Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper

Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper - James Fenimore Cooper


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es möglich sein, daß ich so lange zum besten gehalten worden wäre? Sein Benehmen ist zuweilen roh gegen mich gewesen; aber ich schrieb es dem Umstand zu, daß er wähnt, durch mich beeinträchtigt zu sein, und daß er sich in die Veränderungen, welche die Zeit mit sich führt, nicht recht zu finden weiß.«

      »Hat man dich nicht dein ganzes Leben über zum besten gehalten, Duke? Und kann er sich nicht schlauerweise anstellen, als wisse er nichts von den Verhältnissen der Zeit, nur um seinen wahren Charakter zu verbergen?«

      »Wenn er es auf Täuschung abgesehen hätte, so würde er wohl seine Kenntnisse verborgen haben und in der Maske eines untergeordneten Menschen aufgetreten sein.«

      »So etwas geht nicht so leicht. Ich könnte ebensogut einen Versuch mit dem Fliegen machen als einen Pinsel spielen. Kenntnisse lassen sich nicht verbergen wie ein Licht unter einem Scheffel.«

      »Richard«, sagte der Richter, zu seinem Vetter gewendet, »es gibt viele Gründe gegen die Wahrscheinlichkeit deiner Vermutungen, aber du hast einen Verdacht in mir geweckt, den ich zur Gewißheit bringen muß. Doch wohin geht jetzt unsere Wanderung?«

      »Jotham, der in meinem und Hirams Auftrage sich viel im Gebirge aufhielt, hat eine Entdeckung gemacht, die er zur Zeit noch nicht mitteilen will, da er, wie er sagt, durch einen Eid gebunden ist. Nur so viel ist gewiß, daß er weiß, wo das Erz liegt, und daß er zu graben angefangen hat. Ich wollte ohne dein Vorwissen nicht darauf eingehen, Duke, weil das Land dein Eigentum ist. Und nun kennst du den Zweck unseres Rittes. Ich nenne dies eine Gegenmine. – Ha! ha!«

      »Und wo wäre die ersehnte Stelle?« fragte der Richter mit halb scherzender, halb ernster Miene.

      »Nicht mehr weit, und wenn wir sie besucht haben, so will ich dir einen von den Plätzen zeigen, den wir vor einer Woche aufgefunden, und wo seit sechs Monaten unsere Jäger ihr Wesen getrieben haben.«

      Die beiden Reiter fuhren fort, den Gegenstand zu besprechen, während ihre Pferde unter den Baumzweigen und über den unebenen Boden des Gebirges weitertrabten. Sie erreichten bald das Ziel ihrer Reise und fanden dort Jotham bis an den Hals in einem Loch stecken, das er ausgegraben hatte.

      Marmaduke fragte den Schatzgräber umständlich über die Gründe aus, die ihn veranlaßt hatten, gerade in dieser Gegend das kostbare Metall zu suchen; aber der Kerl entfaltete eine beharrliche Geheimnistuerei in seinen Antworten. Er behauptete, aus gewichtigen Gründen zu handeln, und fragte den Richter mit einem Ernst, der bewies, wie fest sein Glaube war, wieviel ihm von dem Gewinn zuteil werden sollte, wenn seine Bemühungen zu einem Erfolg führten. Nachdem der Richter eine Stunde an der Stelle verweilt, das Gestein untersucht und nach den gewöhnlichen Anzeichen, welche die Nähe von Erz verkünden, gespäht hatte, ließ er sich von seinem Vetter nach der Stelle führen, wo das geheimnisvolle Triumvirat seine Grabungen angestellt hatte.

      Der von Jotham ausgewählte Ort befand sich an der Rückseite des Berges, der über Lederstrumpfs Hütte herabhing, und der von Natty und seinen Gefährten gewählte Platz befand sich auf der andern Seite desselben Berges, aber oberhalb des Fahrwegs und natürlich in einer Richtung, derjenigen ganz entgegengesetzt, welche die Damen für ihren Spaziergang eingeschlagen hatten.

      »Wir können uns jetzt ohne Störung der Stelle nähern«, sagte Richard, während sie abstiegen und ihre Pferde anbanden, »denn ich habe, ehe wir von Hause weggingen, John und Lederstrumpf in ihrem Kahne fischen sehen, und Oliver ist in derselben Absicht ausgezogen. Vielleicht tun sie’s aber bloß zum Schein, um unsere Augen irrezuführen; wir wollen uns daher beeilen; denn es wäre doch gerade nichts Angenehmes, wenn sie uns hier überraschten.«

      »Wie? Auf meinem eigenen Grund und Boden?« versetzte Marmaduke ernst. »Wenn es so ist, wie du vermutest, so sollen sie mir den Grund angeben, warum sie hier gegraben haben.«

