Chefarzt Dr. Norden Staffel 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Chefarzt Dr. Norden Staffel 4 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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beobachtete jeden ihrer Handgriffe.

      »Die Lunge ist frei«, erklärte sie kurz darauf.

      »Ein Glück.«

      Christine Lekutat musterte Niko Arzfeld eingehend.

      »Sie sollten sich ausruhen. Wenn Sie bei der Hochzeit so aussehen wie jetzt, heiratet Ihre Freundin Sie womöglich nicht.«

      »So schlimm?« Niko lachte. Mit einem Blick auf die schlafende Silje stand er auf. »Also gut. Aber Sie sagen mir Bescheid, falls sich an ihrem Zustand etwas ändern sollte, nicht wahr?«

      »Selbstverständlich«, erwiderte Christine und schob ihn kurzerhand zur Tür hinaus.

      *

      Volker Lammers saß am Schreibtisch in seinem Büro und starrte auf die E-Mail, die gerade vom mikrobiologischen Institut eingetroffen war.

      Die Tür stand halb offen. Dr. Weigand trat ein.

      »Und? Schon was Neues?«

      Lammers zuckte zusammen.

      »Können Sie nicht anklopfen wie jeder andere normale Mensch auch?«

      Ausgerechnet Lammers, der jeden menschlichen Anstand vermissen ließ! Der sich einen Spaß daraus machte, seine Mitmenschen zu düpieren, wann immer sich die Gelegenheit bot.

      »Die Tür stand offen«, brachte Matthias zu seiner Verteidigung vor. »Gibt es schon etwas Neues wegen Fynn?«

      Volker drehte den Monitor.

      »Lesen Sie selbst!«

      Dr. Weigand sah ihn fragend an, ehe er sich in die Nachricht vertiefte.

      »Verdammt! Genau das, was ich befürchtet habe.« Er richtete sich auf. »Kommen Sie! Wir müssen Fee Bescheid sagen.«

      Felicitas hörte die Schritte schon von Weitem.

      Sie saß am Bett ihres Enkels und betupfte seine glühende Stirn mit einem feuchten Tuch. Die Haut an ihren Händen war aufgequollen. Mit geschlossenen Augen warf Fynn den Kopf hin und her. Murmelte unverständliche Worte im Fiebertraum. Als die Tür aufgerissen wurde, hob Fee den Kopf. Sah Lammers und Weigand an, die das Zimmer betreten hatten. Der Kummer hatte ihre Augen dunkel gefärbt.

      »Die Temperatur ist unverändert hoch. Kein einziges der Virostatika hat bisher angeschlagen. Wenn ich nur wüsste, was das für ein Virus ist.«

      Matthias suchte nach den passenden Worten, um Felicitas die furchtbare Neuigkeit so schonend wie möglich beizubringen.

      Doch Lammers kam ihm zuvor.

      »Schweinegrippe.«

      Fees Pupillen weiteten sich.

      »Das ist nicht Ihr Ernst, oder?«

      »Ich habe Proben ins Institut für Mikrobiologie schicken lassen. Es gibt keinen Zweifel.«

      »Ich verstehe nicht.« Das konnte nicht wahr sein! Wahrscheinlich fantasierte sie schon vor Sorge. Sie zwickte sich in den Arm. Nichts geschah. »Aber wo sollte er sich damit angesteckt haben?«

      Matthias’ Herz war schwer. Er wollte gar nicht daran denken, wie er sich – Stiefvater einer kleinen Tochter – in dieser Situation fühlen würde.

      »Ich tippe auf Felix.«

      »Wieso Felix?« Fee legte den Kopf schief. Eine blonde Strähne fiel ihr ins Gesicht. Geistesabwesend schob sie sie zurück. »Er ist gesund.«

      »Wir haben einen Patienten mit Schweinegrippe auf der Quarantänestation. Er kam gestern Abend mit derselben Maschine aus Mexico wie Felix. Hat er denn noch keinen Anruf bekommen von seiner Fluggesellschaft? Die wollten sich darum kümmern, die Passagiere zu informieren.«

      Fees Kehle war trocken geworden.

      »Ich … ich weiß nicht.« Sie nestelte das Handy aus der Tasche der Strickjacke. Im Telefonbuch klickte sie auf den Namen ihres Sohnes. Mit angehaltenem Atem wartete sie auf Antwort.

      »Der Teilnehmer ist momentan nicht erreichbar. Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal«, sagte eine elektronische Stimme.

