Der Reiniger. Inger Gammelgaard Madsen

Der Reiniger - Inger Gammelgaard Madsen


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schnappte und zügig verschwand.

      Seine Finger stießen auf irgendetwas, das unter dem Futter in einer kleinen Tasche mit Reißverschluss versteckt war. Er machte sie auf und fand etwas.

      „Ein Schlüssel?“, stellte er überrascht fest und zeigte ihn Felix.

      „Das ist kein Schlüssel.“

      „Ist es wohl.“

      Felix nahm ihn ihm aus der Hand. „Ja, aber ein USB-Schlüssel, ein Memory Stick in Form eines richtigen Schlüssels.“

      Felix steckte ihn in den USB-Port seines Tablets. Auf dem Bildschirm erschien ein Link.

      „Das ist bestimmt eine Homepage“, murmelte Felix. Er klickte ihn an und eine schwarze Seite mit einem Kästchen ging auf.

      „Shit, für die Seite braucht man einen Zugangscode und ein Passwort“, stöhnte Felix.

      „Wo die wohl hinführt?“

      „Ich weiß es nicht, aber es ist etwas Suspektes. Sieht nach einem geheimen Netzwerk aus.“

      „Kannst du herausfinden, wie wir da reinkommen?“

      „Vielleicht, aber das wird dauern - und traust du dich? Vielleicht sind das Pornos.“

      „Genau“, antwortete Bertram und grinste.

      Das Wesen war so groß wie eine große Katze und sah aus wie eine Mischung aus Mensch und Ratte. Es waren auch Rattenzähne, die sich in seinem schäumenden Maul zeigten, als das Wesen es öffnete und sich zum Angriff bereit machte. Seine Haut war klamm und glänzte vor Schweiß. Er benutzte die Löschtaste und änderte in Schleim. Rango, das Chamäleon, saß völlig unbeweglich im Terrarium und folgte ihm alienmäßig mit seinen Kugelaugen. Er hatte ihn bei Ebay-Kleinanzeigen für nur 250 Kronen gekauft. Eva Maja hasste ihn wie die Pest.

      Genervt ging Bertram ans Telefon, als es neben ihm auf dem Tisch brummte. Er hatte jeden Augenblick erwartet, der Hehler würde anrufen, dass er ausrücken und helfen sollte. Merkwürdig, dass er es noch nicht getan hatte. Es war nach Mitternacht. Aber zu seiner Erleichterung war es Felix.

      „Ich bin reingekommen! Alter, ich bin so gut! Ich bin echt reingekommen.“

      Zuerst verstand Bertram nicht, was Felix da faselte. Seine Gedanken waren noch beim Einbruch in die Lagerhalle, den Kasper und Bjarke jetzt erledigt haben müssten, wenn nichts schief gelaufen war, doch dann ging ihm auf, dass Felix den Code geknackt hatte und in das geheime Netzwerk gekommen war.

      „Geil! Und, was ist es? Pornos?“

      „Nee, nicht wirklich. Ist wohl doch nichts Besonderes. Nur ein Foto von irgend so einem hässlichen Typen. Ich schick’ dir gerade mal den Link und den Code, dann kannst du selbst gucken.“

      Das E-Mail-Programm gab einen tiefen Glockenton von sich, als die Mail einging. Bertram klickte den Link an und kam auf die Seite mit schwarzem Hintergrund. Er gab den Code ein. Dort standen drei Namen untereinander. Neben dem ersten war ein Foto. Sonst nichts.

      „Das ist also das geheime Netzwerk. Sieht ja nicht besonders geheim aus.“

      „Nein, ich weiß nicht, wer dieser Typ ist, aber er hat einen total dämlichen Namen. Vielleicht ist das eine Liste von Leuten mit schrägen Namen. Kann man echt Julius Habekost heißen?“

      Sie lachten.

      „Die beiden anderen Namen sind nicht so abgefahren. Vivian Elsted und Karl Dallerup sind ja ziemlich normal, aber von denen gibt es keine Fotos.“

      „Dann ist es vielleicht eine Liste mit hässlichen Menschen. Dieser Habekost ist ja nicht gerade schön. Gibt’s nicht auch ein Schwein namens Julius?“, lachte Felix weiter.

      „Hieß das nicht Antonius?“

      „Kann sein. Aber wenn dem die Jacke gehört, musst du dir jedenfalls keine Sorgen machen, dass er dich findet. Mit dem kannst du es problemlos aufnehmen.“

      Bertram hatte gerade das Gespräch mit Felix beendet, als Kasper anrief. Er war kurz davor, nicht dranzugehen, aber dann kam ihm der Gedanke, dass Kasper vielleicht auch angerufen hatte, als besetzt war, während er mit Felix telefoniert hatte, und deswegen wusste, dass Bertram nicht schlief.

