Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper

Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper - James Fenimore Cooper


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erzählte Chingachgook seinem Sohne in delawarischer Sprache und mit dem Stolze des Siegers die kurze Geschichte des Scharmützels, das in seiner Jugend auf diesem abgeschiedenen Punkte Statt gesunden hatte. Ein Zug der Schwermuth mischte sich jedoch in seinen Triumph und gab seiner Stimme, wie so oft, etwas eigenthümlich Sanftes und Musikalisches.

      Mittlerweile waren die Schwestern munter vom Pferde gestiegen und schickten sich an, in der Abendkühle an einem Orte, dessen Sicherheit, wie sie glaubten, nur durch die Thiere des Waldes gestört werden konnte, auszuruhen.

      »Wäre es nicht besser gewesen, mein würdiger Freund,« fragte der wachsamere Duncan, als er sah, daß der Kundschafter seine kurze Untersuchung beendigt hatte, »wenn wir unsern Abstand an einem weniger bekannten und seltener besuchten Orte genommen hätten?«

      »Wenige sind am Leben, welche von der Errichtung dieses Blockhauses etwas wissen,« antwortete dieser langsam und nachdenklich, »es geschieht nicht oft, daß Bücher gemacht und Erzählungen geschrieben werden über ein solches Scharmützel, wie hier in einem Krieg zwischen den Mohikanern und den Mohawks Statt gefunden hat. Ich war damals noch ein junger Bursche und zog mit den Delawaren aus, weil ich wußte, daß sie ungerechter Weise verleumdet waren. Vierzig Tage und vierzig Nächte lagen die Schufte, nach unserem Blute dürstend, um dieses Blockgebäude, dessen Plan ich selbst entworfen, und das ich zum Theil selbst mit aufgeführt habe, obgleich ich, wie Ihr wißt, kein Indianer, sondern ein Weißer von unverfälschtem Blute bin. Die Delawaren halfen mir’s aufführen und wir hielten’s zehen gegen zwanzig, bis unsere Zahl beinahe gleich war: dann machten wir einen Ausfall auf die Hunde, und Keiner entkam, das Schicksal der Seinigen zu verkünden. Ja, ja, ich war damals noch jung und der Anblick des Blutes war mir neu, ich konnte den Gedanken nicht ertragen, daß beseelte Geschöpfe, wie ich, auf der nackten Erde von den Thieren zerrissen oder im Regen gebleicht werden sollten. Deshalb begrub ich die Todten mit eigenen Händen unter eben dem Hügel, auf dem Ihr Platz genommen habt, und angenehm sitzt sich’s darauf, obgleich er aus menschlichen Gebeinen besteht.«

      Heyward und die beiden Schwestern fuhren augenblicklich von dem Rasengrabmahl auf, und Letztere überlief unwillkürlich ein Grauen, obgleich sie selbst erst so schreckliche Scenen erlebt hatten, als sie sich in so unmittelbarer Berührung mit dem Grabe der gefallenen Mohawks fanden. Das Dämmerlicht, das düstere Dickicht, hinter welchem sich die Fichten in athemlosem Schweigen bis in die Wolken erhoben, und die Todtenstille in dem weiten Walde umher – Alles vereinigte sich, ein solches Gefühl noch zu steigern.

      »Sie sind dahin und thun Niemand mehr etwas zu Leide,« fuhr Hawk-eye fort, indem er, melancholisch lächelnd über ihrer sichtbaren Unruhe, die Hand bewegte: »die erheben kein Schlachtgeheul mehr, können keinen Streich mit dem Tomahawk mehr führen! Und von allen denen, die sie bestatten halfen, sind Chingachgook und ich noch allein am Leben! Die Brüder und die Familie Chingachgook’s bildeten unsere ganze Kriegspartei, und Ihr seht hier Alles beisammen, was noch von seinem Geschlechte übrig ist.«

      Die Augen der Zuhörer suchten unwillkürlich die Gestalten der Indianer in mitleidiger Theilnahme an ihrem trostlosen Schicksale. In dem Schatten des Blockhauses gewahrte man ihre dunkeln Umrisse: der Sohn lauschte der Erzählung des Vaters mit der gespanntesten Aufmerksamkeit, wie sie ein Bericht zur Folge haben mußte, der so sehr den Ruhm von Männern pries, die er schon lange um ihres Muthes und ihrer wilden Tugenden willen verehrt hatte.

      »Ich hatte geglaubt, die Delawaren seyen ein friedfertiges Volk,« sagte Duncan; »hätten nie persönlich Krieg geführt, und die Vertheidigung ihres Landes eben den Mohawks anvertraut, die Ihr erschlagen habt.«

