Die bekanntesten Theaterstücke. Heinrich von Kleist

Die bekanntesten Theaterstücke - Heinrich von Kleist


Скачать книгу
ja nichts mehr sagen,

       Will niemand mehr beschuldgen, wills verschmerzen,

       Wenn sie dies Einzge nur, dies Letzte uns nur lassen. –

      (Sie umarmt Agnes mit Heftigkeit.)

      EIN KNAPPE (tritt auf):

       Es ist ein Ritter, Herr, am Tore.

      SYLVESTER: Laß ihn ein.

      SYLVIUS:

       Ich will aufs Zimmer, Agnes, führe mich.

      (Sylvius und Agnes ab.)

      GERTRUDE:

       Soll ich ihm einen Platz an unserm Tisch

       Bereiten?

      SYLVESTER: Ja, das magst du tun. Ich will

       Indessen Sorge tragen für sein Pferd.

      (Beide ab; Agnes tritt auf, sieht sich um, schlägt ein Tuch über, setzt einen Hut auf, und geht ab. Sylvester und Aldöbern treten auf)

      SYLVESTER:

       Aus Rossitz, sagst du?

      ALDÖBERN: Ritter Aldöbern

       Aus Rossitz. Bin gesandt von meinem Herrn,

       Dem Rupert, Graf von Schroffenstein, an dich,

       Sylvester, Grafen Schroffenstein.

      SYLVESTER: Die Sendung

       Empfiehlt dich, Aldöbern; denn deines Herrn

       Sind deine Freunde. Drum so laß uns schnell

       hinhüpfen über den Gebrauch; verzeih

       Daß ich mich setze, setz dich zu mir, und

       Erzähle alles, was du weißt, von Rossitz.

       Denn wie, wenn an zwei Seegestaden zwei

       Verbrüderte Familien wohnen, selten,

       Bei Hochzeit nur, bei Taufe, Trauer, oder

       Wenns sonst was Wichtges gibt, der Kahn

       Herüberschlüpft, und dann der Bote vielfach,

       Noch eh er reden kann, befragt wird, was

       Geschehn, wies zuging, und warum nicht anders,

       Ja selbst an Dingen, als, wie groß der Ältste,

       Wie viele Zähn der Jüngste, ob die Kuh

       Gekalbet, und dergleichen, das zur Sache

       Doch nicht gehöret, sich erschöpfen muß –

       Sieh, Freund, so bin ich fast gesonnen, es

       Mit dir zu machen. – Nun, beliebts so setz dich.

      ALDÖBERN:

       Herr, kann es stehend abtun.

      SYLVESTER: Ei, du Narr,

       Stehn und Erzählen, das gehört zusammen,

       Wie Reiten fast und Küssen.

      ALDÖBERN: Meine Rede

       Wär fertig, Herr, noch eh ich niedersitze.

      SYLVESTER:

       Willst du so kurz sein? Ei, das tut mir leid;

       Doch wenns so drängt, ich wills nicht hindern. Rede.

      ALDÖBERN:

       Mich schickt mein Herr, Graf Rupert Schroffenstein,

       Dir wegen des an seinem Sohne Peter

       Verübten Mords den Frieden aufzukünden. –

      SYLVESTER:

       Mord?

      ALDÖBERN:

       Mord.

       Doch soll ich, meint er, nicht so frostig reden,

       Von bloßem Zwist und Streit und Kampf und Krieg,

       Von Sengen, Brennen, Reißen und Verheeren.

       Drum brauch ich lieber seine eignen Worte,

       Die lauten so: Er sei gesonnen, hier

       Auf deiner Burg ein Hochgericht zu bauen;

       Es dürste ihm nach dein und deines Kindes –

       Und deines Kindes Blute – wiederholt' er.

      SYLVESTER (steht auf, sieht ihm steif ins Gesicht):

       Ja so – Nun setz dich, guter Freund. – (Er holt einen Stuhl.) Du bist

       Aus Rossitz nicht, nicht wahr? – Nun setz dich. Wie

       War schon dein Name? Setz dich, setz dich. – Nun,

       Sag an, ich habs vergessen, wo, wo bist

       Du her?

      ALDÖBERN: Gebürtig? Herr, aus Oppenheim:

       – Was soll das?

      SYLVESTER: So, aus Oppenheim – nun also

       Aus Rossitz nicht. Ich wußt es wohl, nun setz dich.

       (Er geht an die Tür.)

       Gertrude! (Gertrude tritt auf) Laß mir doch den Knappen rufen

       Von diesem Ritter, hörst du? (Gertrude ab.) Nun, so setz dich

       Doch, Alter – Was den Krieg betrifft, das ist

       Ein lustig Ding für Ritter; sieh, da bin ich

       Auf deiner Seite. –

      ALDÖBERN: Meiner Seite?

      SYLVESTER: Ja,

       Was Henker denkst du? Hat dir einer Unrecht,

       Beschimpfung, oder sonst was zugefügt,

       So sag dus mir, sags mir, wir wollens rächen.

      ALDÖBERN:

       Bist du von Sinnen, oder ists Verstellung?

      (Gertrude, der Knappe und ein Diener treten auf)

      SYLVESTER:

       Sag an, mein Sohn, wer ist dein Herr? Es ist

       Mit ihm wohl – nun du weißt schon, was ich meine. –

      ALDÖBERN:

       Den Teufel bin ich, was du meinst. Denkst du

       Mir sei von meiner Mutter so viel Menschen-

       Verstand nicht angeboren, als vonnöten,

       Um einzusehn, du seist ein Schurke? Frag

       Die Hund auf unserm Hofe, sieh, sie riechens

       Dir an, und nähme einer einen Bissen

       Aus deiner Hand, so hänge mich. – Zum Schlusse

       So viel noch. Mein Geschäft ist aus. Den Krieg

       Hab ich dir Kindesmörder angekündigt. (Will ab.)

      SYLVESTER (hält ihn):

       Nein, halte – Nein, bei Gott du machst mich bange.

       Denn deine Rede, wenn sie gleich nicht reich,

       Ist doch so wenig arm an Sinn, daß michs

       Entsetzet. – Einer von uns beiden muß

       Verrückt sein; bist dus nicht, ich könnt es werden. Die Unze Mutterwitz, die dich vom Tollhaus Errettet, muß, es kann nicht anders, mich Ins Tollhaus führen. – Sieh, wenn du mir sagtest, Die Ströme flössen neben ihren Ufern Bergan, und sammelten auf Felsenspitzen In Seen sich, so wollt – ich wollts dir glauben; Doch sagst du mir, ich hätt ein Kind gemordet, Des Vetters Kind –

      GERTRUDE: O großer Gott, wer denn

       Beschuldiget dich dieser Untat? Die aus Rossitz,

       Die selbst, vor wenig Monden –

      SYLVESTER: Schweig. Nun wenns

       Beliebt, so sags mir einmal noch. Ists wahr,

       Ists wirklich wahr? Um eines Mordes willen

      


Скачать книгу