Athanor 4: Die letzte Schlacht. David Falk

Athanor 4: Die letzte Schlacht - David  Falk


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machen mussten.«

      »So ist es«, bestätigte Edege freimütig. »Es war ein gutes Land für uns. Vor allem für jene, die vor einigen Monden ihre Männer verloren.«

      »Und für den Verlust dieser Vorteile, die nur uns zu verdanken waren, wollt ihr jetzt auch noch entschädigt werden, indem ihr einen Preis für eure Hilfe verlangt?«, fuhr Vethana auf.

      »Das ist ein bemerkenswertes Verständnis von Gerechtigkeit«, meinte Akkamas schmunzelnd.

      »Aus der Verbundenheit langer guter Nachbarschaft heraus bin ich dennoch gewillt, mir Eure Forderungen anzuhören«, sagte Peredin. »Aber ich rate Euch, nicht unverschämt zu sein, denn angesichts unserer schwierigen Lage ist meine Gutmütigkeit begrenzt.«

      Die alte Faunin bebte vor unterdrücktem Zorn, dass ihr Kinnbart zitterte. »Wir Faune haben das Ewige Licht nicht erlöschen lassen, aber Elfen sollen den Tod unserer Männer beim Heiligen Hain verschuldet haben.«

      »Das ist wahr«, sagte Orkzahn in die betroffene Stille. »Sie haben auch viele Trolle das Leben gekostet.«

      Athanor musterte Omeon, doch dessen Miene ließ nicht erkennen, ob das Gespräch den Verlauf nahm, den er sich vorgestellt hatte. Mit dieser Konfrontation war niemandem gedient. »Ich kann beide Vorwürfe aus eigener Anschauung bestätigen. Auch wenn keinen der hier Anwesenden eine Schuld an jenen Ereignissen trifft, so sind sie doch geschehen. Angesichts der Bedrohung, der wir uns alle gegenübersehen, sollten wir uns daher versöhnlich zeigen und uns die Hände reichen.«

      »Wohl gesprochen«, lobte Akkamas. »So wie Athanor und ich ein Bündnis geschlossen haben, obwohl Angehörige meines Volks das seine nahezu vernichtet haben, so sollten auch Elfen, Faune und Trolle nun aufeinander zugehen, um Schlimmeres zu verhindern.«

      »Wir brauchen keine Ratschläge von Drachen und ihren Freunden!«, schnappte Vethana. »Dass Drachen und Menschen gleichermaßen heimtückisch sind, mag euch verbinden, aber uns verbindet nichts mit Trollen und Faunen!«

      »Ich bin stolz darauf, dass ich nichts mit einem zauberischen Elf gemeinsam habe«, knurrte Orkzahn.

      Auch Athanor hatte die unerschöpfliche Arroganz der Elfen satt. »Wer sagt eigentlich, dass wir sie brauchen?«, fragte er an seine Freunde und die Faunin gerichtet. »Rufen wir alle wohlgesinnten Drachen und Trolle zusammen und verschanzen uns in einer theroischen Festung!« Er hatte zwar keine Ahnung, wie viele diesem Aufruf folgen würden, doch alles war besser, als die Elfen anzubetteln.

      »Ich bin dabei!«, rief Orkzahn.

      »Ich habe geschworen, dich und die deinen zu beschützen, und dabei bleibt es«, erklärte Akkamas.

      »Gemach, Athanor«, bat Peredin. »Vethana spricht nicht für alle Völker der Elfen, sondern nur für sich.«

      »Obwohl zweifellos viele denken wie sie«, warf Mahalea ein.

      »Ihr zum Beispiel«, folgerte Athanor spöttisch.

      »Ich war immer auf die Sicherheit meines Volkes bedacht, und das steht für mich auch weiterhin an erster Stelle. Deshalb halte ich es für unklug, wenn wir uns ausgerechnet jetzt weitere Feinde machen, anstatt die Vorteile eines Bündnisses zur Kenntnis zu nehmen.«

      Peredin nickte. »Auch ich halte ein Bündnis für weise. Und ich erkenne an, dass auch den Faunen großes Unheil und Schaden aus Kavaraths Verrat entstanden sind. Wir hatten deshalb zugestimmt, die Flüchtlinge aus Theroia aufzunehmen. Was fordert Ihr nun darüber hinaus?«, wandte er sich an Edege.

      »Wir haben gehört, dass ihr fortziehen und ein anderes Heiligtum des Seins aufsuchen wollt. Wenn das wahr ist, erwarten uns hier bald nicht nur Eis und Schnee, sondern auch alle Gefahren, vor denen uns eure Wächter bislang bewahrt haben. Wir fordern deshalb, euch begleiten zu dürfen.«

      »Mehr nicht?«, staunte Vethana.

      Angesichts der Tatsache, wie viele Gegenstände spurlos verschwanden, wenn man sich zu eng mit Faunen umgab, schätzte Athanor den Preis nicht ganz so gering ein.

