Athanor 4: Die letzte Schlacht. David Falk

Athanor 4: Die letzte Schlacht - David  Falk


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anderes. Sie wollen einen gütigen Vater, der sich ihrer Schwierigkeiten annimmt und ihnen sagt, was sie zu tun haben. Zum Henker, das bin ich nicht, Akkamas! Du weißt es. Orkzahn weiß es. Aber sie wollen es nicht sehen.«

      »Weil du ihre einzige Hoffnung bist.«

      »Ja, danke, lad mir noch ein paar Säcke auf.«

      »Das war nur eine Feststellung«, betonte Akkamas. »Ich sage nicht, dass du diesen Erwartungen gerecht werden musst. Wir alle können nur tun, was in unserer Macht steht. Du bist ein Krieger, also kämpfe! Um den Rest sollen sich andere kümmern.«

      »Und wer?«

      »Wenn wir mal von den Nekromanten absehen, gegen die ein wahrer Krieger wie du auf den Plan treten musste, hat Nemera Dion ausgezeichnet regiert. Überlass es ihr.«

      »Sie wartet doch genauso auf meine Anweisungen wie die anderen.«

      »Weil du der Kaysar bist, den sie nur vertreten hat. Sag ihr, dass sie ihre Aufgaben als Regentin wieder wahrnehmen soll, und sie wird es tun.«

      Anstelle einer Antwort brummte Athanor nur. Es gefiel ihm nicht, Nemera zu gestehen, was er gerade seinen Freunden anvertraut hatte. Sie sollte zu ihm als ihrem Kaysar aufsehen. Ich bin ihr Herrscher, verdammt. Ich muss ihr keinen Grund nennen. Wenn sie eintraf, würde er ihr befehlen, sich allein um die Angelegenheiten der Flüchtlinge zu kümmern. »Gehen wir. Es wird bald Abend, und ich will mit Peredin noch einmal darüber sprechen, was Orkzahn über die Schamanen gesagt hat. Das ist bislang unsere einzige Spur.«

      »Ich kann nicht erkennen, wie uns das weiterhelfen soll«, erwiderte Akkamas, während sie den Hain der Glocke verließen. »Die Elfen scheinen ebenso wenig von dieser Art Magie zu verstehen wie wir.«

      »Aber irgendeinen Ansatz müssen wir finden. Orkzahn, bist du sicher, dass die Ermordeten eure letzten Schamanen waren?«

      »Bin ich sicher?« Nachdenklich kratzte sich der Troll im Bart. »Nein. Bevor ich sie traf, wusste ich auch nicht von Einauge und Wirrkopf.«

      »Dann könnte es also noch weitere geben?«

      »Es war kein anderer am Berg der Ahnen«, wich Orkzahn aus. »Ich weiß es nicht, aber … ich glaube nicht daran. Es hat nie viele von ihnen gegeben.«

      Hadons Fluch! Ich suche doch nur einen Strohhalm, an den wir uns klammern können. Es musste etwas geben, das sie tun konnten – selbst wenn ihre Chancen dabei noch so gering waren. Er wollte nicht enden wie etliche Elfen, die nur noch mit leerem Blick ihre alltäglichen Pflichten erfüllten. Während andere in hektische Aktivität ausgebrochen waren, blieben sie von Entsetzen gelähmt. Längst trugen berittene Boten die Nachrichten vom Ende des Ewigen Lichts und dem Streit des Rats in alle Winkel der Elfenlande. Botenfalken verkehrten in Windeseile zwischen den Ältesten der vier Völker und ihren Vertretern im Rat oder in der Heimat. Den Antworten nach zu urteilen, wurde nun überall darum gestritten, welcher Weg der richtige war, und die ersten Verzweifelten, die sich für die Reise nach Norden entschieden hatten, trafen seit dem Morgen in Anvalon ein. Selbst ohne Gepäck erkannte Athanor sie daran, dass sie bei Orkzahns und seinem Anblick erschraken. Nur Akkamas sorgte eher für erstaunte Mienen, weil sie ihn für einen Sohn Ardas mit ungewöhnlich dunklem Haar hielten.

      Um die Ratshalle standen Zuschauer und Räte zu den üblichen Nachgesprächen in kleinen Gruppen herum, in denen sie weiterstritten oder versöhnliche Töne anschlugen. Man verabredete sich zu nächtlichen Verhandlungen, die in kleinem Kreis Fortschritte zwischen erbitterten Gegnern versprachen, und wählte Vermittler aus, denen beide Seiten Vertrauen schenkten.

      »Kannst du Peredin irgendwo sehen?«, erkundigte sich Athanor bei Orkzahn, der den besten Überblick besaß.

