Western Sammelband 4 Romane: Wo die Wölfe warten und andere Western. Alfred Bekker

Western Sammelband 4 Romane: Wo die Wölfe warten und andere Western - Alfred Bekker


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Lagerfeuer wieder zu entfachen, um sich eine Tasse Kaffee kochen und den Rest der Bohnen vom Vorabend aufwärmen zu können.

      Das Feuerholz war feucht geworden.

      Grainger stand auf, nachdem es ihm endlich gelungen war, die Glut wieder zu entfachen. Mit hoch gezogenen Schultern ging er ein paar Schritte auf und ab und rieb sich die Hände. Dabei blickte er zur Hügelkette am Horizont.

      Dort, ein paar Meilen weiter südlich, begannen die nördlichsten Ausläufer der großen Salzwüste. Ein Land, so schroff und lebensfeindlich, dass man es den Indianern überlassen hatte. Pawnees, Crowes und manchmal auch Blackfeet zogen durch diese Einöde auf ihrem ständigen Kampf ums Überleben.

      Genau dorthin sollte auch Graingers Weg führen.

      Der Mann von der U.S. Government Squad ging vor seinem bescheidenen Feuer in die Hocke und rückte den verrußten Wassertopf zurecht. Als er aufblickte, entdeckte er im Osten eine Ansammlung dunkler Punkte. Sie bewegten sich Richtung Süden.

      Reiter, dachte er, mindestens ein Dutzend. Vielleicht waren es sogar noch mehr. Er stand auf, schirmte die Augen mit der Hand gegen die Morgensonne ab und beobachtete die Reiter. Immer wieder verlor er sie aus dem Blickfeld, denn sie verschwanden häufig in den Schatten von Felsmassiven.

      Ihre Entfernung war schwer zu schätzen. Vielleicht eine Reitstunde, vielleicht eine halbe. Jedenfalls blieb ihm Zeit genug, seinen Kaffee zu trinken und ein paar Bohnen zu essen. Dann räumte er sein Lager auf, sattelte den Braunen, den er seit zwei Wochen ritt und stieg auf.

      Offenbar hatte er denselben Weg wie die Meute, die er aus der Ferne gesehen hatte. Auch sie waren in Richtung des Indianergebiets unterwegs. Grainger trieb seinen Gaul an, galoppierte in einem Bogen und schnitt der Reitergruppe auf diese Weise den Weg ab.

      Der Mann der U.S. Government Squad hatte sich genauestens mit den Karten beschäftigt, die es inzwischen über dieses Gebiet gab. Sowohl die Mormonen als auch die Oregon-Siedler hatten es durchquert und so war das Utah-Territory schon lange kein weißer Fleck auf der Landkarte mehr.

      Grainger ahnte, welchen Weg der Reitertrupp nehmen würde.

      Am White Creek band er seinen Braunen im dichten Gestrüpp auf einer Hügelkuppe fest. Der White Creek floss nach Süden und versickerte dort ein paar Dutzend Meilen weiter in einem brackigen Sumpf. Auf dieser Höhe jedoch war das Wasser noch genießbar und für die Männer, die auf dem Weg nach Süden waren, eine willkommene Gelegenheit, ihre Trinkwasservorräte aufzufrischen und die Pferde ausgiebig saufen zu lassen.

      Der große Mann zog seine Winchester aus dem Scubbard und schritt zum Rand des Gestrüpps, das fast die gesamte Kuppe eines langgestreckten, flachen Hügels bedeckte. Von hier aus hatte er einen guten Blick auf den Ausgang der schlauchartigen Schlucht. Durch ihren Ausgang führte die günstigste Route Richtung Süden.

      Noch hatte Grainger keine Ahnung, wer die Reiter waren, die er gesehen hatte. Doch er hielt sich seit jeher für einen Glückspilz und mit etwas Glück waren es jene Männer, derentwegen ihn die U.S. Government Squad in diese Gegend geschickt hatte.

      Die Sonne war inzwischen zur Gänze über den östlichen Horizont gekrochen, aber das bedeutete leider nicht, dass es sehr viel wärmer geworden war. Grainger fröstelte. Er wusste, wie schnell sich in dieser Gegend das Wetter umstellen konnte.

      Im Sommer war es mörderisch heiß. Salzstaub bedeckte dann alles. Der Wind trug den Staub überall hin, während die sengende Sonne alles verdorren ließ. Um hier überleben zu können, musste man entweder ein Pawnee-Indianer oder ein Kaktus sein.