      »Das Telefon ist aus.« Felicitas legte auf und wählte die Nummer von Zuhause. Diesmal hatte sie Glück. Das Gespräch dauerte nicht lange.

      »Felix hat vergessen, das Telefon zu laden«, erwiderte sie tonlos. »Er steckt es an und meldet sich, sobald er mehr weiß.«

      Lammers trat vor. Genug geplaudert!

      »Gut. Inzwischen verlegen wir die kleine Rotznase auf die Quarantänestation.«

      Felicitas war wie versteinert. Sie konnte sich noch nicht einmal über diese Bezeichnung aufregen. Die Gedanken in ihrem Kopf fuhren Karussell. Einen davon bekam sie zu fassen.

      »Tatjana, Danny, ich muss zu Ihnen und ihnen die Wahrheit sagen.«

      »Ausgeschlossen!«, meldet sich Matthias zu Wort. »Du bist potenzielle Trägerin des Virus. Zuerst müssen wir dich testen. Bis dahin bist du am besten bei Fynn aufgehoben.«

      Konnte es noch schlimmer kommen?

      »Gut. Aber ich muss sie wenigstens anrufen.«

      »Tu das. Im Anschluss daran werden wir dich und Felix testen«, fuhr Matthias fort, während sich Lammers mit Mundschutz und Spezialkleidung um den kleinen Patienten kümmerte. »Hatte sonst noch jemand aus eurer Familie Kontakt mit Felix?«

      Um ein Haar hätte Fee gelächelt. Der Umstand, der sie so traurig gemacht hatte, erwies sich im Nachhinein als Glücksfall.

      »Zum Glück nicht. Sie sind alle unterwegs.«

      »Gut. Sie müssen informiert werden und sollten das Haus nicht betreten. Wie du weißt, verbreitet sich das Virus schnell von Mensch zu Mensch, beispielsweise bei nahem Körperkontakt und in geschlossenen Räumen.« Matthias sprach streng. »Außerdem sind kleine Kinder stärker ansteckend, da sie mehr Viren für eine längere Zeit ausscheiden können als Erwachsene.«

      Fee nickte mehrmals hintereinander. Natürlich wusste sie das alles! Nur eines war ihr nicht klar.

      »Warum so schnell? Obwohl Felix keine Symptome hat.«

      »Möglich, dass Fynns Immunsystem schon vorher geschwächt war«, gab Dr. Weigand zu bedenken. »Und dass Felix keine oder kaum Symptome zeigt, kann durchaus vorkommen.« Er legte die Hand auf die Schulter seiner Freundin. »Nicht verzweifeln, Fee. Du bist nicht allein.«

      Er wusste selbst, wie schwach dieser Trost war.

      *

      Ein paar Minuten später war Felicitas Norden allein im Zimmer. Für den Weg zur Isolierstation hatte eine Schwester Mundschutz und sterile Kleidung bereit gelegt. Aber Fee war noch nicht bereit. Die schwierigste Aufgabe lag noch vor ihr. Sie starrte das Mobiltelefon in ihrer Hand an. Tatjanas Konterfei auf dem Display lachte sie an. Fee musste das Foto nur antippen, und das Gerät würde eine Verbindung aufbauen. Ihr rechter Zeigefinger schwebte über dem Handy. Sie schloss die Augen, holte tief Lufs und berührte den Bildschirm.

      »Tatjana?«

      »Fee, es tut mir leid, dass es später geworden ist.« Tatjanas muntere Stimme schnitt in Fees Herz. »Aber du weißt ja, wie das so ist, mit einem Arzt verheiratet zu sein. Bei Danny ist es mal wieder später geworden. Er hat versprochen, in ein paar Minuten hier zu sein.«

      Felicitas schluckte.

      »Deshalb rufe ich an. Ihr dürft nicht zu uns kommen.« Sie konnte vor sich sehen, wie ihre Schwiegertochter stutzte.

      »Stimmt was nicht?«

      »Fynn …« Fee räusperte sich. »Er hat sich bei Felix mit der Schweinegrippe angesteckt. Aber keine Sorge, wir haben alles im Griff.« Keine Sorge? Was für ein Hohn! Aber was hätte sie sonst sagen sollen? »Ihr könnt nur nicht zu ihm. Die Gefahr, dass ihr euch auch ansteckt, ist viel zu groß.«

      »Was redest


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