      Wie immer nutzten die Befürworter des Bleibens das Auftauchen des Trolls, um ihn als bestes Beispiel für die Gefahren außerhalb der Elfenlande aufzugreifen. Athanor zollte Orkzahn großen Respekt, weil er die deutenden Finger und die laut geäußerten Beleidigungen ignorierte. »Der Erhabene steht beim Tor und spricht mit einer Kriegerin mit roten Haaren.«

      »Dann warten wir, bis er nach Hause geht«, beschloss Athanor. Auch er neigte dazu, den Abkömmlingen Piriths zu misstrauen. Schließlich war auch Davaron einer von ihnen gewesen. Doch Peredin sah es anders, und er musste sich mit jenen Töchtern und Söhnen Piriths verbünden, die sich für seinen Vorschlag aufgeschlossen zeigten. In jedem Volk gab es Gegner und Befürworter, auch wenn die Anteile ungleich verteilt waren. Die meisten Widersacher hatte der Erhabene bei den Abkömmlingen Ameas, und Athanor merkte, wie Peredins Zuversicht, sie überzeugen zu können, mit jedem Tag schwand.

      Neben ihm setzte Akkamas ein Lächeln auf, das Frauenherzen vermutlich zum Schmelzen brachte. Athanor bezweifelte jedoch, dass es bei Mahalea wirkte, die mit harschem Blick auf sie zukam. »Ich habe Neuigkeiten für Euch«, eröffnete sie Athanor, ohne Akkamas auch nur anzusehen. Ihre Miene unterstrich, dass sie es keineswegs für eine gute Nachricht hielt. »Meine Späher haben an der Küste ein Menschenschiff entdeckt. Der Schiffsführer nennt sich Markas und hat keinen Widerstand geleistet, als er sämtliche Waffen aushändigen sollte.«

      »Wenn ihr ihm sagt, dass ihr ihn zu mir bringt, wird er Euch keine Schwierigkeiten machen«, versicherte Athanor. »Er ist Kaufmann, kein Krieger.«

      »Das will ich hoffen«, erwiderte die Kommandantin. »Wir haben genug Ärger mit diesen aufgebrachten Abkömmlingen Ameas, an denen wir das Schiff vorbeibringen müssen.«

      »Wir könnten hinfliegen und selbst für Geleitschutz sorgen«, bot Akkamas an.

      »Nichts da!«, schnappte sie. »Glaubt Ihr, ich lasse zu, dass ein Drache Elfenblut vergießt, um ein paar Menschen zu retten?«

      »Vielleicht wäre mein Anblick allein schon abschreckend genug.«

      »Er wäre eher eine noch größere Provokation. Ich werde dieses Risiko nicht eingehen, und wenn Ihr dieser Anweisung zuwiderhandelt, habt Ihr auch die Grenzwache zum Feind, verstanden?«

      Schon ihr Tonfall reizte Athanor dazu, das Gegenteil zu tun, doch er musste jetzt kühlen Kopf bewahren. Seit dem Vorfall mit dem Ewigen Licht waren die Elfen feindseliger denn je. »Wir werden nichts dergleichen unternehmen«, versprach er. »Ich vertraue darauf, dass Ihr Wort haltet und meine Leute sicher nach Anvalon bringt.«

      Die Kommandantin nickte nur. Akkamas warf ihm einen fragenden Blick zu, und Orkzahn sah gewohnt finster auf Mahalea hinab, aber für den Moment musste ihnen genügen, dass ein drittes Schiff über den Ozean gelangt war. Athanor hatte schon nicht mehr daran zu glauben gewagt.

      »Selbst für Euch dürfte weniger erfreulich sein, dass die Posten an der Ostgrenze vermehrt Trollbegegnungen verzeichnen«, berichtete Mahalea. »Untote waren bislang nicht dabei, aber das wirft ein umso schlechteres Licht auf Euren Freund hier«, fügte sie mit einem Blick auf Orkzahn hinzu. »Wenn es zu Übergriffen kommt, werde nicht nur ich unterstellen, dass er ein Kundschafter ist.« Abrupt wandte sie sich ab, um zu gehen.

      »Wartet!«, rief Athanor und eilte an ihre Seite. Rasch dämpfte er seine Stimme, damit Orkzahn ihn nicht hörte, während er mit Mahalea davonging. »Wenn Ihr von Trollbegegnungen sprecht, heißt das, dass die Grenzwache diese Trolle tötet?«

      »Nur wenn es sich nicht vermeiden lässt. Sie werden zunächst aufgefordert, umzukehren und sich von den Elfenlanden fernzuhalten. Die meisten scheinen das zu befolgen und nach Norden zu gehen. Ich muss Euch nicht erklären, warum mir das kaum besser gefällt.«

      »Das verstehe ich natürlich, aber wohin sollen sie sonst gehen, wenn sie von Untoten vertrieben werden?«

      »Was wollt Ihr, Athanor? Sollen wir jetzt auch noch heimatlose Trolle aufnehmen? Überspannt diesen Bogen besser nicht!«

      »Das liegt mir fern«, behauptete er. »Ich will nur, dass die Grenzwache jeden Troll befragt, ob er ein Schamane ist oder weiß, wo wir einen finden können.«

      Mahalea bedachte ihn mit einem beinahe mitfühlenden Blick. »Ich verstehe, worauf Ihr hinauswollt, und werde diesen Befehl gern erteilen, aber Ihr solltet Euch keine Hoffnungen machen. Die Grenzwache hat die Trollschamanen


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