      Während des eisigen Winters fegten dann häufig Blizzards über das Land, die alles gefrieren ließen und unter einer hohen Schneedecke begruben. Schon im Herbst konnte es deswegen zu gefährlich werden, um nach Westen aufzubrechen. Ungezählten Siedlern waren die plötzlichen Wetterumschwünge schon zum Verhängnis geworden. Ihre Gräber säumten die Trails, die durch dieses Gebiet führten. Und hin und wieder gemahnten bleiche Ochsen- und Pferdeschädel am Wegrand daran, wie schnell für jeden, der sich hierher wagte, die Reise zu Ende gehen konnte.

      Endlich preschten die Reiter heran. Schon aus der Ferne war der Hufschlag zu hören. Insgesamt zählte Grainger fünfzehn bis an die Zähne bewaffnete Männer. Tatsächlich ritten sie zum Ufer des White Creeks und stiegen dort aus den Sätteln. Die Gäule dampften. Die Reiter führten sie ins seichte Wasser und ließen sie erst einmal ausgiebig saufen.

      So gierig, wie die Pferde soffen und so träge, wie die Reiter sich bewegten, vermutete Grainger, dass die Gruppe die ganze Nacht über geritten war. Reiter und Pferde machten einen erschöpften Eindruck. Nacheinander sanken die Männer in die Uferböschung und streckten sich aus.

      Der ratschende Laut einer Winchester, die gerade durchgeladen wurde, ließ Grainger erstarren. Jemand drückte ihm den Lauf einer Waffe ziemlich schmerzhaft in den Rücken.

      „Keine Bewegung, Hombre!“, wisperte eine Stimme. „Und hoch mit den Händen.“ Grainger hing am Leben, also hob er die Arme. Der Unbekannte nahm ihm den Revolver und die Winchester ab und warf sie zur Seite.

      „Aufstehen!“, befahl er. „Wir werden schon aus dir herausprügeln, wo deine Leute sind.“

      „Du machst einen Fehler!“ Grainger drehte sich halb herum.

      Ein heiseres Lachen war die Antwort. „Nein, den Fehler hast du gemacht, als du dich an dem Überfall auf den Zug zwischen Ogden und Bear River City beteiligtest!“

      Grainger gehorchte und stand auf. Vorsichtig drehte er sich jetzt ganz um. Der Mann, der sich so geräuschlos angeschlichen hatte, war zweifellos ein Indianer oder zumindest ein Halbblut. Die wettergegerbte, dunkelrote Haut wirkte ledrig. Zwei Zöpfe aus blauschwarzem Haar hingen bis zu den Schultern herab. Er trug einen blauen, etwas verblichenen Army-Mantel ohne Rangabzeichen, über den er einen breiten Gürtel mit Revolverholster und Messer geschnallt hatte.

      Seine Augen wurden schmal, als er Grainger musterte. „Die Hände noch höher!“

      „Ich bin keiner von den Eisenbahnräubern, hinter denen ihr offenbar her seid!“, sagte Grainger.

      „Das Gewinsel eines Coyoten hört sich überzeugender an als deine Lüge.“

      „Es ist die Wahrheit!“ Graingers Winchester und Revolver hatte der Kerl außerhalb seiner Reichweite auf den Boden geworfen. Den Lauf der eigenen Waffe richtete er auf den Bauch des Mannes, der gut einen halben Kopf größer war als er selbst.

      „Jetzt werden wir schön langsam zu den anderen gehen“, forderte er.

      „Du gehörst zu der Truppe dort unten?“

      „Erraten, Hombre. Und du kannst von Glück sagen, dass es hier so wenig Bäume gibt, an denen man dich aufhängen könnte!“

      4

      Der Indianer trieb Grainger den Hügel hinunter zum Bachufer. Die Männer dort sahen sie kommen und erhoben sich aus der Böschung. Sie sahen müde und abgekämpft aus. Zweifellos hatten sie einen langen, scharfen Ritt hinter sich. Doch die Tatsache, dass einer der ihren einen Gefangenen gemacht hatte, weckte ihre Lebensgeister wieder.

      „Wen bringst du uns denn da mit, Cold Blood?“, fragte ein graubärtiger Mann mit leuchtend blauen Augen. Er schien der Anführer der Gruppe zu sein.

      „Ich


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