      »Das ist zum Theil wahr,« antwortete der Kundschafter, »und doch im Grunde eine heillose Lüge. Ein solcher Vertrag ward in früheren Zeiten durch die teuflischen Kniffe der Holländer geschlossen. Sie wollten dadurch die Eingebornen entwaffnen, die das meiste Recht auf ein Land besaßen, in dem Jene sich niedergelassen hatten. Die Mohikaner, obgleich zu demselben Stamme gehörig, achteten in ihrem Verkehre mit den Engländern nie auf diesen thörichten Vertrag, sondern vertrauten ihrer Tapferkeit, und so thaten auch die Delawaren, als ihnen die Augen über ihre Thorheit geöffnet wurden. Ihr seht den Häuptling der großen Mohikaner-Sagamoren vor Euch! Seine Familie konnte einst den Damhirsch über Länderstrecken jagen, größer als die von Albany Patteroon, ohne über einen Bach oder Hügel zu kommen, der ihr nicht zugehörte. Aber was ist ihrem Abkömmling geblieben? Er findet, so’s Gott gefällt, seine sechs Fuß Erde und ruht hier vielleicht im Frieden, wenn er einen Freund hat, der sich die Mühe nimmt, sein Haupt so tief in die Grube zu legen, daß die Pflugschaar es nicht erreichen kann.«

      »Genug!« fiel Heyward ein, welcher besorgte, der Gegenstand möchte auf eine Erörterung führen, welche die zur Rettung seiner schönen Schutzbefohlenen so unumgänglich nothwendige Eintracht stören könnte.

      »Wir sind weit gereist, und Wenige unter uns besitzen eine Körperkraft wie die Eurige, die keine Ermüdung, keine Schwäche zu kennen scheint.«

      »Meine Sehnen und Knochen helfen mir allerdings überall durch,« sagte der Jäger, indem er seine muskulösen Glieder mit einer Schlichtheit des Ausdrucks überschaute, die verrieth, mit welch aufrichtigem Behagen er diesen Lobspruch aufnahm; »es gibt größere und stärkere Leute in den Niederlassungen, Ihr könnt aber viele Tage in einer Stadt umgehen, bis Ihr einen findet, der im Stande ist, seine fünfzig Meilen zu gehen, ohne zu halten, um Athem zu schöpfen, oder der den Hunden auf der Jagd mehrere Stunden nicht aus der Hörweite kommt. Da aber Fleisch und Blut nicht immer dieselben sind, so ist es nach alle dem, was die Frauenzimmer heute erlebt und durchgemacht haben, nicht mehr als billig, anzunehmen, daß sie zu ruhen wünschen. Uncas, reinige die Quelle, während Dein Vater und ich über ihre zarten Häupter von diesen Kastanienschößlingen ein Obdach und aus Gras und Blättern eine Lagerstätte bereiten.«

      Das Gespräch verstummte, während der Jäger und seine Gefährten beschäftigt waren, für die Bequemlichkeit und den Schutz der ihrer Führung Anvertrauten zu sorgen. Eine Quelle, welche vor vielen Jahren die Eingebornen veranlaßt hatte, diesen Platz für ihre zeitigen Verschanzungen zu wählen, war bald von den Blättern gereinigt und goß nun ihren reinen Krystall über den grünenden Hügel herab. Eine Ecke des Gebäudes ward jetzt in so weit mit einem Obdache versehen, daß der in diesem Himmelsstriche stark fallende Nachtthau eine Abhaltung fand, und Schichten von weichen Zweigen und dürrem Laub wurden darunter zum Ruhelager für sie ausgebreitet.

      Während die emsigen Waidmänner in dieser Weise beschäftigt waren, genossen Cora und Alice Erfrischungen, die mehr Bedürfniß als Geschmack sie annehmen hieß. Bald darauf zogen sie sich in das Blockhaus zurück, dankten erst dem Himmel für die Gnade, die ihnen bisher zu Theil geworden war, und flehten um Fortdauer der göttlichen Huld auch für die künftige Nacht; dann legten sie ihre zarten Glieder auf das duftende Lager, und trotz aller peinlichen Erinnerungen und Besorgnisse sanken sie bald in jenen Schlummer, den die Natur so gebieterisch forderte und mit Hoffnungen auf den kommenden Morgen versüßte.

      Duncan hatte sich angeschickt, die Nacht gerade vor der Ruine zu durchwachen; aber der Kundschafter, welcher seine Absicht bemerkte, deutete auf Chingachgook, während er sich unbekümmert auf das Gras niederstreckte, und sagte:

      »Die Augen des weißen Mannes sind zu schwerfällig und zu blind für eine solche Wache! Der Mohikaner wird unsere Schildwache seyn; wir dürfen ruhig schlafen.«

      »Ich bin vorige Nacht auf meinem Posten eingeschlummert,« entgegnete Heyward, »und habe weniger Ruhe nöthig, denn Ihr, die Ihr dem Charakter eines Soldaten mehr Ehre gemacht habt! Laßt darum Alle schlafen, ich allein will Wache halten.« »Wenn wir unter den weißen Zelten des sechzigsten Regiments und vor einem Feinde, wie die Franzosen lägen, wünschte ich mir keinen bessern Wächter,« versetzte der Kundschafter, »aber in der Finsterniß und mitten in der Wildniß würdet Ihr nicht viel schärfer beobachten können, als ein Kind, und Eure Wachsamkeit wäre umsonst. Macht es denn wie ich und Uncas und schlafet: schlafet unbesorgt!«

      Heyward gewahrte wirklich, daß der jüngere Indianer, während sie noch sprachen, sich an dem kleinen Hügel niedergelegt hatte, wie einer, der die zur Ruhe vergönnte Zeit sich bestmöglich zu Nutze machen will; seinem Beispiel war auch David gefolgt, dessen Stimme buchstäblich


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