verlor € 750,- Euro, da ich ja dezidiert auf die Stornoversicherung verzichtet hatte. Obwohl ich den Flug mit einer Kreditkarte bezahlt hatte, in der auch eine Reisestornoversicherung inkludiert war, sträubte sich die Versicherung, die Stornokosten zu übernehmen, da ich mit der Kreditkarte in diesem Jahr zu wenig Umsatz gemacht hätte. So hatte ich also nebenbei auch einen großen finanziellen Schaden erlitten.

      Bis zu meiner Entlassung verbrachte ich 19 Tage im Krankenhaus. Erst nach zwei Wochen konnte ich erstmals mein Krankenzimmer verlassen und leichte Spaziergänge wagen. Und ich bekam zur mentalen Stabilisierung die Krankenhauspsychologin beigestellt, die mir durch ihre langen, aufmerksamen Gespräche wirklich gut tat. Sie war es auch, die mich stark machte und auf die Zeit nach dem Krankenhausaufenthalt vorbereitete. Sie war es, die mich ermutigte, endlich eine für mich passende, dem Lebensstandard adäquate Wohnung zu finden.


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