      »St«, entgegnete Richard, indem er einen Finger an seine Lippen legte und einen sehr mühsamen Abhang hinab zu einer Art natürlicher Höhle im Felsen, die einem Feuerplatze nicht unähnlich war, voranging. An der Vorderseite dieser Höhle lag ein Haufen Erde, die augenscheinlich aus dem Innern herausgeschafft worden und zum Teil noch frisch war. Eine Untersuchung des Äußeren brachte den Richter nicht ins klare, ob er es hier mit einem Spiel der Natur oder einem Werk von Menschenhand aus irgendeiner früheren Periode zu tun habe. Das Innere aber ließ keinen Zweifel, daß es seine Gestaltung menschlicher Bemühung verdankte; denn an dem weichen bleifarbigen Fels, der sich den Fortschritten der Häuer in den Weg gelegt hatte, waren noch die Spuren der Eisenwerkzeuge zu entdecken. Das Ganze bildete eine ungefähr zwanzig Fuß weite und fast noch einmal so tiefe Höhle. Die Höhle war weit beträchtlicher als für den Zweck des Unternehmens notwendig, was aber augenscheinlich Wirkung des Zufalls war, da der Fels oben dachförmig überhing und um viele Fuß weiter vorsprang als die Basis. Unmittelbar vor dieser Felsennische befand sich eine kleine teils durch die Natur, teils durch die von den Arbeitern sorglos herausgeworfene Erde gebildete Terrasse. Vor dieser fiel das Gebirge steil ab, so daß die klippenreichen Seitenzugänge schwierig und sogar etwas gefährlich waren. Der ganze Schauplatz war wild, roh und augenscheinlich unvollendet; als sich der Sheriff in dem Gebüsch umsah, fand er die Werkzeuge vor, die bei der Arbeit benutzt worden waren.

      Als Richard glaubte, sein Vetter habe die Stelle hinreichend untersucht, fragte er feierlich: »Bist du jetzt befriedigt, Richter Temple?«

      »Ich habe mich allerdings überzeugt, daß hier etwas Geheimnisvolles und Seltsames vorgeht. Es ist ein schlau gewählter, abgelegener Ort, aber doch sehe ich keine Spur von Erz.«

      »Du wirst doch nicht meinen, Vetter, daß man Gold und Silber wie Kieselsteine auf der Oberfläche der Erde findet – Dollars und Dimes, bereits ausgeprägt, daß man sie nur auszugeben braucht? Nein, nein – der Schatz muß erst gesucht werden, ehe man ihn benutzen kann. Aber laß sie nur graben, ich will schon entgegen minieren.«

      Der Richter besichtigte die Stelle genau und notierte in seinem Notizbuch Merkmale, die es ihm möglich machten, sie auch ohne Richard aufzufinden; dann kehrten sie zu ihren Pferden zurück.

      Als sie die Landstraße erreicht hatten, trennten sie sich – der Sheriff, um vierundzwanzig »gute und getreue Männer« aufzubieten, die am nächsten Montag, an welchem Marmaduke Gerichtssitzung hielt, als Gehilfen der Obrigkeit funktionieren sollten; der Richter, um nach Hause zurückzukehren, wobei er sich mit ernstlichen Gedanken über das, was er im Lauf des Morgens gesehen und gehört hatte, beschäftigte.

      Als sein Pferd an die Stelle gelangte, wo sich die Landstraße gegen das Tal senkte, ließ Marmaduke sein Auge auf derselben Szene ruhen, die zehn Minuten vorher so beruhigend auf die Gefühle seiner Tochter und ihrer Freundin gewirkt hatte, als sie aus dem Wald herauskamen; aber die Gegenstände schwebten nur wirr vor seinen Blicken. Er ließ seinem sicheren Tier die Zügel und gestattete ihm, nach Belieben weiterzutraben, während er folgendermaßen zu sich selber sprach:

      »Es mag doch mehr hinter dieser Sache stecken, als ich anfangs dachte. – Ich habe meinen Gefühlen die Herrschaft über die Vernunft eingeräumt, indem ich einem Unbekannten in dieser Weise Eingang in mein Hans gestattete; – doch wir leben in einem Lande, wo man Argwohn nicht aufkommen lassen darf. Ich will Lederstrumpf rufen lassen, und einige offene Fragen werden diesem alten einfachen Manne wohl die Wahrheit entlocken.«

      In diesem Augenblick wurde der Richter Elisabeths und Luises ansichtig, die in kurzer Entfernung langsam den Berg hinabstiegen. Er drückte seinem Roß die Sporen in die Seite, ritt auf sie zu, saß ab und führte sein Pferd auf dem engen Pfade am Zügel. Während der bewegte Vater auf die lebendige Schilderung horchte, die ihm seine Tochter von ihrer kürzlichen Gefahr und ihrem unverhofften Entrinnen gab, wichen alle Gedanken an Minen, Herrenrechte und Verhöre vor er Aufregung des Augenblickes, und wenn ihm jetzt Nattys Bild vor das geistige Aug trat, so war es nicht das eines gesetzlosen, diebischen Squatters, sondern das des Retters seines Kindes.

      XXX

       Inhaltsverzeichnis

      Der


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