      „Der Hehler sagt, wir sollen kommen und dabei helfen, die Sessel zu schleppen. Der Käufer soll sie in einer Stunde haben.“

      „Ich kann echt nicht, Kasper …“

      „Wieso nicht?“

      „Reicht ein Helfer nicht? Kannst du nicht stattdessen Felix anrufen?“

      „Hab’ ich versucht, war aber besetzt. Warum kannst du nicht?“

      „Ähm, Eva Maja arbeitet heute Abend nicht. Sie … sie ist krank, deswegen muss ich zu Hause bleiben.“

      „Okay. Aber der Hehler wird sauer, wenn er rauskriegt, dass du lügst - und wenn er das mit der Jacke herausfindet. Du solltest also aufpassen, Bertram …“

      „Ich scheiß’ auf den Hehler. Siehst du nicht, dass er uns bloß ausnutzt? Warum hast du so 'ne Scheißangst vor ihm?“

      „Hab’ ich gar nicht!“, protestierte Kasper entrüstet. „Aber wir kriegen ja Geld von ihm. Das müssen wir uns natürlich erstmal verdienen. Was würdest du ohne das machen? Du könntest deiner Mutter nicht mehr vorlügen, du hättest einen Job, wenn das Geld nicht wäre.“

      „Vielleicht könnte ich einfach einen Job finden, dann müsste ich nicht lügen.“

      „Dann mal viel Spaß!“, erwiderte Kasper sauer und unterbrach die Verbindung.

      Es stimmte nicht, dass seine Mutter nicht arbeitete. Er schaute auf die Uhr. Es wunderte ihn, dass sie noch nicht zu Hause war. Das Restaurant machte um 23:00 Uhr zu. Vielleicht wollten einige Gäste nicht gehen. Das passierte gelegentlich. Oder vielleicht war sie noch mit ihren Kollegen ausgegangen. Er hoffte, der Hehler lief ihr in der Stadt nicht über den Weg.

      Bertram schaute wieder auf den Bildschirm seines Laptops. Wie geheim konnte so eine Liste sein und warum gab es nur von diesem Julius Habekost ein Foto?

      Er beeilte sich, das geheime Netzwerk zu schließen und öffnete das Until Dawn- Computerspiel, als er Eva Maja im Flur lärmen hörte. Sie hatte wohl gesehen, dass in seinem Zimmer Licht brannte, sonst schlich sie immer, wenn sie spät nach Hause kam. Kurz darauf klopfte es vorsichtig an der Tür. Das tat sie seit einem Abend, an dem sie hereingeplatzt war, als er zu einem Pornofilm im Internet onanierte. Sie war so verlegen gewesen, dass sie hinausgeeilt war. Sie hatten nie darüber gesprochen und es hatte sich seitdem nicht wiederholt. Dass sie hereinplatzte jedenfalls nicht. Jetzt klopfte sie immer und wartete schön, bis er ihr die Erlaubnis gab, bevor sie die Tür öffnete. Vielleicht war ihr aufgegangen, dass ihr Sohn erwachsen geworden war und ein bisschen Privatsphäre brauchte.

      „Hallo, Schatz.“

      Sie trat von hinten an ihn heran und legte die Arme um ihn. Sie roch nach einem billigen Parfüm und aus dem Mund nach Zigaretten und Alkohol. Sie legte ihre Wange an seine und verfolgte das Geschehen auf dem Bildschirm mit. „Was für eklige Monster! Warum musst du immer so unheimliche Spiele spielen?“

      „Warum kommst du so spät?“

      Sie küsste ihn hinters Ohr. „Ich musste länger arbeiten. Sonja ist krank geworden und musste heim. Und anschließend war ich noch auf einen Drink mit Nelly. Wir mussten ein bisschen abschalten, heute war die Hölle los.“

      Sie stützte sich mit einer Hand auf seiner Stuhllehne ab, während sie mit der anderen ihre hochhackigen Schuhe auszog und sie mit einem Seufzer tiefer Erleichterung auf den Boden warf.

      „Warum rennst du auch mit diesen Stilettos rum?“

      „Das müssen wir ja. Wir sollen hübsch aussehen für die Kunden. Ich gewöhne mich auch langsam daran, aber …“ Sie ließ sich auf sein Bett fallen und rieb sich die Füße. „Was hast du heute gemacht? Außer


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