      »Das können wir euch kaum verweigern«, gestand der Erhabene. »Ihr seid ein freies Volk und könnt die Elfenlande verlassen, wann immer es euch gefällt.«

      »Es geht um mehr.« Omeon hatte so lange geschwiegen, dass Athanor ihn beinahe vergessen hatte.

      »Wenn wir euch begleiten, erwarten wir, unter eurem Schutz zu stehen«, eröffnete ihnen Edege. »Omeon hat uns berichtet, dass die Trollschamanen von Ghulen getötet wurden. Auch einige unserer Schamanen hat dieses Schicksal ereilt. Wir sind bereit, mit euch gegen die Gefahr aus der Geisterwelt zu kämpfen, aber gegen die Ghule können wir nichts tun. Ihr müsst uns vor ihnen beschützen.«

      Athanor stand auf. »Ganz gleich, wie sich die Elfen entscheiden mögen: Meine Klinge habt ihr!«

      * * *

      Um weiteren Toten und Untoten vorzubeugen, verbrannten die Grenzwächter Emmos’ Leiche.

      »Nein, das will er nicht!«, schrie Rhea, und seine Witwe schrie noch lauter. Gemeinsam mussten Djefer und Otreus die tobende Schwangere festhalten, damit sie sich nicht in die Flammen stürzte. Obwohl sie selbst mit den Tränen rangen, sprachen Nemera und Sirkit beruhigend auf sie ein, beschworen sie, an das ungeborene Kind zu denken, während Laurion Rhea davontrug, um ihr den Anblick des brennenden Leichnams zu ersparen.

      Haben wir nicht schon genug Schrecken mit angesehen? Wird das nie ein Ende haben? Die Grenzwächter mochten Ameathar wieder gefesselt haben und von ihnen fernhalten, doch es war offensichtlich, dass sie vermeiden wollten, Elfenblut zu vergießen, auch wenn der Preis dafür Menschenblut war. Den Rest des Tages und die ganze Nacht hindurch glaubte Laurion, die Blicke des Mörders zu spüren. Seine Hoffnung, dass alles gut werden würde, sobald sie dieses Anvalon erreichten, versickerte wie verschüttetes Wasser im Wüstensand. Durch Ameathar brachten sie ihr eigenes Verderben mit sich. Es war sein erklärtes Ziel, ihretwegen Hass und Streit im Hohen Rat zu säen, und Laurion sah keinen Weg, um es zu verhindern. Wenn sie Ameathar töteten, würde es die Elfen erst recht gegen sie aufbringen.

      Im Morgengrauen brachen sie wieder auf. Müde schleppte sich Laurion weiter. Aus Furcht vor Ameathar hatte er keinen Schlaf gefunden, stattdessen Rhea in seinen Armen geborgen und dem verzweifelten Schluchzen der Witwe gelauscht. Nun zogen sie wieder durch diesen endlosen Wald, über dem derselbe dunstige Himmel hing. Längst hatte Laurion die Orientierung verloren. Bäume, Bäume, Bäume, und in den Lücken ihrer Kronen nur Grau. Im Halbschlaf schlurfte er durch den tristen Morgen und wähnte sich auf ewig in diesen Wäldern gefangen, verfolgt von Ameathar, der wie ein Schatten an seinen Fersen klebte und doch nie nah genug für einen Dolch in den Rücken war.

      Die Erinnerung an den Schmerz schreckte ihn auf. In seinem Tagtraum hatten sich Vergangenheit und Gegenwart vermischt, doch wenn er von seinen wunden Füßen absah, war er unverletzt, und Ameathar ritt mit der Anführerin voran, damit ihn alle im Auge behalten konnten. Rhea saß vor einem der Grenzwächter auf dem Pferd. Djefer trug Sirkits Sohn auf den Schultern. Konnte es nicht einfach bei diesem friedlichen Bild bleiben?

      Laurion fiel auf, dass das Gelände allmählich anstieg. Zwischen den Bäumen kamen überraschend nahe Berge in Sicht, und der Weg wurde immer steiler. Verblüfft stellte er fest, dass sie zum ersten Mal einem erkennbaren Pfad folgten. Wann waren sie auf diesen Weg gestoßen? Bald ging es so hoch hinauf, dass er ins Schwitzen geriet.

      »Das müssen Anvalas Zinnen sein«, vermutete Maraya. »Sie umgeben Anvalon wie schützende Mauern.«

      »Dann wart Ihr auch noch nie hier?«, fragte Laurion.

      Maraya lächelte und war nicht annähernd so außer Atem wie er. Statt Schweiß perlte Wasser aus dem Trinkschlauch auf ihrem Gesicht. »Ja. Ich gestehe, dass es ein Grund mehr für mich war, Euch zu begleiten. Schon lange wollte ich diesen Ort sehen, an dem unsere Geschicke entschieden werden. Jetzt ist er wichtiger denn je.« Das Lächeln wich der sorgenvollen Miene, die die Elfen stets bekamen, wenn sie sich an das Ende des Ewigen Lichts erinnerten. »Warst du schon in Anvalon?«, fragte sie Mahanael.

      Der Sohn Thalas schüttelte


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